Die Krieger 1 - Das Erbe der Magier
entsprach, stand Eryne allein in ihrem Zimmer im Schloss des Grafen von Sarcy und spürte, wie die Traurigkeit wieder an ihr zu nagen begann. Rasch schlüpfte sie ins Bett und verkroch sich unter dem Berg samtweicher Kissen und Decken, als könnte sie damit ihrem Kummer entkommen. Doch kaum fiel sie in einen unruhigen Schlaf, träumte sie von widerlich schmutzigen Gängen, drei Fuß langen Ratten und bedrohlichen Gestalten, die ihre Eltern einem düsteren Schicksal entgegenführten. Endlich erlöste sie der Morgen, und natürlich hatte der Graf dafür gesorgt, dass ihr das Aufwachen versüßt wurde.
Der Reigen der Dienerinnen begann mit dem Auftritt eines Zimmermädchens, das die Vorhänge halb öffnete, damit sich Eryne langsam an die Helligkeit gewöhnen konnte. Danach erschien der Haushofmeister höchstpersönlich, um sich nach ihren Wünschen für das Frühstück zu erkundigen. Ihm folgten zwei Kammerzofen, die eine kupferne Badewanne mit warmem, parfümiertem Wasser füllten. Darauf hatte sich Eryne schon so lange gefreut, dass sie sich genießerisch ins Badewasser gleiten ließ, sobald der Wandschirm aufgestellt war.
So blieb sie eine ganze Weile liegen, bis Nolan vorbeikam, um ihr einen guten Morgen zu wünschen. Als ihr klar wurde, dass ihr Bruder womöglich noch vor ihr erfahren würde, was Robans Nachforschungen ergeben hatten, stieg sie widerwillig aus der Wanne. Dann galt es, eine weitere wichtige Entscheidung zu treffen: Was sollte sie anziehen? Der Graf hatte ihr fünf verschiedene Kleider auf das Bett legen lassen, eins kostbarer als das andere, und Eryne fand sie alle gleich schön.
Schließlich wählte sie ein meergrünes Kleid mit Turnüre, das gut zu ihrer Augenfarbe passte und dessen Schnitt ihre schmale Taille betonte. Das einzige Problem war das Mieder: Es lag so eng am Körper an, dass sie ihren Anhänger nicht darunter verbergen konnte, ohne den Stoff auszubeulen. Also beschloss sie, das schlichte Schmuckstück offen auf der Brust zu tragen. Es kam ihr zwar wie ein Schandfleck auf dem prächtigen Kleid vor, aber sie hatte ihren Eltern geschworen, es niemals abzulegen, nicht einmal beim Baden. Und dieses Versprechen würde sie nach allem, was passiert war, ganz gewiss nicht brechen.
Als sie sich mit der Hilfe einer Wäscherin, die flugs zur Kammerfrau befördert worden war, endlich abgetrocknet, angekleidet, frisiert und gepudert hatte, blickte sie wieder zuversichtlicher in die Zukunft. An einem solchen Tag konnten sie nur gute Nachrichten erwarten!
Nolan und Roban von Sarcy warteten im Speisesaal auf sie. Der ausladende Tisch war mit Kerzen, Blumen und Silbergeschirr so festlich geschmückt, als wollte ihr Gastgeber statt eines einfachen Frühstücks ein Diner servieren. Trotz dieses etwas übertriebenen Aufwands wusste Eryne die Aufmerksamkeit zu schätzen. Sie ließ sich sogar etwas inniger die Hand küssen, als es sich eigentlich schickte, so sehr schmeichelte es ihr, wie Eurydis höchstpersönlich behandelt zu werden.
»Meine Liebe, Eure Schönheit raubt mir den Atem!«, rief der Graf und starrte sie verzückt an. »Ach, könnte ich mich doch jeden Morgen in diesem Glänze sonnen!«
»Das Kompliment gebührt allein Euch, Roban, denn Ihr scheint genau zu wissen, was eine Frau kleidet. Ich nehme an, dass Ihr einen armen Kleidermacher aus dem Bett geholt habt, um mir diese reizende Auswahl zu bieten?«
»So ist es. Ich bat meine Lakaien, Eurem geschätzten Bruder denselben Dienst zu erweisen, doch offenkundig haben sie weniger Geschick darin bewiesen, etwas nach seinem Geschmack zu finden.«
»Das hat nichts mit Euren Geschenken zu tun«, widersprach Nolan verlegen. »Mein Gelübde verpflichtet mich, das Novizengewand zu tragen.«
»Aber natürlich, daran hätte ich denken müssen. Nun, das macht nichts. Ich werde die Anzüge in das Haus Eurer Familie bringen lassen, dann könnt Ihr sie tragen, wann es Euch beliebt, sobald Ihr in die Priesterschaft aufgenommen seid.«
Zum Dank nickte Nolan knapp. Eryne hingegen schnaubte wütend. Wie konnte er ihren liebenswürdigen Gastgeber nur so kühl behandeln! Nachdem Roban ihr den Stuhl zurechtgerückt hatte, setzte sie sich und platzte sofort mit der Frage heraus, die ihr auf der Zunge brannte.
»Wie sieht es aus, Roban, habt Ihr etwas über unsere Eltern in Erfahrung bringen können? Haben Eure Männer etwas herausgefunden?«
Die Miene des Grafen verdüsterte sich sichtlich, was nicht gerade zu ihrer Beruhigung beitrug.
»Wir sprachen
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