Die Kraft der positiven Gefühle. Mit neuen Mentaltechniken innerlich frei werden
Lassen wir die zu erwartenden Gefühle in Gedanken zu („Es darf gleich wehtun!“), dann verändert sich dadurch, falls wir unsere Aussage ernst meinen, die Psychodynamik des Fühlens: negative Gefühle werden schwächer oder verschwinden. Dies liegt daran, dass wir unsere Vermeidungshaltung aufgeben.
25 Fehlertabelle G efühl und Wert
Gefühle sind von jeher vielen Missverständnissen ausgesetzt. Ein angemessenes Verständnis der Gefühle ist aber für unsere Konfliktbewältigung, Selbstmotivation und Leistungssteigerung von entscheidender Bedeutung. Auch Politik, Wirtschaft und Arbeitswelt würden von einem besseren Verständnis der Rolle unserer Gefühle profitieren – vorausgesetzt, solche Einsichten ließen sich praktisch umsetzen.
Gleiches gilt für unsere Werte und Werterfahrungen. Die Geschichte der Philosophie ist eine Kette von Versäumnissen und Irrwegen, was Werte und Werterfahrungen im Verhältnis zu den Gefühlen anbelangt.
Aristippos, Epikur, Platon, Aristoteles, Hobbes, Descartes, Spinoza, Locke, Hume, Bentham, J. S. Mill, Kant, G. E. Moore, Brentano, Freud, Scheler, N. Hartmann, V. Kraft haben zwar alle in irgendeiner Weise die herausragende Rolle der Gefühle für unsere Motivationen und Bewertungen gesehen, aber kaum genügend differenziert, um eine hinreichende Erklärung für Moral und Werterfahrungen zu geben.
Im Folgenden werden typische Fehler im Verständnis der Gefühle aufgelistet und erläutert.
Fehler 1:
Positive Gefühle (wie z.B. Glück, gute Laune) kön nen langweilig werden.
Kommentar:
Das ist ein logischer Wider spruch. Wenn positive Gefühle verschwinden, kann sich zwar das negative Gefühl der Langeweile einstellen. Aber dann sind nicht die positiven Gefühle langweilig, sondern der nachfolgende Zustand der Langeweile. Die Erfahrung könnte allenfalls zwiespältig, mehrstimmig, „polyphon“ sein. Dann erleben wir zugleich oder kurz hintereinander positive und negative Gefühle wie beim Masochismus.
Glück, sei es als Glücksmoment oder länger andauernde glückliche Stimmung, zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass es sich eben nicht um Langeweile handelt. Die Attraktivität des angenehmen Gefühls ist Attraktivität, nicht Unangenehmsein.
Fehler 2:
Wir empfinden Ve rgnügen (als eine Art des positiven Gefühls) nur, wenn Schmerz oder andere negative Erfahrungen vorausgegangen sind (Epikur [80] , I. Kant [81] ).
Kommentar:
Stellen Sie sich vor, Sie hat ten gerade einen sehr erfüllenden Orgasmus. Unmittelbar danach trifft die Nachricht ein, dass Sie zehn Millionen Euro im Lotto gewonnen haben. Das könnte Ihnen ein deutliches Glücksgefühl verschaffen, weil Sie sich damit bestimmte Wünsche erfüllen wollen – und zwar ein Glücksgefühl unmittelbar nach dem positiven Gefühl des Orgasmus. Und dies, ohne deswegen zwangsläufig vorher unter einem Mangel gelitten zu haben, der sich in negativen Gefühlen äußerte. Dem Vergnügen oder anderen positiven Gefühlen können also sowohl negative Gefühle wie auch positive oder neutrale Gefühlszustände vorausgehen.
Das positive Gefühl ist eine kontingente subjektive Erlebnisqualität sui generis , kontingent auch insofern, als sie ohne logisch notwendigen Bezug zu anderen Gefühlen ist. [82]
Fehler 3:
Durch Gefühle werden Werte zwar erfühlt, ihr Wert liegt jedoch in der Sache selbst, bzw. ihr Wert liegt in den (Wert)Ideen, durch die wir Werte erfassen (M. Scheler, N. Hartmann [83] ).
Kommentar:
Zieht man das Ang enehm- oder Unangenehmsein der Gefühle aus unseren Wertwahrnehmungen ab – seien es nun objektive Dinge, Eigenschaften, Verhältnisse oder Ereignisse oder als an-sich-seiend verstandene Wertideen (etwa im Sinne von Platons „Ideenreich“) –, verschwindet damit auch ihr Wertvollsein.
Übrig bleiben bloße Dinge oder leere Wertideen. Eine Ausnahme davon machen nur Werte als Mittel (z.B. Medikamente, Werkzeuge, Geld), die allerdings im strengen Sinne nur dann Werte sind, wenn sie auch tatsächlich zu gefühlten Werten führen. Objektives Wertvollsein an Dingen und Ideen lässt sich schlechterdings nirgends aufweisen.
Fehler 4:
Gefühle unterscheiden sich grundsätz lich von Stimmungen, Affekten und Emotionen.
Kommentar:
Gefühlen, Stimmu ngen, Affekten, Emotionen ist – bei aller Verschiedenheit – eine wesentliche und ausschlaggebende Eigenschaft gemeinsam: ihr Angenehm- oder Unangenehmsein. Könnte man das Angenehm- und
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