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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Nowicki
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mich geweckt hat“, wandte Ursula ein, der das plötzliche Lob und die Aufmerksamkeit aller unangenehm waren. Auch Ludger lobte sie und legte kurz seinen Arm um ihre Schulter. Er und der Knecht machten sich gleich daran, die Türe wieder freizuschaufeln, während Ute und Ingrid sich daran machten, den morgendlichen Brei zu bereiten. Ursula stand noch immer bei Ester. „Komm, Ursula, bring mich wieder auf mein Lager. Langsam wird es mir kalt, und du bist auch schon ganz verfroren. Lass mich noch ein wenig ruhen, und geh du und zieh dir etwas an“, sagte die Großmutter und erlöste Ursula aus der Situation. „Ja, ja, geh nur“, sagte nun auch Ingrid. „Ute und ich machen das hier schon.“ So war Ursula ihrer allmorgendlichen Aufgabe entbunden. Sie brachte Ester zu ihrem Lager, deckte sie zu und ging dann selbst zu ihrem Bett. Sie konnte der Versuchung nicht widerstehen und legte sich noch einmal hin, wickelte ihre Decke fest um die Füße und versuchte sich ein bisschen aufzuwärmen. So ein Glück. Der Bauer hatte sie gelobt. Wenn sie ihn nicht verärgerte, würde sie vielleicht an Achtung gewinnen. Fest nahm sich Ursula vor, künftig besonders fleißig zu sein.
    Zwei Tage wütete der Sturm. Ursula fühlte sich eingeschlossen, und den anderen ging es ebenso. Die Kinder sprangen planlos durch die Stube wie Vögel in einem Käfig, und die Erwachsenen saßen entweder mürrisch in einer Ecke oder liefen von Wand zu Wand. Abwechslung brachten nur die notwendigen Arbeiten und die wenigen, kurzen Ausflüge nach draußen. Als der Bauer am Morgen des dritten Tages die Türe aufstieß, strömte auf einmal goldenes Licht in die Stube. Trotz der Kälte hielt es niemanden daraufhin im Haus. Selbst Ester kam bis an den Türstock heran und blinzelte mit zusammengekniffenen Augen in die Winterwelt. Die Sonne schien an einem hellblauen Himmel herab auf eine fremde, strahlend weiße, kalt glitzernde Welt. Das Licht schmerzte nach all den Tagen im Halbdunkel des Hauses in den Augen, aber Ursula konnte sich nicht sattsehen an der völlig veränderten Umgebung. Wenn man die Schneegassen des Hofes, über deren Wände sie kaum hinwegsehen konnte, verließ, und sich im Schnee etwas nach oben arbeitete, breitete sich vor einem die Landschaft aus. Da gab es keine Ecke, Kante und nichts Spitzes. Alles floss weich ineinander über. Die Sonne malte hinter den Bäumen blaue Schatten auf die weiße Fläche. Die Luft war klar, frisch und ohne jegliche Gerüche. Der Schnee dämpfte alle Geräusche, und Ursula, die sich noch einige Schritte vorwärts durch den knietiefen Schnee gearbeitet hatte, hörte den Rest schon fast nicht mehr. Sie sah sich um.
    Alles war unnatürlich starr und still. Keine noch so kleine Bewegung konnte sie entdecken, kein Vogel in den Ästen oder am Himmel. Tief atmete sie die kalte Luft ein. Das Fehlen irgendeines Reizes für ihre Nase verwunderte sie, gleichzeitig genoss sie aber diese klare Reinheit. Um zu überprüfen, ob sie überhaupt noch riechen konnte, hielt sie sich den Ärmel ihres Kleides unter die Nase. Angewidert verzog sie das Gesicht. Ihr Kleid roch nach Rauch, Körperausdünstung, Essen und Vieh.
    „Ursula! Ursula! Komm sofort zurück!“ Ingrid rief streng. „Es gibt genug zu tun, auf jetzt.“
    Gehorsam ließ Ursula die Winterlandschaft hinter sich liegen und kehrte zurück auf den Hof. Drinnen wurden die Arbeiten verteilt. Als erstes musste das Haus von der kalten Umklammerung befreit werden. Dazu zogen sich alle so warm wie möglich an, bewaffneten sich mit etwas, das nützlich zum Schneeschaufeln schien, und gingen nach draußen. Die Männer stiegen erneut auf das Dach, und der Rest bemühte sich den Hof freizuräumen. Das Wichtigste war, Platz zu schaffen und kleine Gräben zu ziehen, in denen eventuelles Schmelzwasser abrinnen konnte. Die Plackerei dauerte länger als der Vormittag. Mittags konnten Ester und Ursula den Bauern dazu überreden, für kurze Zeit die verstopften Fenster zu öffnen, um das Haus zu lüften. Anschließend schüttelten Ute und Ursula sämtliche Decken und Felle draußen aus und ließen sie dann noch eine Weile über dem Gatter hängen, in der Hoffnung, alles Ungeziefer würde in der Kälte eingehen. Auch das Stroh der Lager wurde erneuert. Als am Nachmittag dann wieder alle Öffnungen verschlossen wurden und das Herdfeuer größer als sonst den Raum wieder heizte, war das Haus erfüllt vom Duft nach frischem Stroh und Heu. Der Rauch zog nun wieder besser ab, und allen

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