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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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zweckmäßig, auf dem nackten Boden lagen ein paar Strohmatten, Bambusjalousien schirmten den Balkon vom Schlafplatz ab. Sie streckte sich auf dem Doppelbett aus und stellte fest, dass sie von dort aus in die Bäume sehen konnte. Ihre Tasche stand mitten im Zimmer. Es war eine schmucklose Studentenbude, und das war ihr gerade recht. Sie war nicht hier, um sich ein Nest zu bauen oder Urlaub zu machen. Es war ein Platz zum Schlafen, Ankleiden und Denken.
    Das Abendessen fand in Macs Haus statt. Carmel, Rudi und Lloyd bereiteten Pasta zu. Isobel, Gideon, Mac und Tony saßen mit Jennifer im Wohnzimmer am Esstisch. Es wurde lebhaft geplaudert, gescherzt, diskutiert und debattiert.
    Jennifer gesellte sich zu Rudi, der den Salat zubereitete. »Kann ich helfen?«
    »Bring das System nicht durcheinander. Wir haben einen festen Plan. Du kommst auch mit Saubermachen oder Küchendienst an die Reihe. Und? Hast du dich schon eingerichtet?«
    »Ich habe das Bett noch nicht bezogen und auch meine Sachen nicht eingeräumt. Aber die Wohnung gefällt mir gut. Ich bin wohl dazu geboren, eine arme Studentin zu sein. Ich fühle mich dort wirklich wohl. Glücklich.«
    Er lächelte sie an. »Das ist schön. Du brauchst einen klaren Kopf, um denken, schreiben und studieren zu können. Mach dir keine Gedanken wegen persönlicher Probleme. Die lösen sich irgendwann von selbst. Du hast Mac und Gideon und Isobel in deiner Mannschaft. Da kann dir nichts passieren.«
    »Und dich, Rudi. Du bist mir ein lieber Nachbar.«
    Er reichte ihr eine Avocadoscheibe. »Schön. Schau morgen mal im Labor rein. Ich bin ein paar interessanten Ergebnissen auf der Spur.«
    Sie blieb noch lange auf und bemerkte nicht, dass Tony ging. Sie und Isobel gingen barfuß zu ihren Unterkünften. In einigen Studentenzimmern brannte noch Licht, aus einem drang gedämpfte Musik.
    Vor ihrer Unterkunft blieben sie stehen. Isobels lag gegenüber, bei Tony war alles dunkel. Isobel knipste die Taschenlampe aus. Der Mond schien bleich durch die Wolken. Sturmtaucher klagten in der Ferne.
    »Klopf bei mir an, sobald du aufgewacht bist. Dann machen wir einen Strandspaziergang, ja?«
    »Okay. Schön.« Jennifer gähnte. »Es war ein wunderbarer Abend. Ich weiß ja, wir alle müssen irgendwann zurück zu unseren Familien und in unser Leben, aber es ist so schön hier. Ich fühle mich so … frei.«
    Isobel antwortete ruhig: »Es ist die geistige und emotionale Freiheit. Behalte sie in dir und mache aus deinem Leben, was du willst. Schlaf gut. Morgen fängt die Arbeit an.«
    Jennifer bemühte sich, leise die Treppe hinaufzusteigen, um Tony nicht zu wecken, doch in der noch fremden Umgebung stolperte sie, fluchte und taumelte ins Zimmer. Mit einem Blick auf das nicht bezogene Bett zog sie sich aus, wickelte sich in ein Laken, schaltete den Deckenventilator ein und ließ sich aufs Bett fallen. Bevor sie einschlief, dachte sie noch, dass dies wohl kaum das Leben war, das ihrem Kind als Beispiel dienen sollte. Doch dann kamen ihr Isobels Worte über geistige Freiheit wieder in den Sinn. Jennifer schlief fest und ruhig.

[home]
    Kapitel fünfzehn
    Unter dem Wasserspiegel
    D as Morgenlicht drang durch die Bäume, als Jennifer sich in dem fremden Bett auf die Seite wälzte. Sie liebte es, im Hellen aufzuwachen. Blair bestand darauf, im abgedunkelten Zimmer zu schlafen. Sie reckte sich und bemerkte, dass sie nackt in dem harten schmalen Bett lag, über das nur ein Laken geworfen war. Dann erinnerte sie sich daran, dass sie sehr spät schlafen gegangen war. Sie hoffte, nicht zu viel Lärm gemacht zu haben, als sie im Dunkeln die Treppe hinaufstolperte.
    Jennifer wickelte sich in das Laken und trat vorsichtig auf den kleinen Holzbalkon hinaus. Isobel hatte gesagt, Jennifer solle sich früh bei ihr melden, aber sicher nicht
so
früh. Jennifer blickte zu Isobels Häuschen hinüber, um zu sehen, ob sich dort etwas regte.
    »Guten Morgen, schöne Frau, hast du gut geschlafen?«, rief eine leise, belustigte Stimme.
    Jennifer sah nach unten und entdeckte Tony auf dem Weg. »Du bist ja früh auf den Beinen. Hast du schon einen Spaziergang gemacht?«
    »Ja. Ich mag diese Tageszeit. Wenn ich die ersten Fußstapfen des neuen Tages hinterlasse. Hast du dich da oben bereits eingerichtet?«
    »Ich hoffe, ich habe dich gestern Nacht nicht geweckt.« Sie blickte an ihrem Laken, das sie nachschleppte, hinunter. »Und, nein, ich bin noch nicht eingerichtet. Habe nicht einmal das Bett bezogen oder ausgepackt. Ich

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