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Die Korallentaucherin

Die Korallentaucherin

Titel: Die Korallentaucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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alles hat mich schwerer erschüttert, als mir klar war. Ich fühle mich sehr isoliert. Ich bin nicht der Typ fürs Inselleben. Ich weiß auch, was meine Mutter sagen würde: Wie man sich bettet, so liegt man, mein Kind.«
    »Was ist mit dem Buch? Wie geht es voran?«
    »Ich habe noch nichts getan. Aber morgen fange ich an. Ich fühle mich jetzt so viel besser, Trisha. Ich hatte das Gefühl, verrückt zu werden. Ich bin aufs Festland gekommen, um zum Arzt zu gehen, aber nach dem Gespräch mit dir geht es mir viel besser.«
    »Gern geschehen. Wenn du Gesellschaft brauchst, sag es mir einfach. Ich könnte mir ein bisschen Sonne, Tauchen und Schnorcheln am Riff schon vorstellen. Es muss himmlisch sein.«
    Trisha berichtete noch über ihre gemeinsamen Freunde, bis Jennifer schließlich auf die Uhr sah und sagte, dass sie zu spät zu ihrem Termin kommen würde.
    Sie suchte die Arztpraxis auf und wartete. Sie blätterte in alten Klatschblättchen, bis der Arzt sie ins Sprechzimmer rief. Er war ein altmodischer Typ in bequemer Tweedjacke mit Schurwollkrawatte, und es störte sie nicht, dass er sie Kleine nannte.
    Allerdings arbeitete er gründlich und sah sie schließlich über seine Brille hinweg an. »Wie ich’s mir gedacht habe. Keine bösen Überraschungen, Kleine, Ihnen fehlt nichts. Kein Wunder, dass Sie sich ›unwohl‹ fühlen, wie Sie es nennen.« Er legte eine Pause ein und lächelte. »Sie sind lediglich schwanger, mehr nicht.«
    »Schwanger?« Vor Schreck schlug Jennifer die Hand vor den Mund.
    »Die Möglichkeit hatten Sie gar nicht in Betracht gezogen?«
    »Nein. Hatte ich nicht. Schließlich … Mein Leben, mein Tagesablauf, alles ist ein bisschen durcheinandergeraten durch den Umzug und so …«
Mein Gott, was wird Blair dazu sagen? Wie soll ich es ihm beibringen?
    »Sie sind jung und gesund. Sie müssen regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung aufs Festland kommen, und wenn der Stichtag näher rückt, gewisse Vorkehrungen treffen. Ich nehme an, Sie wollen das Kind nicht auf der Insel zur Welt bringen? Wir haben hier ein prima kleines Krankenhaus. Kann mir nicht vorstellen, dass es zu Komplikationen kommt. Auch wenn Sie herzlich wenig über die Geschichte Ihrer Familie wissen.« Sein Tonfall war leicht missbilligend.
    Jennifer wusste nichts über etwaige Krankengeschichten ihres Vaters oder ihrer Großeltern, auch nicht über die ihrer Mutter, abgesehen von ein paar nebensächlichen Problemen in den letzten Jahren. Es war ihr nie in den Sinn gekommen, nach der Geburt ihres Bruders zu fragen. Das war tabu.
    »Also. Herzlichen Glückwunsch, meine Liebe.« In Gedanken war der Arzt bereits bei den wartenden Patienten. »Lassen Sie sich am Empfang alle notwendigen Informationen geben. Ernährung, Vitamine und so weiter.«
    Doch Jennifer reagierte offenbar anders, als er es erwartet hatte. Er musterte sie kurz und fragte: »Sie freuen sich nicht?«
    »Es war nicht geplant. Das heißt, ich habe die Pille abgesetzt, als ich las, mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Aber ich dachte … Wir waren doch vorsichtig.«
    Der Arzt winkte verächtlich ab. »Ein Kind ist ein Geschenk des Himmels. So etwas kann man nicht immer kontrollieren.«
    Jennifers Gedanken überschlugen sich. Deswegen hatte sie sich so merkwürdig gefühlt. Und was jetzt? Sie versuchte, um die Ecke zu denken. Was sollte sie tun? Ihr blieben neun Monate. Weniger. Blairs Vertrag lief über zwölf bis achtzehn Monate und enthielt eine Klausel, die Kinder ausschloss. Vielleicht sollte sie nach Sydney zurückkehren und ihr Kind dort bekommen. Aber wo sollte sie wohnen? Mit ihrer Mutter bei Vi und Don? Die Vorstellung schlug ihr auf den Magen.
    Der Arzt sah sie an.
    »Ich mache mir Sorgen wegen der Arbeit meines Mannes. Ich glaube, Kinder waren nicht vorgesehen, als er eingestellt wurde.«
    »Wie steht’s mit Ihnen beiden? Wollten Sie überhaupt mal eine Familie gründen?«
    »Nun ja, irgendwann. Wir waren übereingekommen, zu warten und vorsichtig zu sein …«
    »Manchmal bekommt man nur eine einzige Chance. Wie würden Sie sich fühlen, wenn Sie diese Schwangerschaft abbrechen würden und dann nicht mehr schwanger werden könnten, wenn Sie meinen, der richtige Zeitpunkt wäre gekommen?«
    Jennifer biss sich auf die Unterlippe, und in freundlicherem Tonfall fuhr er fort: »Ich bin nicht voreingenommen. Ein glückliches, gesundes, gut versorgtes Kleinkind macht nicht viele Schwierigkeiten. Meine Sorge gilt Ihnen und Ihrem Kind. Deswegen gibt es die

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