Die Korallentaucherin
betrübt den Kopf, dann straffte sie die Schultern. »Tja, dann sind wir zwei wohl wieder allein, Jennifer. Wie früher. Also war es doch gut, dass ich hierhergezogen bin, nicht wahr?« Es klang recht munter, und Christina nahm nicht wahr, wie Jennifer die Schultern hängen ließ und in ihrem Sitz in sich zusammenfiel.
[home]
Kapitel neunzehn
Ebbe
D ie Wochen vergingen. Ein Tag nach dem anderen brach an, wurde ausgefüllt mit Arbeit, dann ging die Sonne unter, und Jennifer ruhte sich aus. Es war eine rhythmisch methodologische, ruhige Abfolge von Minuten, Stunden, Tagen. Jennifer hatte ihren Tagesplan, und der erwies sich als produktiv. Der Stapel Papiere und das Forschungsmaterial, das Mac ihr zusandte, wurde kleiner. Sie schrieb und überarbeitete. Und wenn sie das Gefühl hatte, dass ihr Stil trocken und akademisch wurde und ihre Arbeit zu viel Statistik enthielt, wandte sie sich Tonys Buch zu, wie sie es nannte, obwohl es für Mac und dessen Universität geschrieben wurde.
Bei Sonnenaufgang ging sie am Strand spazieren, machte ihre Dehnübungen, bereitete sich ein Frühstück zu und setzte sich dann an den Schreibtisch. Sie schrieb und beantwortete E-Mails von Mac, Tony, Isobel und Trisha, ihre Freundin aus Sydney, bevor sie sich an die Arbeit machte. Am Spätvormittag wanderte sie durch den Pisonienwald zur Ferienanlage, um mit Rosie Kaffee zu trinken. Einmal sah sie Blair den frisch gefegten und geharkten Sandplatz vor der Rezeption überqueren. Er war in Eile, hatte sich eine Mappe unter den Arm geklemmt und trug lange weiße Hosen, das türkis-weiße Hemd der Ferienanlage und eine Sonnenbrille. Gordon, der englische Mitarbeiter, schloss sich ihm an; sie plauderten eine Weile und gingen dann, in ein ernstes Gespräch vertieft, weiter.
Sie betrachtete Blair wie jemanden, den sie einmal vor langer Zeit gekannt hatte. Er war ihr vertraut, sie wusste, wie sein Körper unter den Kleidern aussah, kannte den Klang seiner Stimme, seinen Gang, und doch blieb sie merkwürdig gefühllos. Ihre Hände fuhren an ihren straff gewölbten Leib, und sie hoffte, ihr Kind würde den Vater kennen und lieben und nicht diese Entfremdung erleben. Wie sehr hatte sie selbst sich einen Vater gewünscht! Jennifer schwor sich, hart daran zu arbeiten, dass Blair den Kontakt zu seinem Kind pflegte, auch wenn sie ihn nicht mehr liebte. Sie ging weiter, in dem Wissen, dass in diesen Augenblicken etwas aus ihrem Leben verschwunden und sie frei für den Neubeginn war.
Anfangs war Blair vor dem Tempo zurückgeschreckt, mit dem sie ihm Anwaltsdokumente zur Einleitung der Scheidung und der finanziellen Regelung vorlegte. Isobel war dem Anwalt gegenüber, den sie in Headland aufgesucht hatten, fest, mit einer liebenswürdigen Beharrlichkeit aufgetreten. Christina war der Meinung, »diese Frau« dränge Jennifer zu übereilten Entschlüssen, konnte aber keine plausiblen Gründe für einen Aufschub anführen und hatte deshalb widerstrebend zugegeben, dass Jennifer den Umständen entsprechend das einzig Richtige tat. Die drei hatten sich getroffen, um die Papiere noch einmal durchzusehen, und Christina hatte mit verkniffenem Mund und missbilligendem Blick dabeigesessen. Jennifer bemerkte, wie sie Isobel eingehend musterte, wie eine Frau, die sich mit einer Rivalin konfrontiert sah. Und sie verstand, dass ihre Mutter ihrer leidenschaftlichen, heißblütigen, aber klar denkenden brasilianischen Freundin niemals die Hand reichen würde.
Es hatte sie überrascht, dass Blair nach anfänglichem Aufbegehren ihren Forderungen nachgab. Er erklärte sich einverstanden, die Zukunft ihres Kindes abzusichern und Jennifer finanziell zu unterstützen. Isobel war der Meinung, dass Jennifer mehr Unterhalt für ihre eigene Zukunft zustünde, doch Jennifer wollte nicht, dass Blair alles verlor, wofür er sich angestrengt hatte. Er hatte das Haus in die Ehe gebracht und sollte es auch behalten. Trotzdem erklärte er zu ihrer Überraschung, er würde es verkaufen und den Erlös mit ihr teilen. Sie vermutete, dass Blair andere Pläne verfolgte, wenngleich er nie mehr erwähnte, dass er reich zu werden hoffte dank des großen Geschäfts, das seine Schleimer-Freunde Holding und Fanzio mit Reef Resorts zu machen gedachten. Wahrscheinlich, damit er seine künftigen Gewinne nicht mit ihr teilen musste.
Jennifer klopfte an Rosies Tür. »Lust auf eine Pause?«
»Da fragst du noch? Was für ein Chaos. Nichts wie raus hier. Vergiss den Kaffee im Restaurant, sieh mal
Weitere Kostenlose Bücher