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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Tisch, Stühle, ein Grill, gefertigt aus einem Benzinfass, eine Wäscheleine und ein ausgeblichener Sonnenschirm. Zwischen zwei Bäumen war eine Hängematte mit einem Moskitonetz gespannt, in der Nähe graste eine angepflockte Ziege.
    »Das hier war eines der ursprünglichen Ferienhäuschen von der heutigen Hotelanlage. Die ersten paar Jahre habe ich in einem Zelt gelebt, aber heutzutage wissen meine alten Knochen ein Bett zu schätzen. Die Hängematte ist für meine Siesta gedacht«, sagte er, ihrem Blick folgend. »Jetzt zeige ich dir den Privatweg zum Zulauf. Dort kann man am besten schwimmen, und im Augenblick ist die Flut gerade richtig.«
    Der Zulauf weitete sich zu einer kleinen Lagune, die dann wieder schmaler wurde und hinter der Sanddüne ins Meer mündete. Die Lagune glich einem Swimmingpool.
    Jennifer entdeckte einen schattenspendenden Baum am Sandstrand. »Ich glaube, ich lasse mich unter dem Baum dort nieder. Wie weit landeinwärts reicht dieser Zulauf?«
    »Ah ja, das ist recht interessant. Er verliert sich in einer Art Marschgebiet und fließt dann unterirdisch weiter. Es ist Süßwasser, bevor es sich mit dem Meerwasser mischt. Richtig behandelt, sogar trinkbar. Da gibt es keine Haie oder andere Unannehmlichkeiten, keine Angst. Ich lass dich jetzt allein, Jennifer. Wenn du etwas brauchst, ruf mich.«
    Jennifer zog sich bis auf den Badeanzug aus, trug Sonnenschutz auf, breitete ihr Handtuch aus, legte ihre Kleider zu einem Polster zusammen und streckte sich im Schatten aus, um zu lesen. Doch bald döste sie ein, das Buch fiel ihr aus den Händen. Als sie wieder aufwachte, war ihr heiß. Die Sonne war gewandert, und Jennifer wurde bewusst, dass sie wohl eine Stunde geschlafen hatte. Sie ging zum Ufer der kleinen Lagune, um sich abzukühlen. Als sie ins Wasser watete, spürte sie unter den Füßen den glatten weißen Sand. Sie hockte sich hin und bespritzte sich mit Wasser. Und bevor sie selbst wusste, was sie tat, stieß sie sich ab und schwamm in dem ruhigen Wasser. Diese Lagune zählte nicht als Meer. Sie war wie eine sehr große Badewanne, nicht wie das Wasser, in dem sie in der Schule schließlich doch schwimmen gelernt hatte. Dieses Wasser fühlte sich an, als wäre ihr Körper in Seide gehüllt, die über ihre Haut glitt. Sie legte sich auf die Seite, dann auf den Rücken. Es war ein wunderbares Gefühl. Bisher war sie lediglich in privaten oder hoteleigenen Pools geschwommen, wenn Blair darauf bestand. Zu ihrer Beruhigung richtete sie sich auf und stellte fest, dass ihre Füße den Boden berührten und dass das Wasser in der Mitte der Lagune ihr nur bis ans Kinn reichte. Sie umkreiste schwimmend den kleinen See, entschied sich jedoch dagegen, in den Zulauf hineinzuschwimmen.
    Sie legte sich zum Trocknen in die Sonne, verspeiste dann ihr Mittagessen und griff wieder nach ihrem Buch. Dann hielt sie noch ein kurzes Nickerchen, trank ihren Saft aus, kleidete sich an und beschloss, sich noch ein wenig umzuschauen. Sie folgte der Biegung des Zulaufs, an dem ein schmaler ausgetretener Pfad entlangführte. Dort sah sie Gideons Boot an einem hölzernen Anleger. Doch daneben im Gras stand eine merkwürdige Konstruktion. Eine Art ausgeklügeltes großes Spielzeug, groß genug, um zwei Personen aufzunehmen, vorn mit einem Fenster, das wie ein Auge aussah, und mit ruderartigen Flossen an beiden Seiten. Sollte es eine Art Fischfalle sein? Ein Boot war es nicht. Es ähnelte eher einem Flugzeug.
    Ein Stück vom Ufer entfernt stand ein kleiner Blechschuppen mit einem Riegel vor der Tür. Was mochte Gideon darin unter Verschluss bewahren? Sie entschied sich, zum Hotel zurückzukehren. Sie kam an Gideons Haus vorbei und entdeckte ihn fest schlafend in seiner Hängematte. Leise ging sie am Strand entlang und hoffte, den Weg zu finden, den sie gekommen war.
    Jennifer fühlte sich entspannt und ausgeruht. Und auch innerlich ruhiger und zufriedener. Allerdings hatten die Ereignisse des Tages sie auch irgendwie verwundert, aufgestört, abgelenkt. Wie hatte ein unrasierter älterer Mann, ein ungeschliffener Diamant ohne sichtbare Mittel außer Herzlichkeit und Intellekt, es geschafft, ihr binnen weniger Stunden dieses Gefühl der Zufriedenheit zu vermitteln?
    Ihr Glaube an das Gute im Menschen war einigermaßen wiederhergestellt. Zwar war sie immer noch schockiert und empört darüber, dass ein Mann, der sich allgemeiner Beliebtheit erfreute, bekannt und erfolgreich war, eine so niederträchtige Seite gezeigt hatte. Und

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