Die Korallentaucherin
fügte er hinzu, während sie sich ihren Weg zwischen den Keulenbäumen hindurch suchten.
Jennifer spürte eine Meeresbrise. »Es wird kühler. Sind wir bald am Ziel?« Sie waren seit etwa einer halben Stunde unterwegs.
»Noch zehn Minuten. Jetzt verstehst du, wieso die Touristen mich nicht stören.«
»Fühlst du dich nicht einsam?«
»Ach, ich bekomme regelmäßig Besuch. Lloyd und Doyley kommen an ihren freien Tagen mit dem Boot zum Angeln her. Eine Art Bande besucht mich manchmal am Freitagabend. Komm doch auch mal, falls du Lust hast. Hier auf Branch gibt es verschiedene Gruppen, Gemeinden. Und sie bleiben weitgehend unter sich.«
»Merkwürdig, auf so engem Raum.« Jennifer wollte gerade fragen, wer diese Gemeinden waren, als die Keulenbäume stattlichen stachligen Schraubenpalmen Platz machten, die auf ihren Beinen aus kräftigen senkrechten Wurzeln balancierten. Sie säumten den Strand, und dahinter kräuselte sich das blaue Meer. »Wie schön.«
Sie gingen über den menschenleeren Strand. Hier war es windiger, ungeschützter als in der Umgebung des Hotels.
»Kann es bei Sturm hier gefährlich werden?«, fragte Jennifer. Rosie hatte gesagt, Tropenstürme kämen nur selten und in großen Zeitintervallen.
»Aber sicher. Deshalb liegen die Haifischbar und meine Unterkunft auch so geschützt unter den Keulenbäumen.« Er wies über den Strand zu der Stelle, wo eine Jolle auf den Sand gezogen und an einem Baum festgebunden war.
»Haifischbar? Eine echte Bar? Echte Haifische?« Jennifers Interesse war geweckt.
»Natürlich. Das ist der besagte Privatclub. Sehr exklusiv.«
»Haben auch Frauen Zutritt?«
»Ich bin vielleicht noch von der alten Schule, aber sehr liberal, wenn es darum geht, mit Damen ein Bier zu trinken. Nur auf Einladung, versteht sich. Komm doch einfach mal.«
»Ich fühle mich geehrt, Gideon.« Sie folgte ihm an der Küste entlang. »Fährst du in dieser Jolle zum Angeln hinaus?« Sie sah sehr klein aus.
»Das ist das Taxi, mit dem die Leute von Jachten und Motorbooten an Land und wieder zurückgebracht werden. Mein kleiner Kabinenkreuzer liegt am Zulauf vor Anker. Hier gibt es eine Binnenlagune mit einem Priel zum Meer hin. Sehr günstig. Dort steht auch mein Häuschen.«
Jennifer konnte nichts entdecken, was an ein Haus erinnerte, doch hinter den Schraubenpalmen, geschützt von einer Reihe Keulenbäume, erkannte sie eine Hütte aus Wellblech und Holz. Ein Anbau an der Vorderseite hatte ein Fischernetz als Dach, während die Hütte selbst mit Stroh gedeckt war. Es gab keine Bodendielen, keine Fenster und Türen. Lediglich drei Wände und diesen Anbau mit Blick aufs Meer. Zwei Tische mit Stühlen standen unter dem Fischernetzdach, das mit Bojen, Angelruten und ein paar alten Rettungsringen fixiert war. Auf ein Brett, das aussah, als stammte es von einem Boot, war der Name »Haifischbar« gemalt.
Jennifer klatschte in die Hände. »Das ist hinreißend! Robinson Crusoe würde vor Neid erblassen. Oder stammt es von Fantasy Island?« Sie lachte.
»Eher von Gilligans Insel. Komm rein, trink etwas. Vor drei Uhr gibt es aber keinen Alkohol.«
Ein alter Kühlschrank und ein paar herabhängende Glühbirnen wurden von einem Generator mit Strom versorgt.Auf dem Sandboden standen ein Schrank, eine behelfsmäßige Bar und Stühle. »Putzen leichtgemacht, ich fege einfach alles zur Tür hinaus. Aber was sagst du zu dieser Aussicht?«, fragte Gideon, stellte zwei saubere Gläser auf den Tresen und holte eine Flasche Limonade aus dem Kühlschrank.
Jennifer betrachtete die rohen Wände im Inneren, die mit den Namen von Schiffen und ihren Kapitänen bedeckt waren. »Im Lauf der Jahre hattest du wohl viel Besuch.« Sie hätte gern etwas über seine Familie gewusst, wollte aber nicht neugierig sein. Sie hatte Zeit genug, mehr über den faszinierenden alten Strandräuber zu erfahren. Jetzt schon wusste sie, dass sie ihn besuchen würde. Sie staunte über sich selbst. Was Blair wohl denken würde, wenn sie ihm erzählte, dass sie die ganze Insel bis zu ihrer abgelegenen, einsamen Seite überquert hatte, um mit einem alten Einsiedler zusammen zu sein? Besonders nach der vergangenen Nacht. Aber sie wusste, dass sie Blair nichts erzählen würde. Jetzt nicht.
Sie tranken die Limonade aus, und Gideon führte sie zwischen den Bäumen hindurch zu seiner Wohnhütte. Es war ein einfaches Holzhäuschen, und außen herum hatte er einen mit weißen Steinen gesäumten Weg geebnet. Auf einer Seite standen ein
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