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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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August die Interessen seines Königreichs denen des Kreuzzugs überordnete.
    [482] Was auch Philipp Augusts Motive gewesen sein mögen, eines stand fest: Die Umstände seines Aufbruchs schadeten ihm eher. Selbst einige der schärfsten Kritiker Richards missbilligten die überstürzte Abreise des Königs von Frankreich. Noch verschlimmert wurde die Situation dadurch, dass die große Mehrheit der französischen Aristokratie beschloss, im Heiligen Land zu bleiben; nur Philipp von Nevers begleitete den Exodus des Souveräns. Sein Rückzug führte unter den Zeitgenossen zu weit verbreiteter Kritik an seiner Person. Auch ein moderner Kommentator merkt an, dass »seine Leistungen als Kreuzfahrer sein Ansehen auf Dauer beschädigten«, aber das sollte uns nicht den Blick dafür verstellen, dass Philipp August durchaus seinen Beitrag zum Gelingen des dritten Kreuzzugs geleistet hat. Es gab im Mittelalter in der lateinischen Christenheit genügend Könige, die ein Kreuzzugsgelübde ablegten und nie einen Fuß in das Heilige Land setzten – darunter auch Richards eigener Vater, der viel gerühmte Heinrich II. von England. Vielleicht hat Philipp August nicht gerade geweint, wie einer seiner treuen Anhänger es uns glauben machen will, als sein Schiff schließlich in Richtung Westen Segel setzte. Doch er hatte in jedem Fall die Sache des heiligen Krieges vorangebracht. 17
    Für Richard Löwenherz war die Ankündigung der unmittelbar bevorstehenden Abreise Philipp Augusts in fast jeder Hinsicht ein Segen. Er musste zwar jetzt die finanzielle Last der gesamten Unternehmung allein schultern, doch seine Taschen waren dafür groß genug. Wenn der französische König nicht mehr da war, konnte Löwenherz das Heft der Kontrolle über den Kreuzzug allein in die Hand nehmen. Und da praktisch das gesamte Kontingent der französischen Kreuzfahrer unter dem Oberbefehl Hugos von Burgund in der Levante blieb, war auch das lateinische Heer ungeschwächt. Für Richard bot sich nun die Möglichkeit, den Mythos seiner Person in der großen Arena des heiligen Krieges aufzubauen, und umgehend ergriff er die Initiative.
    Als Erstes suchte er eine gute Lösung im Streit um das weitere Schicksal des Königreichs Jerusalem. Philipp Augusts Aufbruch stand unmittelbar bevor, und nun, am 26. Juli, wurde der politisch isolierte Konrad von Montferrat gezwungen, sich, wenn auch widerwillig, dem englischen König zu unterwerfen. Er sollte sich an die Entscheidung eines Versöhnungskonzils halten, das unweigerlich den Interessen Richards folgen würde. Zwei Tage später taten beide Könige ihre Entscheidung [483] kund: Guido von Lusignan sollte zeit seines Lebens König bleiben. Die Einkünfte aus seinem Reich sollte er mit Konrad teilen, und nach seinem Tod sollte die Krone auf diesen übergehen. Konrad sollte schon gleich die erbliche Herrschaft über Tyros, Beirut und Sidon erhalten. Falls Guido und Konrad sterben sollten, fiel die Königswürde an Richard Löwenherz.
    Als diese Verhandlungen beendet waren, wandte sich Richard dem einzigen echten Problem zu, das sich für ihn aus Philipp Augusts Rückkehr nach Europa ergab. Die beiden Monarchen hatten ja sehr penibel darauf geachtet, gleichzeitig in die Levante aufzubrechen, gerade weil keiner von beiden sicher sein konnte, ob nicht der andere sein eigenes Land in seiner Abwesenheit angreifen würde. Wenn Philipp August erst wieder in Frankreich angekommen war, dann war die Herrschaft der Anjou bedroht. Richard tat sein Bestes, um dieser Gefahr entgegenzuwirken, und überredete Philipp August, einen sehr genau formulierten Friedenseid abzulegen, was dieser am 29. Juli auch tat. Ganz nach überkommener Sitte hielt der Kapetinger eine Abschrift der Evangelien in der einen Hand und berührte mit der anderen Hand Reliquien, um die heilige, bindende Gewalt seiner Versprechen zu unterstreichen. Während Richard sich noch auf dem Kreuzzug befand, sollten keinerlei Angriffe auf angevinische Truppen oder Territorien unternommen werden. Wenn Richard Löwenherz dann nach Europa zurückkehrte, sollte ein Moratorium von 40 Tagen eingehalten werden, bevor es wieder zu Feindseligkeiten kam. Um die Zusage noch weiter abzusichern, wurden Hugo von Burgund und Heinrich von Champagne als Garanten des Abkommens eingesetzt.
    Am 31. Juli 1191 segelte Philipp August zusammen mit Konrad in Richtung Norden nach Tyros, mit sich führte er auch die Hälfte der Gefangenen der Garnison Akkons; und wenige Tage später verließ der König

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