Die Kreatur
Was heißt, dass Ihre Einsamkeit … einzigartig ist.«
22
Die andere Ella , ein Restaurant mit Barbetrieb in dem Viertel, das unter dem Namen Faubourg Marigny bekannt ist, einer Gegend, die jetzt so schrill und wehmütig ist, wie es das French Quarter früher einmal war, gehörte einer Frau namens Ella Fitzgerald, die den Laden selbst führte. Sie war nicht die berühmte Sängerin. Sie war eine ehemalige Nutte und Puffmutter, die den Lohn des Fleischs in weiser Voraussicht gespart und klug angelegt hatte.
Carson und Michael befolgten Aubrey Picous Anweisungen und sagten dem Barkeeper, sie wollten Godot sprechen.
Eine ältere Frau stellte das Bier hin, an dem sie sich festgehalten hatte, drehte sich blitzschnell auf ihrem Barhocker um und fotografierte die beiden mit ihrem Handy.
Carson sagte ärgerlich: »He, Oma, ich bin keine Touristenattraktion. «
»Fick dich ins Knie«, sagte die Frau. »Wenn ich genau wüsste, dass eine Touristenkutsche in der Nähe ist, dann würde ich dich auf die Straße schleifen und einem Maultier deinen Kopf in den Arsch rammen.«
»Wenn ihr Godot sprechen wollt«, erklärte der Barkeeper, »dann kommt ihr nur über Francine an ihn ran.«
»Du bedeutest mir weniger«, versicherte die alte Frau Carson, »als das Abendessen, das ich letzte Nacht ausgekotzt habe.«
Während sie das Foto an jemand anderen weiterleitete, grinste Francine Michael an. Ihre Zähne hatte sie sich wohl von einem Monster aus dem Sumpf geborgt.
»Carson, erinnerst du dich noch daran, wie du heute Morgen in den Spiegel geschaut hast und dir gar nicht gefallen hat, was du siehst?«
Sie erwiderte: »Urplötzlich komme ich mir bildhübsch vor.«
»Mein ganzes Leben lang«, sagte Francine zu Carson, »habe ich Mädchen wie dich mit kecken Brüsten gesehen, und nicht eine einzige von euch Fotzen hatte ein Gehirn, das größer war als eine Erbse.«
»Da irren Sie sich gewaltig«, sagte Michael zu ihr. »Meine Freundin hat sich wegen einer Wette einer Computertomographie unterzogen, und ihr Gehirn ist so groß wie eine Walnuss. «
Francine bedachte ihn mit einem weiteren Lächeln und zeigte ihre abgebrochenen gelben Zähne. »Du bist echt süß. Dich könnte ich glatt vernaschen.«
»Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte er.
»Denk daran, was letzte Nacht aus ihrem Abendessen geworden ist«, rief ihm Carson ins Gedächtnis zurück.
Francine legte ihr Handy hin und nahm ein BlackBerry von der Bar, auf dem sie gerade eine Nachricht erhielt, offenbar eine Reaktion auf das Foto.
Michael sagte: »Du hast’s ja wirklich mit dem neuesten technischen Schnickschnack, Francine, damit du voll im Infostrom schwimmst.«
»Du hast einen hübschen straffen Hintern«, sagte Francine. Sie legte das BlackBerry wieder hin, rutschte von ihrem
Barhocker und sagte: »Komm mit, Süßer. Und du auch, Miststück. «
Michael folgte der alten Frau, warf einen Blick zurück auf Carson und sagte: »Komm schon, Miststück, das wird bestimmt lustig.«
23
Um beim Auffinden und der anschließenden zügigen Hinrichtung der Detectives O’Connor und Maddison behilflich zu sein, hatte Dooley Snopes, einer von Victors Leuten, am Motorblock ihres Dienstwagens einen Transponder mit Magnethaftung angebracht und Strom vom Batteriekabel abgezapft, während der Wagen vor O’Connors Haus geparkt war und sie den Sommermorgen verschlafen hatte, ohne sich etwas Böses dabei zu denken.
Dooley war nicht als Mörder programmiert worden, doch er wünschte, es wäre so gewesen. Stattdessen war er im Grunde genommen nichts weiter als ein Schnüffler mit großen technischen Kenntnissen.
Cindi Lovewell fuhr an Dooley vorbei, der in seinem geparkten PT Cruiser im Faubourg Marigny saß. Die Lovewells hatten einen Geländewagen zugeteilt bekommen – einen Mercury Mountaineer mit dunkel getönten Scheiben –, der den diskreten Abtransport von Toten erleichterte.
Cindi mochte den Wagen nicht nur deshalb, weil er einen starken Motor hatte und sich gut fahren ließ, sondern auch, weil er reichlich Platz für die Kinder bot, nach deren Herstellung in Eigenregie sie lechzte.
Wenn sie mit ein paar Leichen zur Mülldeponie Crosswoods im Norden von Lake Pontchartrain hinauffahren mussten, wäre
der Ausflug doch gleich viel schöner, wenn sich daraus ein Abenteuer für die ganze Familie gestalten ließe. Sie könnten unterwegs anhalten und Picknick machen.
Benny saß auf dem Beifahrersitz und behielt den roten Punkt im Auge, der auf dem Bildschirm des
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