Die Korallentaucherin
schrecklich.«
»Rosie kniet sich ordentlich rein, was Lloyds und Carmels Hochzeit angeht. Ihre gesamte Familie kommt. Wir werden überrollt von Südamerikanern!«
»Tony hat sich erboten zu fotografieren. Er wird gut zu tun haben. Hast du die hinreißenden Fotos gesehen, die er von Bella geschossen hat?«
»Ja. Der Mann hat ein gutes Auge, keine Frage«, sagte Mac.
Gideon gesellte sich zu ihnen und verteilte die Kaffeebecher. »Auch für Boote. Wir haben endlich eines gefunden, das ihm zusagt. Einen kleinen Schoner mit romantischer Südsee-Vergangenheit. Zum Fest segelt er ihn hierher.«
»Das hast du also getrieben. Ich habe mich schon gefragt, wo du gesteckt haben könntest.« Jennifer lächelte. »Wie aufregend. Lloyds Boot hat ihm gefehlt.«
»Tja, Lloyd und Carmel benötigen seine Jacht für ihre Flitterwochen. Wohin sie segeln, verraten sie nicht.«
»Und werden wir bei all diesen festlichen Anlässen auch Gelegenheit haben, auf unsere frischgebackene Doktorandin anzustoßen?« Gideon hob seinen Becher. »Auf dein Wohl, Jennifer.«
Sie stießen mit ihren Bechern an und betrachteten Bella, die zu ihren Füßen auf einer Decke lag und zufrieden an ihren sandigen Fingern lutschte. »Und auf das von Baby Bella.«
Die letzten Blumen, die aufs Wasser gestreut worden waren, als die Flitterwöchner davonsegelten, trieben anderen Ufern zu oder hatten sich unter Wasser in Seetag oder an Korallen verfangen. Die Hochzeitsgäste waren abgereist. Familien waren zusammengetroffen und dann wieder getrennte Wege gegangen. Blair hatte seine hinreißende Tochter bestaunt und war wieder in die Schweiz gereist. Jennifer war einverstanden, ihn dort mit Bella zu besuchen.
Christina hatte die Insel nie besucht, doch nachdem Vi und Don nach Sydney zurückgekehrt waren, plante sie Reisen »in den Süden«. Noch immer mochte sie sich nicht lange von ihrer geliebten Enkelin trennen. Touristen fügten sich in den gemächlichen Rhythmus von Branch Island ein. Die Vögel und Schildkröten setzten den ewigen Kreislauf ihres Lebens an diesem besonderen Teil des Riffs fort.
Mac hatte neue Studenten in seinem Häuschen versammelt, wo Isobel einen leidenschaftlichen Vortrag über ihre Arbeit hielt. Sie hörten wie gebannt zu, ohne das Baby zu beachten, dass auf einer Decke am Boden spielte.
Tony strich mit den Händen über den Bug des alten weißen Schoners. »Die
White Lady
, sie hat Vergangenheit, hat ein farbenfrohes Leben geführt. Es ist eine Ehre für mich, sie zu besitzen.«
»Behandle sie respektvoll, dann schenkt sie dir Jahre der Freude und treuer Dienste«, sagte Gideon. »Ein neuer Anstrich und eine kleine Ausbesserung hier und da sind auch angesagt.«
»Ich überlege, ob ich Jen bitte, aus der Geschichte der
White Lady
ein Buch zu machen. In den Pausen zwischen all ihren übrigen Beschäftigungen!« Tony lachte.
»Als Vorwand für … wie heißt es gleich? … engere Zusammenarbeit?«, fragte Gideon und zog fragend eine Braue hoch.
»Ganz richtig, du weiser Mann. Jen und Bella bedeuten mir sehr viel.«
»Sag ihr das, wenn du glaubst, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist«, riet Gideon ihm. »Du wirst schon wissen, wann es so weit ist.«
»Deine Insel war gut zu uns«, sagte Tony. »Sie hat uns verändert, hat uns allen einen neuen Weg nach vorn gewiesen.«
Gideon dachte nach. »Manchmal braucht man die Zeit, um auf einer Insel sitzen und überlegen zu können, was wichtig ist, wohin das Leben führen soll. Ich habe mich schon vor langer Zeit entschieden.«
Tony ließ den Blick über die blaue Lagune schweifen, über die weiße Gischt der Brecher am Riff hinweg aufs seidige, dunkelblaue Meer. »Es kommt nur darauf an, den Weg übers Riff hinweg in stillere Gewässer zu finden, nicht wahr?«
»Ah!« Der alte Mann seufzte. »Wir brauchen solche Riffe in unserem Leben. Und das ist erst der Anfang von dem, was wir finden werden.«
Tiefer und immer tiefer glitt sie durch das durchscheinende Wasser. Schwärme von neugierigen neonbunten Fischen huschten vor ihrem Gesicht umher. Eine rosagelbe Korallenmauer ragte in grünere Tiefen hinunter. Träge schwamm ein riesiger blauer Lippfisch mit gelben Flecken und wohlwollend lächelndem, geschlossenem Riesenmaul vorüber. Mantarochen tanzten über ihr Ballett. Im unterseeischen Wald fühlte sie sich klein, während sie sich ihren Weg durch fleischige Seetangarme suchte, die sich dem Sonnenlicht entgegenreckten.
In einem Gebiet mit klarem Wasser hatte sie
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