Die Kornmuhme (German Edition)
ließ die Hände von Vorschlägen unsympathischer Zwerge, und
hielt sich an das, was Zagel ihm geraten hatte.
>>Wäre die Welt dann von
Hexen befreit? <<, fragte er trotzdem nach.
Sonnwin nickte und beobachtete
scharf Arons Reaktion.
Aron schwieg eine lange Weile.
Dann sagte er halblaut: >>Das kann ich nicht machen. Lieber will ich
…<<
>>Lieber willst du
was!?<<, platzte es aus Sonnwin heraus.
>>Lieber willst du das
aussichtslose Unterfangen angehen, in ein riesengroßes Feld zu kriechen, in dem
tausende gleich aussehende Blumen stehen, die dich solange mit ihrem Gesäusel
ganz kirre machen, und in die Irre leiten werden, bis die Kormutter höchst
selbst vor dir steht und dich in Stücke reißt?<<
Aron starrte den Zwerg entsetzt
an.
>>Sie sehen alle gleich aus?
Zagel sagte, ich solle eine blaue Blume finden …<<
>>Natürlich, du Tölpel!
<<, schimpfte der Zwerg und schlug eine markierte Seite des Buches auf.
>>Glaubst du, Zagel hätte irgendein geartetes Interesse daran, dass du
diese Mission erfolgreich hinter dich bringst? Was denkst du, warum er dich
ausgerechnet an der gefährlichsten Stelle des Rheijns über das Wasser geschickt
hat! << Er hielt es Aron unter die Nase und tippte mit einem Finger auf
eine Zeichnung.
Tatsächlich zeigte sie ein
riesiges Feld, in dem unter den Ähren versteckt, unzählige Blumen zu sehen
waren. Sie alle waren blau! Aron war so bestürzt, dass er keine Worte mehr
hervorbrachte. Wieder schwieg er sehr lange und versuchte, den immer größer
werdenden Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken. Es gelang ihm nicht.
Dann stieg Trotz in ihm auf. Er
war kein Tölpel, er war nur unerfahren. Der Zwerg behandelte ihn unmöglich.
>>Ich werde mir etwas
einfallen lassen! <<, schnappte er in einem Tonfall, der Sonnwin
signalisierte, dass die Diskussion beendet war.
>>Hah! <<, rief der
Zwerg aus, und schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. >>Uuh, da
bin ich ja mal gespannt! Merkst du’s, die Welt der Magischen erzittert schon
förmlich, weil sich ein Bauerntölpel aus den Bergen etwas einfallen lassen
will! <<
Nun war es jedoch Sonnwin, der es
mit der Angst zu tun bekam. Er musste den Jungen dazu bewegen, das Feld
niederzubrennen. Koste es was es wolle. Und wenn er zur Not sogar … freundlich
zu ihm sein musste!
Aber das konnte er gerade nicht.
Seine Laune war auf dem Tiefpunkt. Er bereute seine Worte, hatte aber auch
keine Lust noch etwas Versöhnliches hinterherzuschieben. Er drehte sich um und
rollte sich wieder zu einer Kugel zusammen, seinen Mantel eng um sich
geschlungen. So schwiegen sie eine Weile. Aron legte noch Feuerholz nach und
blickte stumm in den Wald.
Es waren noch mehr Tiere gekommen.
Ein Fuchs stand in einiger Entfernung in aufrechter Haltung und schlug wild mit
dem Schwanz. Seine Augen sahen im Schein des Feuers aus, wie zwei kleine,
glühende Kohlen. Neben dem Fuchs saß ein Hase, und oben auf den Zweigen hockten
mehrere Dutzend Vögel. Die stumme Gemeinschaft starrte auf sie herunter.
Aron blickte zu Sonnwin hinüber.
Die Stille war ihm unheimlich. Auch wenn er sich mit dem Zwerg stritt, so war ihm
dies immer noch lieber, als in dieser Stille von den Wildtieren angeglotzt zu
werden. Ohne den Zwerg, so kam ihm nun in den Sinn, wäre er hier draußen wohl
schon längst gestorben.
>> Versteh doch, ich würde
mich mit dem gesamten Geschlecht der Hexen anlegen <<, begann Aron jetzt.
>>Denk doch nur mal, was geschehen würde, wenn auch nur ein paar wenige
überleben würden. Sie würden mich bis ans Ende der Welt verfolgen, vielleicht
sogar Urmitz dem Erdboden gleich machen. <<
Er schüttelte sich bei dieser Vorstellung,
und als Sonnwin immer noch nicht antwortete, legte er sich hin und beschloss,
ebenfalls die Augen zu schließen, und zu versuchen zu schlafen.
34
Ranja schreckte hoch. Der Mond
stand schon hoch am Himmel, und sie wusste nicht, wie lange sie geschlafen
hatte. Vielleicht zwei Stunden? Sie hatte das drängende Gefühl, nachschauen zu
müssen, wie es ihrer Tante ging.
>>Nicht auch noch sie… nicht
auch noch sie<<, dachte sie immer wieder, während sie mit der kleinen
Öllampe in ihrem Nachthemd bibbernd über dem Gang in das Zimmer der Ähnl lief.
Unverändert lag die Alte in ihrem
Bett. Ihre Haut war so heiß, dass das feuchte Tuch auf ihrer Stirn und ihrem
Hals vollkommen getrocknet war. Mara murmelte in Trance immer noch leise vor
sich hin, und Ranja saß verzweifelt auf ihrer Bettkante. Sie rief ihren Namen,
und dass
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