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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Truppe an der Bar im Hotel, und Jennifer erkannte Doughie Wilson, auch Willsy genannt, den Moderator einer Fernsehshow. »Das ist der Typ aus der verrückten Reality Show. Früher war er Sänger, oder?«
    »Er hat’s versucht. Davor war er ein drittklassiger Boxer, und dann ist er ins Fitnessgeschäft eingestiegen. Hat inzwischen eine große Gefolgschaft.«
    »Wenn nichts mehr klappt, werde als TV -Moderator berühmt. Und dann?«, fragte Jennifer trocken und musterte die Begleiter des beliebten Fernsehmannes, der häufig in den Klatschblättern auftauchte.
    »Du kannst es ihm nicht verübeln, dass er das Eisen schmiedet, solange er noch im Rampenlicht steht«, sagte Blair. »Ich hoffe, dass er eine dieser Reise-Shows überredet, etwas über uns zu bringen.«
    »Das hat diese Insel gar nicht nötig«, sagte Jennifer.
    Sie hatten den Speisesaal erreicht, und Blair führte sie zu einem Zweiertisch in einem ruhigen Teil der abgeschirmten Veranda. Auf dem Tisch standen eine Flasche Champagner im Eiskübel und eine mit Jasminblüten geschmückte Kerze.
    »Ich weiß, dass du Blumen magst, aber diese hier und Hibiskus sind das Einzige, was es hier gibt, fürchte ich. Sonst wächst hier nur so dorniges einheimisches Zeug.«
    »Oh, Blair, danke, dass du daran gedacht hast. Und der Champagner, herrlich.«
    Unverzüglich kam eine hübsche Kellnerin an ihren Tisch und schenkte den Champagner ein. »Herzlich willkommen, Mrs.Towse. Möchten Sie à la carte speisen oder lieber vom Büfett?« Sie wies zur Mitte des Saals, wo Gäste das üppige Speisenangebot umkreisten.
    Bevor Jennifer antworten konnte, bedankte sich Blair bei der Kellnerin. »Wir bedienen uns am Büfett. Heute Abend gibt es Meeresfrüchte.«
    »Blair, ich habe keinen großen Hunger.«
    »Es wird dir schmecken. Frischer als hier bekommst du es nicht. Na ja, wir erzählen den Gästen gern, die Fische wären heute Morgen noch im Meer geschwommen, aber in Wirklichkeit wird ein Großteil vom Festland eingeflogen«, vertraute er ihr lächelnd an.
    Einen leeren Teller in der Hand, schritt Jennifer um das Büfett herum. Sie brachte es nicht über sich, ihren Teller wie die anderen Gäste mit Meeresfrüchten vollzuhäufen. Die zwei Gläser Champagner waren ihr offenbar zu Kopf gestiegen. Sie fühlte sich benommen, als ob sie alles wie in einer außerkörperlichen Erfahrung wahrnähme. Die Langusten und Garnelen mit ihren glasigen Augen lockten sie nicht. Der mächtige Fisch, dessen Augen vermuten ließen, dass er einen langsamen, qualvollen Tod gestorben war, lag da und ließ sich das Fleisch vom Körper schneiden. Austern in ihrem Bett aus gestoßenem Eis sahen aus wie die ausgelösten kummervollen Augen eines fremdartigen Tiers. Die hungrigen, gierigen, dicken, sonnenverbrannten Gäste umkreisten die Beute und schlugen zu. Für Jennifer sahen die Leute aus wie das, was sie aßen: knollige rote Arme mit diamantengeschmückten Klauen warfen sich auf einen Nachschlag. Ein großer dünner Mann hantierte mit einer Zange und erinnerte an eine gekochte Krabbe. Jennifer kam sich vor wie in einem Aquarium voller seltsamer Unterwasserwesen.
    »Jenny? Kannst du dich nicht entscheiden?« Blair lächelte sie an, einen übervollen Teller mit fleischigem weißem Fisch auf Salat in der Hand.
    Eine Filmszene in einer Leichenhalle voller Toten unter grünen Laken schoss ihr durch den Kopf. »Mir wird schlecht. Entschuldige bitte.« Sie flüchtete zur Toilette.
    Sie quälte sich durch das Abendessen, schob die Speisen auf ihrem Teller hin und her und hörte Blairs Geschichten über die Angestellten nur mit halbem Ohr.
    »Wie ich das sehe, gibt es hier ein paar wirklich intelligente und ehrgeizige junge Leute. Der Rest vertreibt sich nur die Zeit, versucht, ein bisschen Geld zu sparen, oder meint, dieser Job auf einer Ferieninsel wäre ein Spaß. Ein paar von ihnen könnte man ermutigen, ihre Zukunft im Hotelgewerbe zu sehen«, sagte Blair, als sie Hand in Hand den Weg entlanggingen. »Sag mir, was du von ihnen hältst. Versuch mal, die wirklich Fähigen zu erkennen.«
    »Jetzt gleich? Gehen wir wirklich auf diese Party? Ich bin ein bisschen müde, Blair. Schließlich ist es mein erster Tag hier.«
    »Wir bleiben nicht lange. Sag mir Bescheid, wenn du gehen willst. Aber ich habe versprochen, dass wir uns blicken lassen.«
    Schweigend folgten sie dem Sandweg, der hie und da durch kleine Lampen in Bodenhöhe erleuchtet wurde. Sie hörten Gelächter und Musik, als sie sich den Unterkünften der

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