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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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irgendwo dort draußen lauerte offenbar ein Spanner, der Gelegenheitsjobs wahrnahm, aber mehr Zeit damit verbrachte, junge Frauen auszuspionieren.
    Was war so anders an Gideon? Zu seiner Beurteilung stand ihr nichts zur Verfügung außer ihrem eigenen Instinkt und ihrer Intuition. Gideon hatte ihr ein Gefühl der Geborgenheit, der Unabhängigkeit vermittelt und in ihrem Herzen die Sehnsucht nach dem verlorenen Vater wieder entfacht, nach den Großvätern, die sie nie gekannt hatte. Jennifer beschloss, am Freitagnachmittag die Haifischbar aufzusuchen. Sie wollte Zeit mit Gideon verbringen und war neugierig auf den Rest der Gemeinde, die er erwähnt hatte. Sie befand sich hier auf einer tropischen Insel, Hunderte von Kilometern entfernt von dem, was sie als Zivilisation betrachtete. Was für Menschen mochten hier leben?
    Jennifer hatte die Spitze von Coral Point erreicht und folgte dem Weg bis zu der Gabelung, an der das Schild den Weg zum Hotel wies. Sie hielt inne und fragte sich, wohin der andere Weg führen mochte. Sie beschloss, nachzusehen. Schon nach wenigen Metern hörte sie Stimmen und Mädchenlachen. Der Weg war gerade breit genug für zwei Personen, doch zwischen den Bäumen hindurch erspähte sie mehrere Mädchen und ein paar Männer in lässiger Kleidung.
    Als sie in Sichtweite waren, erkannte sie zu ihrem Schrecken Willsy, zwei von seinen Freunden und vier junge Frauen. Die Mädchen kannte sie nicht, aber ihr waren ja auch noch nicht alle Mitarbeiter vorgestellt worden. Jennifer blieb wie angewurzelt stehen, als der TV -Moderator, umgeben von seiner Anhängerschar, vor ihr auftauchte.
    »Ah! Halt, wer da? Eine verirrte Maid, eine Jungfrau in Bedrängnis? Möchtest du dich uns anschließen?« Sein Gesicht war rot und fleckig, er trug eine dunkle Sonnenbrille.
    »Wir gehen zur Bucht, komm doch mit«, rief eines der Mädchen. Sie waren bester Laune, und Jennifer fragte sich, ob sie getrunken hatten. Was wussten diese Mädchen über den Mann und seine Freunde? Er wirkte so umgänglich und sah attraktiv aus. Sekundenlang kamen ihr Zweifel, doch dann erinnerte sie sich an Rhondas zerschundenes Gesicht.
    »Nein, danke. Ich will zurück zum Hotel. Ich war am Strand.« Ihr war bewusst, dass sie zickig wirkte. Was sollte sie diesen Mädchen sagen?
    »Zum Hotel führt der andere Weg, Schätzchen. Du bist auf der falschen Fährte«, sagte Willsy und fasste sie genauer ins Auge. »Habe ich dich dort nicht schon mal gesehen?«
    »Ja. Neulich abends sind wir uns beim Hotel begegnet. Ich bin eine Freundin von Rhonda«, sagte Jennifer mit fester Stimme, ohne den Blick von seinem Gesicht zu lösen.
    Wenn in seinen Augen etwas aufflackerte, blieb es hinter der Sonnenbrille verborgen. Er wandte den Blick ab, trat zur Seite und ließ die Mädchen an sich vorbei. »Glaube nicht, dass ich sie kenne. Bis später.«
    Sie gingen weiter, und das letzte der Mädchen sah Jennifer besorgt an. »Arbeitest du im Hotel?« Sie sprach mit ausländischem Akzent.
    »Nein. Nehmt euch in Acht vor diesen Kerlen«, sagte Jennifer leise.
    Das dunkelhaarige Mädchen lächelte und reckte den Daumen hoch. »Verlauf dich nicht.«
    Jennifer machte kehrt und schlug den Weg zum Hotel ein. Ihre glückliche Stimmung war in sich zusammengefallen.
    Am Abend, als sie vor dem Essen auf ihrer kleinen Terrasse saßen, erzählte sie Blair, dass sie Willsy und seine Kumpane mit einer Gruppe von Mädchen getroffen hatte.
    »Hör mal, der Kerl macht Urlaub auf einer tropischen Insel und will seinen Spaß haben. Solange das nicht außer Kontrolle gerät, können wir nichts dagegen unternehmen. Und was hast du den ganzen Tag über so gemacht?«
    Jennifer sah ihren Mann an und erwiderte dann knapp: »Hab unter einem Baum gesessen, gelesen und geschlafen.«
    »Toll. Hört sich toll an. Hör mal, hier ist ein interessantes Pärchen aus der Schweiz zu Gast. Ich habe sie eingeladen, mit uns zu Abend zu essen.«
    »Warum? Muss das sein? Kannst du sie nicht allein unterhalten?« Jennifer seufzte.
    »Solange Rosie fort ist, sind wir zwei die Gastgeber, Schatz. Sei nicht so ewig gestrig. Und mach dich ein bisschen fein, das sind Leute mit Geld.«
    Jennifer sehnte Rosie herbei. Sie kam sich so altmodisch vor. Willsys Arroganz hatte sie verunsichert, und jetzt ärgerte sie sich über Blair. Sie fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut, körperlich geschwächt, nicht krank, aber auch nicht gesund. Vielleicht würde sie später in der Woche für einen Tag aufs Festland fahren, zum

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