Die Kreuzweg-Legende
langer Zeit war die Burg einmal von marodierenden Banden aus dem Osten zerstört worden. Man hatte sie nie wieder aufgebaut, und ihr Besitzer, ein Landgraf, war geflohen. Die Horden waren weitergezogen, der Landgraf kam zurück, fand seine Burg und tat einen fürchterlichen Schwur, als er seine tote Tochter am Wegrand fand.
Man hatte sie mißbraucht und gefoltert. Dieser Augenblick war bestimmend für das weitere Leben des Landgrafen gewesen. Er, der bisher auf die Kirche und auch den Menschen vertraut hatte, führte eine Kehrtwendung durch und wandte sich dem zu, der in den tiefsten Schlünden der Verdammnis sein Reich aufgebaut hatte. Dem Teufel!
Ihm schwor er Treue, ihm würde er dienen und sich an denen rächen, die das Schreckliche nicht verhindert hatten.
Er tat den Schwur in seiner Burg. In einer finsteren Nacht geschah dies ohne Zeugen. Und die Trümmer seines einsam stehenden Wohnsitzes schwiegen.
Einen Schwur, den der Teufel unterzeichnet hatte, konnte kein Mensch brechen. Nur der Satan persöhnlich, und der dachte nicht daran, so lange er noch einen Diener besaß, den er für seine Zwecke einspannen konnte.
Die Menschen hatten versucht, den Reiter zu töten. Es war ihnen nicht gelungen, weil die Kraft des Teufels eben so übermächtig war. Als Untoter hatte der Reiter lange Zeit versteckt gelegen und darauf gewartet, bis seine Stunde kam.
Die Jahrhunderte waren vergangen. Generationen wurden geboren, starben wieder, das Land erlebte Schreckliches, aber die Trümmer der Burg blieben bestehen.
Und auch die Räume unter den Trümmern.
Unheimliche, alte, modrige, stinkende Verliese, vom Pesthauch des Grauens durchweht. Verstecke für Ratten und anderes Getier. Genau die richtige Umgebung für den unheimlichen Reiter, wenn er sich tagsüber in seine Verstecke zurückzog.
Er hatte sich einen besonderen Raum ausgesucht. Als die Burg noch stand, hatte er dort seine Experimente durchgeführt, sich als Magister betätigt und versucht, die Wissenschaft mit der Magie zu vermengen, um Gold herzustellen.
Das war ihm nicht gelungen, aber den Kontakt mit dem Teufel hatte er erhalten.
Die unterirdischen Räume schwiegen. Kein Atem durchwehte sie, und wenn, war es der Odem des Teufels.
Hier lauerte die ewige Kälte. Kein Sonnenstrahl drang in die Tiefe, um das lichtlose Dunkel zu erhellen.
Und doch gab es plötzlich Licht. Zunächst war es nur eine kleine Flamme, die auftanzte und eine rötlichgelbe Insel in die Dunkelheit riß. Sie brannte erst ruhiger, als sie den schmalen Kerzendocht gefunden und dort ihre Nahrung bekommen hatte.
Auf dem schmutzigen Boden stand die Kerze. Direkt neben einem Lager, auf dem der Reiter seinen Platz gefunden hatte. Er hatte gespürt, daß die Nacht allmählich kam und war demzufolge erwacht. Die Finsternis war sein Labsal. An ihr könnt er sich ergötzen, sie lieferte ihm die Kraft, die er brauchte, um seine furchtbaren Taten durchzuführen.
Bisher hatte er sich allein gezeigt. Ab heute sollte sich dies ändern, denn es gab Helfer.
Unheimliche Gestalten, längst vermoderte, aber lebende Leichen, die in den Gräbern bei der zerstörten Burg lagen und darauf warteten, daß sie geholt wurden.
In dieser Nacht war es soweit.
Der Reiter erhob sich von seinem Lager. Er bewegte sich sehr langsam, wie ein Mensch, der nach einem langen tiefen Schlaf aufwacht und sein Bett verlassen will.
Für einen Augenblick streckte sich sein Körper. Er schüttelte den Schädel und nahm seinen Hut hoch.
Grauschwarz wirkte sein Gesicht. Es war eine fleckige Fratze, schlimm anzusehen, mit tief in den Höhlen liegenden Augen, die nur mehr aus einer schwammigen Masse bestanden. Er trug noch seine alte Kleidung: Wams, Mantel, Beinleder hohe Stiefel.
Nichts war vermodert, nichts war vergangen…
Auch sein Pferd nicht, das ebenfalls in den Kreislauf Schwarzer Magie hineingeraten war. Jedesmal, wenn er erwachte, dachte er wieder an die Szene, als die Menschen ihn gehängt hatten. Was waren sie froh gewesen, doch nun hatte sich einiges geändert.
Er war zurückgekommen und würde genau dort weitermachen, wo er aufgehört hatte.
Es gab Mädchen in den Dörfern der Umgebung. Sie waren sogar noch schöner geworden als früher. Der Reiter freute sich darauf, sie an sich ziehen und mitreißen zu können. In seine zerstörte Burg wollte er sie entführen, ihre Seelen dem Teufel überlassen und sich nur mit den Körpern beschäftigen.
Anschließend wollte er sie dann einreihen in die kleine Gruppe der
Weitere Kostenlose Bücher