Die Korallentaucherin
Weinen.
»O mein Gott, was ist passiert?« Jennifer war wie gelähmt.
Blair stürzte hinaus zu der Frau und versuchte, sie hochzuziehen. »Himmel, was ist dir denn zugestoßen? Jennifer, schnell, hilf mir. Es ist Rhonda.«
»Rhonda?« Sie erkannte das kastanienbraune Haar, doch als Blair die junge Frau hochhob, sah sie Blut und blaue Flecken im Gesicht, das zerfetzte T-Shirt und die zerrissene Hose. Dieses geschundene Mädchen hatte kaum noch Ähnlichkeit mit der strahlenden jungen Frau, die sie erst vor ein paar Stunden verlassen hatte.
»Bring sie ins Haus. Alles wird gut, Rhonda, komm, versuche zu laufen.«
Sie stützten sie an beiden Seiten und schleppten sie ins Haus. Blair schloss den Vorhang, schaltete das Licht im Zimmer ein und löschte das Außenlicht. »Gib ihr ein Glas Wasser. Nein, besser noch, Brandy; in der Minibar steht eine kleine Flasche.«
Jennifers Hände zitterten, als sie Rhonda das Glas mit einem großzügigen Schluck Brandy reichte. »Hier, trink das. Atme tief durch.«
Rhonda richtete sich zitternd auf, trank und begann zu würgen. Plötzlich bemerkte Jennifer, dass Rhondas Slip genauso zerfetzt war wie ihr T-Shirt und dass sie nur einen Schuh anhatte.
»Was zum Teufel ist passiert?«, fragte Blair. Seine Stimme klang gereizt.
»Blair, geh behutsam mit ihr um, lass sie erst zu Atem kommen«, mahnte Jennifer, setzte sich neben das verängstigte Mädchen, nahm ihre Hand und streichelte sie.
»Er hat mich überfallen. Versucht, mich zu vergewaltigen. Als ich mich wehrte, hat er einfach … zugeschlagen. Er hat mir die Hose heruntergerissen, und als er seine Hose herunterziehen wollte, habe ich ihn getreten und bin weggelaufen. Ich dachte, ich müsste sterben«, sagte Rhonda, und in ihrer Angst war der irische Akzent noch deutlicher.
»Wer? Wer hat das getan? Blair, ruf die Polizei, ruf irgendwen. Brauchst du einen Arzt?«
»Jennifer! Beruhige dich. Lass mich das regeln«, fuhr Blair sie an. »Hier gibt es keine Polizei und keinen Arzt. Nur eine Krankenschwester.« Jennifer schwieg erschrocken. Blair nahm Rhondas andere Hand. »Bist du verletzt? Ich meine, Schnittwunden oder so, außer dieser hier?« Er berührte leicht die Platzwunde auf ihrer Wange, und sie verzog das Gesicht.
»Natürlich ist sie verletzt. Sollten wir nicht Hilfe holen?«, zischte Jennifer.
»Lass uns erst hören, was passiert ist. Bist du sicher, dass er dich vergewaltigen wollte?«
Rhondas Blick brachte Blair zum Schweigen.
Jennifer drückte Rhondas Hand. »Was ist geschehen, nachdem wir uns getrennt hatten?«
Rhonda atmete zitternd ein. »Ich habe vor der Rezeption telefoniert, und eine Gruppe kam aus der Bar, und sie sagten, sie wollten am Pool noch etwas trinken, ich sollte mitkommen. Ich weiß, dass ich mich nicht unter die Gäste mischen darf, aber … Na ja, es war spät, sonst war niemand mehr da, und sie lachten und hatten Spaß. Willsy war dabei …« Sie verzog das Gesicht und musste sich erst wieder sammeln, bevor sie fortfahren konnte. »Ein Mädchen war noch dabei, aber sie ist dann mit einem von den Männern gegangen. Nach einem Drink sagte ich, dass ich gehen müsse. Sie wollten noch in irgendeiner Suite weiterfeiern. Willsy war betrunken und versuchte, mich zu küssen und zu begrapschen, und da bin ich gegangen. Ich wollte am Strand entlang zu meiner Unterkunft gehen, und als ich in die Dünen abbog … wurde ich gepackt.«
»Schon gut, Rhonda.« Jennifer wollte sagen, dass sie sich die schmerzhaften Einzelheiten ersparen solle, doch ein Blick in Blairs angespanntes Gesicht ließ sie schweigen.
Rhonda schauderte und sprach im Flüsterton weiter. »Er packte mich von hinten, hielt mir den Mund zu, damit ich nicht schreien konnte, und stieß mich zu Boden. Ich schlug mit dem Gesicht auf einem Stein auf und war ein bisschen benommen. Als ich versuchte, ihn abzuwehren, fing er an zu fluchen und schlug zu.«
Jennifer ging ins Bad, um Papiertaschentücher zu holen. Ihr war übel. Sie hörte Blairs leise, eindringliche Stimme.
»Du bist sicher, wer es war? Es ist dunkel, er kam von hinten …«
Rhondas Kopf ruckte hoch. »O ja, es war Willsy. Aber … er hat gesagt, wenn ich ein Wort verrate, würde er alles abstreiten, und die anderen würden sagen, dass er bei ihnen gewesen ist.«
»Nun ja, das können wir ja widerlegen«, sagte Jennifer. »Hast du ihn gekratzt oder so?«
»Lass es, Jennifer. Rhonda, hast du auch ganz sicher nichts getan, um ihn zu reizen, du verstehst? Dass er so
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