Die Korallentaucherin
liegen auf dem Meeresboden«, sagte Jennifer und lachte.
Gegen Mittag war es heiß, und die sandigen Wege waren blendend weiß. Mac und die Korallenforscher Sandy und Mick untersuchten konzentriert zwei der Tanks vor dem Labor.
»Hi, Jennifer, hast du eine Minute Zeit? Komm, sieh dir das an«, rief Mac.
»Ich vertrete mir nur die Beine, hab zu lange vor dem Laptop gesessen. Was gibt’s?« Sie konnte in den Tanks nichts Besonderes entdecken.
»Die Korallen haben fleißig Geschlechtszellen produziert, also werden sie bald laichen. Das ist ein Phänomen, erstaunlich! Tony und du, ihr solltet es euch nicht entgehen lassen.«
»Ihre einzige große Nacht im Jahr, auf die Minute genau, wie? Welche Bedingungen lösen das bei den Polypen aus?«, wollte Jennifer wissen.
»Es wird ausgelöst, wenn die richtigen Voraussetzungen hinsichtlich Dunkelheit, Wassertemperatur, Mond und Gezeiten nach dem Vollmond zusammentreffen. Ich schätze, in zwei Nächten ist es so weit.«
Zwar war das Ablaichen der Korallen für die Korallenforscher immer ein bedeutendes Ereignis, aber auch alle anderen in der Station waren gespannt, wie groß die Laichmenge sein würde. Nach dem Abendessen versammelten sie sich, um die Außentanks zu beobachten, während Sandy und Mick die von der Flut völlig überspülten Riffbänke überwachten. Mac reichte Taschenlampen herum, die mit rotem Zellophan umwickelt waren, damit sich die Korallen nicht vom hellen Licht gestört fühlten. Tony hielt seine Kamera bereit, und mehrere Leute nahmen die Szene auf Videofilm auf, als die Interessierten sich über die Tanks beugten und den Strahl ihrer Taschenlampen aufs Wasser richteten. Isobel und Gideon hatten ein Kamerateam ins Haimobil eingeladen, um das Ablaichen an seinem ursprünglichen Ort am äußeren Riff zu filmen.
Es war schon etwa dreiundzwanzig Uhr, als Mac ein Zeichen gab. »Seht mal, hier geht es los.«
Alle drängten herbei, und zu Anfang sah Jennifer gar nichts.
»Hier, schau durch den Sucher der Kamera auf die Stelle, die Mac mit der Taschenlampe anstrahlt«, sagte Tony.
Sie sah, wie sich aus einem der lebenden Polypen ein winziges roséfarbenes Bündel Eier und Sperma löste, rasch gefolgt von weiteren, die in stetigem Strom der Wasseroberfläche zuströmten.
»Es sieht aus wie rosa Kaviar«, rief Jennifer und reichte Tony die Kamera.
»Hier drüben, seht euch das an«, rief Kirsty. Ein pinkfarbener Schneesturm tobte in dem großen Tank.
»Erstaunlich. Man stelle sich das millionenfach oder noch mehr vervielfacht draußen am Riff vor«, sagte Tony.
»Noch erstaunlicher ist, darin zu tauchen«, sagte Mac. »Hoffen wir, dass sich die Larven entwickeln. Morgen am späten Vormittag werden wir wissen, wie es klappt.«
Tony und Jennifer gingen hinunter ans Meer, doch trotz des hellen Mondlichts konnten sie nicht viel erkennen, bis sie mit ihren Taschenlampen die Gezeitentümpel ausleuchteten und den rosa Schaum an der Oberfläche sahen. Weiter draußen hüpften Sandys und Micks gedämpfte rote Lichter im Schlauchboot.
»Möchte wetten, du hast dir nie träumen lassen, so etwas zu erleben«, sagte Tony.
»Nie. Ich finde dieses Riff insgesamt einfach faszinierend«, antwortete Jennifer.
Am nächsten Morgen klopfte Tony an ihre Tür. »Hey, lass uns einen Spaziergang machen und das Meer betrachten. Ich möchte fotografieren.«
Sie gingen den Strand entlang und wateten durchs seichte Wasser, um den staubig rosafarbenen Schlick, der sich wolkengleich über den Ozean breitete, aus der Nähe betrachten zu können.
»Synchronisierter Sex in Suppe«, sagte Tony. »Wollen wir hoffen, dass all diese Baby-Korallenlarven damit beginnen, ein neues Riff zu bauen. Die Fische fressen sich vermutlich voll. Lassen sich die Korallen eigentlich aufeinander nieder oder auf einem schon bestehenden Stückchen Riff?«
»Die Korallenskelette und Algen – der Mörtel des Riffs – sind, wie Mac sagt, der Schüssel für den Zusammenhalt all der Kalksteinformationen«, erklärte Jennifer.
»Angeblich kann man das Great Barrier Reef vom Weltall aus sehen«, bemerkte Tony. »Und all das dank winziger Korallenpolypen, nur wenige Millimeter lang.«
»Ich möchte gern nächstes Jahr wiederkommen und es noch einmal erleben«, sagte Jennifer.
»Vielleicht könnten wir dann nachts mit ihnen tauchen.«
»Vielleicht«, sagte Jennifer. Sie bezweifelte, dass sie das je wagen würde, aber Tonys Vorschlag freute sie trotzdem.
Die meisten Studenten waren
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