Die Korallentaucherin
Peng.«
Sie blickte ins Wasser und hätte gern gewusst, wie ihr Gegner aussah.
»Lass uns was trinken.« Blair ging hinunter in den Schiffsrumpf, während Lloyd das Steuer ergriff und den Motor anließ.
»Tut mir leid, Lloyd. Hoffentlich hast du nicht zu viel Schnur verloren.«
»Bist du enttäuscht?«, fragte er.
»Irgendwie schon … Es ist eine Herausforderung. Und ich hätte gern gewonnen. Aber jetzt bin ich froh, dass der Fisch entkommen ist. Hoffentlich ist er unverletzt.«
»Hat wahrscheinlich eine wunde Lippe. Angelzubehör im Maul kann äußerst lästig werden. Ist aber nichts im Vergleich zu den Ködernetzen aus Plastik.«
»Ich dachte, die würden längst aus biologisch abbaubarem Material hergestellt.«
»Solche gibt es, aber sie sind teuer. Plastiknetze sind mörderische Fallen für Schildkröten. Sie halten sie für essbare Quallen und ersticken daran.« Er hielt inne, während Jennifer ins Wasser blickte. »Wenn das Boot nicht voll besetzt ist, kannst du als Mitarbeiterin jederzeit mit uns zum Angeln rausfahren«, fügte er hinzu.
»Ich werde es mir überlegen. Danke, Lloyd.«
Sie hatten den schattigen Umriss des Riffs, das Sooty Island umgab, mittlerweile überquert. Ein kleiner Halbmond aus weißem Sand, gesäumt von niedriger grüner Vegetation ein paar Meter über dem Meersspiegel und keinerlei sichtbaren Bauwerke ließen Sooty in Jennifers Augen sehr klein und isoliert erscheinen.
Doch in der Lagune sahen sie die weißen Umrisse mehrerer großer Schiffe, die dort vor Anker lagen. »Wem gehören diese Schiffe?«, wollte Jennifer wissen.
»Ein paar Jachturlauber, die hier für einen Tag an Land gegangen sind und über Nacht bleiben. Das schwimmende Bumslokal könnte den dicken Bossen gehören. Ich habe gehört, dass sie vielleicht die Insel besuchen wollen«, sagte Lloyd, schirmte mit der Hand die Augen ab und betrachtete die Boote in der Ferne.
»Genau die sind es«, sagte Blair. »Die Firmenbonzen, die sich Vergnügungsreisen zu allen Ferienanlagen am Riff leisten können.«
»Ja, die Führungskräfte wollen immer in eines von diesen Hotels versetzt werden«, sagte Lloyd. »In Asien haben sie ein paar echt exklusive Hotels. Gerade haben sie ein neues in Koh Samui eröffnet. Man munkelt, sie wollen Branch auf den gleichen Stand bringen.«
»So, wie es ist, reicht es ihnen nicht?«, fragte Jennifer.
»Nein, die Anlage ist seit zehn Jahren überholt. Sie könnte bedeutend exklusiver sein. Neue Managementstrategien und Ideen sind gefordert«, erklärte Blair. »Haben wir noch Zeit für ein Bier, bevor wir anlegen?«, fragte er und duckte sich schon in die Kombüse.
»Klar«, antwortete Lloyd, doch seine Miene war angespannt.
»Du bist nicht der Meinung, dass Branch auf Vordermann gebracht werden muss?«, fragte Jennifer.
»Geht mich nichts an. Das müssen die Eigentümer der Ferienanlage, die Nationalparks und die Forschungsstation unter sich ausmachen.«
»Hat Rosie als Geschäftsführerin denn nicht auch ein Wörtchen mitzureden?«, wollte Jennifer wissen.
Lloyd fühlte sich sichtlich unbehaglich. »Ich bin lediglich Angestellter. Das Hotel bezahlt mich, und den Jungs von der Forschungsstation und Gideon helfe ich freiwillig. Rosie hatte klare Ansichten darüber, wie es weitergehen sollte, doch als Geschäftsführerin muss sie tun, was das Unternehmen will.« Er blickte übers Meer hinweg, griff nach seinem Fernglas neben dem Steuer, änderte den Kurs der Barkasse und drosselte das Tempo. »Sieh mal, da drüben, im Wasser. Sie ist auf dem Weg nach Branch.«
An der Steuerbordseite konnte Jennifer eine dunkle runde Form erkennen. Als sie näher kamen, sah sie, dass es sich um eine große grüne Schildkröte handelte, Kopf und Panzer oberhalb des Wasserspiegels, den Blick fest auf die ferne Silhouette von Branch Island gerichtet.
»Oh, wow! Blair, sieh mal!«
»Sie kommt früh in der Saison. Kehrt zurück zu ihrem Geburtsort, um ihre Eier abzulegen«, erklärte Lloyd.
»Sie legen weite Strecken zurück, wie?«, fragte Blair. »Erstaunlicher Orientierungssinn, dass sie um die halbe Welt herum den Weg zurück zu einer ganz bestimmten Stelle im Korallenmeer finden.«
Sie befanden sich jetzt neben der weiblichen Schildkröte, nur ein paar Meter entfernt, als ihre stetig paddelnden Flossen plötzlich zuckten und sie mit einem Ruck untertauchte.
Bevor Jennifer noch fragen konnte, was die Schildkröte erschreckt haben mochte, war es, als wäre in einer Explosion von schäumender
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