Die Kreuzzüge
Kilometer nördlich von Haifa, wo sich der größte und am besten geschützte Hafen Palästinas befand. Im Verbund mit einer 70 Schiffe starken Genueser Flotte setzte er zu einer aggressiven Belagerung an, und da die muslimische Garnison von der Möglichkeit abgeschnitten war, von den Ägyptern unterstützt zu werden, kapitulierte sie bald und bat um dieselben Übergabebedingungen, die auch Arsuf gewährt worden waren. Balduin willigte gern ein; er gestattete es muslimischen Bürgern sogar, gegen Entrichtung einer Art Kopfsteuer in Akkon zu bleiben. Mit nur geringen Verlusten an Menschenleben hatte er einen großen Gewinn erzielt – einen Hafen, der unabhängig von den Wetterbedingungen recht sicheres Ankern erlaubte und außerdem als ständig offener Kanal für Kommunikation und Handel mit Westeuropa genutzt werden konnte. 8 Schon nach kurzer Zeit war Akkon zur Hauptstadt des Handels für das lateinische Königreich aufgestiegen.
In den nächsten Jahren fuhr Balduin fort, seine Herrschaft über die Mittelmeerküste allmählich zu erweitern und zu festigen. Beirut wurde im Mai des Jahres 1110 eingenommen, diesmal mit der Hilfe von Schiffen aus Genua und Pisa. Im selben Jahr nahm Balduin sich Sidon vor, das dem fränkischen König eine Zeitlang üppige Abgaben in Form von Gold gezahlt hatte, um einem Angriff vorzubeugen. Mit der tatkräftigen Unterstützung einer großen Gruppe kürzlich eingetroffener norwegischer Kreuzfahrer unter ihrem jungen König Sigurd begann Balduin im Oktober mit der Belagerung von Sidon und erzwang Anfang Dezember die Kapitulation, auch diesmal wieder mit dem Versprechen freien Abzugs und der Möglichkeit, dass ein bestimmter Anteil der muslimischen Bevölkerung zurückbleiben und das Land unter lateinischer Herrschaft bearbeiten durfte.
Im Lauf dieses ersten Jahrzehnts verschaffte Balduin I. seinem aufstrebenden [142] Königreich ein beträchtliches Maß an territorialer Sicherheit, und er schuf eine lebenswichtige Verbindungslinie zurück zum christlichen Westen. Zwei Städte allerdings entzogen sich seinem Zugriff. Im Norden blieb der stark befestigte Hafen von Tyros, der Akkon von Sidon und Beirut trennte, als störrischer muslimischer Vorposten uneinnehmbar; eine massive fränkische Belagerung im Jahr 1111 überstand die Stadt hauptsächlich deswegen, weil ihr Emir sein Bündnis mit Ägypten aufgab und auf Damaskus verlagerte, was ihm wertvolle Verstärkung sicherte. Balduin konnte die Stadt nicht einnehmen und isolierte sie daher, indem er Festungen errichtete: landeinwärts bei Toron und südlich entlang der Küste an dem engen Klippenpass Skandelion.
Und im Süden bekam Balduin Askalon nicht zu fassen. Im Frühjahr 1111 drohte er die Stadt zu belagern, was ihren damaligen Emir, Shams al-Khilafa, so in Schrecken versetzte, dass er sich auf bemerkenswerte Weise politisch umorientierte. Zunächst erkaufte er sich den Frieden mit dem Versprechen, 7000 Dinare als Tribut zu entrichten. Als al-Afdal, der fatimidische Wesir von Ägypten, diese Pläne von Kairo aus vernehmlich missbilligte, entschied al-Khilafa, dass die für ihn günstigsten Chancen auf politisches Überleben wohl in einem dramatischen Umschwung seiner Gefolgstreue liegen dürften. Er brach die Beziehungen zum fatimidischen Kalifat ab und begab sich nach Jerusalem, um mit Balduin ein neues Abkommen auszuhandeln, und nachdem er dem lateinischen Königreich Treue geschworen hatte, durfte er als halb-unabhängiger stellvertretender Herrscher an der Macht bleiben. Bald darauf wurde eine christliche Garnison von 300 Mann in Askalon eingerichtet, und einige Monate lang hatte es den Anschein, als habe Balduin so auf ganz pragmatische Weise endlich den Übergang von Ägypten nach Palästina verriegelt. Doch der unglückliche Shams al-Khilafa überlebte diesen Sommer nicht lang. Eine Gruppe von Berbern aus Askalon, die den Fatimiden nach wie vor ergeben waren, griff ihn bei einem Ausritt an. Er konnte schwer verwundet in sein Haus fliehen, doch dort wurde er aufgespürt und erschlagen. Bevor König Balduin zu Hilfe eilen konnte, wurde die christliche Garnison auf gleiche Weise niedergemacht. Al-Afdal erneuerte dann, nachdem man ihm den Kopf von al-Khilafa hatte zukommen lassen, die fatimidische Herrschaft über Askalon. 9
[143] Im Dienst der Krone
Balduin I. bewies in seiner Rolle als König eines sich ausdehnenden Reiches ein Talent für energisches Regiment. Während der ersten Phase seiner Herrschaft legte er großen Wert
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