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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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natürlich, aber es gibt auch Arbeit.«
    Niemand war zu Hause. Sie gingen an Gideons Haus vorbei und sahen die Ziege, die außerhalb der Reichweite des Gemüsebeets angepflockt war, passierten die Haifischbar und das Haimobil, das, mit Netzen und Planen bedeckt, oberhalb der Wassergrenze stand. Das Schlauchboot war an einem Baum festgemacht, und am Ufer der Lagune stand Gideon. Ein schnittiges Segelboot lag dort vor Anker.
    »Wem gehört das Boot? Wir fahren doch nicht damit hinaus, oder? Es sieht so … zerbrechlich aus«, sagte Jennifer.
    »Das ist eine wunderhübsche kleine Schaluppe. Sehr leicht, sehr wendig. Ohne Motor zu segeln ist ein ganz besonderes Erlebnis«, erklärte Isobel. »Sie hat sehr geringen Tiefgang, also können wir übers Riff segeln.«
    »O nein. Ist das die Überraschung? Segelunterricht?«
    Gideon drehte sich um, sah sie und salutierte.
    Isobel ergriff Jennifers Hand. »Wir haben darüber gesprochen, dass sich unsere Wege kreuzen, aus welchem Grund auch immer. Ich glaube, du fühlst genauso wie ich. Etwas verbindet uns, nicht wahr?« Jennifer nickte, ohne den Blick von dem weißen Boot zu lösen, das zart wie ein Schmetterling wirkte, wie es da leicht auf dem blauen Wasser schaukelte. »Wenn ich dich also bitte, mir zu vertrauen, bist du bereit dazu? Es gibt einen Grund dafür, dass du diesen Schritt mit mir gehen sollst.«
    Jennifer sagte nichts. Was aussah wie ein beiläufiges unbeschwertes Ereignis, hatte, wie sie wusste, eine größere Bedeutung.
    »Bist du bereit?«, wiederholte Isobel. »Zu tun, worum ich dich bitte, mir zu vertrauen und Vorbehalte oder Zweifel abzuschütteln?«
    »Wie du das sagst, klingt es so … beängstigend.« Jennifers Stimme war nur ein Flüstern.
    Gideon kam auf sie zu. »Guten Morgen, Jennifer. Bist du bereit?« Sein Lächeln war sanft, sein Blick zärtlich.
    »Wozu?« Jennifer versuchte zu lachen. Isobel hatte ihre Hand nicht losgelassen.
    »Isobel soll es dir zeigen. Wir sind nur zu dritt, und der Morgen ist ideal.«
    Sie gingen ans Wasser hinunter, und Gideon, in alten Khaki-Shorts, watete hinein und hielt das Boot, während Jennifer und Isobel folgten. Ein Rettungsring hing an der Seite, und an ihm zog Gideon sich aus dem Wasser. Der Sand war kalt unter Jennifers Füßen. Der Boden fühlte sich an wie geriffelte Pappe, weich, mit starren Wellen, hervorgerufen durch die Bewegungen von Gezeiten und Wogen. Das Wasser reichte Jennifer bis zur Taille, und Isobel neigte sich vor und schwamm einarmig zum Boot, immer noch Jennifers Hand in der ihren, während diese langsam watete.
    Gideon lehnte sich über die Seite des Boots. »Stell deinen Fuß in den Ring, benutze ihn als Treppe.« Er ergriff ihre Hand, und Isobel legte Jennifers Hand auf den Schiffsrumpf und half ihr, sich ins Boot zu schwingen.
    Jennifer zitterte. Auf dem Boot war wenig Platz, und sie hockte sich nach vorn. Gideon und Isobel ließen sich ihr gegenüber nieder, die Füße zu beiden Seiten Jennifers, die ihre Knie umschlang. Gideon löste eine Leine, und das Segel schien einzuatmen, blähte sich mit einem mächtigen Schlag, und das Boot glitt vorwärts. Jennifer schloss ganz fest die Augen. Niemand sprach, und Jennifer stützte sich ab, spürte, wie das Boot krängte, und hatte Angst, es könnte kentern. Doch die Vorwärtsbewegung, die vollen Segel, das Wasserrauschen, das Gefühl der Geschwindigkeit zwangen sie, die Augen zu öffnen.
    »Woher kommt plötzlich der Wind?«, rief sie. Das Wasser war nur leicht gekräuselt, das Boot berührte kaum die Oberfläche, während es über die Lagune zum offenen Meer hinausglitt.
    »Du kannst den Wind nicht sehen, aber er ist da. Wie so viele Dinge im Leben.« Gideon lächelte.
    »Setz dich hierher zu mir«, sagte Isobel. »Achte darauf, dass du dich rechtzeitig unter den Mastbaum duckst, wenn wir halsen.«
    Gideon wechselte mehrere Mal die Richtung, und allmählich entspannte Jennifer sich in dem engen Boot. Einmal blickte sie zur Mastspitze auf, doch hauptsächlich konzentrierte sie sich auf das, was in der Nähe war: auf ihre Füße, Isobels Hand, die ein Seil hielt, eine glänzende Metallklemme, das Wasser, das am Schiffsrumpf aufspritzte. Sie sah sich nicht um, blickte nicht zum Horizont, sondern versuchte, in der Gegenwart zu bleiben und zu akzeptieren, dass sie über das Meer glitt, umgeben von blauem Wasser, endlose Tiefe unter ihr. Isobel berührte Gideons Arm, und er wendete das Boot, so dass das Segel luvte und das Boot die Fahrt

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