Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen
zunächst geholfen, ruhig Blut zu bewahren. Doch dann war er wieder zu einer mordenden Bestie geworden und hatte mit kaltblütiger Grausamkeit gekämpft, ohne zwischen Freund und Feind zu unterscheiden.
In eine solche Lage durfte er sich nie wieder bringen, denn beim nächsten Mal würde es vielleicht nicht so glimpflich ausgehen. Verstört und traurig wie er war, fühlte er sich zu allem bereit, um das Chaos in seinem Kopf in den Griff zu bekommen. Einen ersten Schritt hatte er getan: Er hatte den Mut aufgebracht, Niss um Hilfe zu bitten, und erstaunlicherweise war sie sofort einverstanden gewesen. Da er bei ihrem letzten Gespräch nicht gerade einfühlsam gewesen war, hatte er eigentlich mit einer Abfuhr gerechnet, aber zum Glück hatte er sie falsch eingeschätzt. Jetzt konnte er es kaum noch erwarten, sich wieder unter vier Augen mit ihr zu unterhalten. Zusammen würden sie den Kampf gegen den Dämon in seinem Innern aufnehmen, wie auch immer er ausgehen mochte.
Leider musste er sich noch eine Weile gedulden, denn die anderen versammelten sich in stillschweigendem Einverständnis zu einer weiteren Besprechung – das Ganze hatte etwas von einem Kriegsrat. Eryne und Nolan setzten sich zu Zejabel auf das Bett, während sich Niss kurzerhand neben die Zülegte. Bowbaq zwängte sich in eine Ecke und saß mit seiner Halskrause so steif und gerade da, dass er noch größer wirkte als sonst, und Cael nahm wohl oder übel auf einem kleinen Hocker Platz. Wenig später stießen Amanon und Keb zu ihnen und lehnten sich an die Wand.
Alle Blicke waren auf die Verletzte gerichtet, und Cael spürte in diesem kurzen Moment des Schweigens vor allem die Erleichterung, die jeder einzelne von ihnen empfand. Sie hatten alle Gefahren überstanden und waren vollzählig auf die
Rubikant
zurückgekehrt, nicht ganz unversehrt zwar, aber immerhin lebend. Goran war nur eine Etappe auf ihrer Reise ins Ungewisse gewesen. Vor ihnen lagen vielleicht noch schwerere Prüfungen.
»Schade, dass wir dieses Schiff aufgeben müssen«, sagte Cael, ohne nachzudenken. »Ich fühle mich wohl hier.«
»Wie meinst du das?«, fragte Bowbaq verblüfft.
Zejabel schwieg, aber trotz ihrer Erschöpfung musterte sie die anderen ebenso neugierig wie Bowbaq. Nachdem Amanon ihnen seinen Plan erklärt hatte, begnügten sich die beiden mit einem zustimmenden Nicken. Ihre Gefährten hatten alles schon besprochen und die nötigen Vorbereitungen getroffen, also gab es nichts mehr zu sagen.
»Und wohin willst du uns führen, Freund Mano?«, fragte Bowbaq. »Ich weiß jedenfalls keinen Rat.«
Amanon sah die anderen hilfesuchend an, aber da sich niemand dazu durchringen konnte, Bowbaq einzuweihen, musste er die Frage selbst beantworten.
»Wir haben vor, Usul aufzusuchen«, sagte er zögernd.
Es war, als wäre plötzlich ein Gespenst in der Kajüte erschienen. Bowbaq schien vor ihren Augen um Jahre zu altern, und Cael hatte sogar den Eindruck, dass seine grauen Haare einen Hauch weißer wurden – aber das bildete er sich sicher nur ein. Jedenfalls war offenkundig, dass dem Arkarier bei dem Gedanken angst und bange wurde.
»Auf keinen Fall«, sagte Bowbaq mit zitternder Stimme. »Dort erwartet uns der sichere Tod! Ich habe es selbst erlebt!«
Geduldig zählte Amanon noch einmal alle Gründe auf, die dafür sprachen, das Wagnis einzugehen. Er war ehrlich genug, auch die Gefahren nicht zu verschweigen, und schließlich ließ sich Bowbaq dazu bewegen, dem Plan zuzustimmen. Auch Bowbaq versetzte die Aussicht, mehr über das Schicksal seiner Familie zu erfahren, in helle Aufregung. Ganz überzeugt war er zwar immer noch nicht, aber die Hoffnung wog stärker als seine Angst.
»Vielleicht schaffen wir es nicht einmal bis zur Insel«, gab er noch zu bedenken. »Beim letzten Mal half uns ein Freund von Grigän aus dem Schönen Land, aber wer weiß, ob er noch lebt?«
»Ich«, meldete sich Cael zu Wort. »Oder zumindest vermute ich es. Vor vier oder fünf Dekaden hat mein Vater einen Brief von Zarbone bekommen.«
»Meiner auch«, bestätigte Amanon. »Sie schreiben sich regelmäßig. Und vor einigen Jahren habe ich den alten Mann sogar auf seiner Insel besucht. Er würde uns sicher ohne zu zögern empfangen. Aber ich halte es für klüger, ihn nicht in die Sache hineinzuziehen. Wie alle unsere Freunde und Bekannten wird er womöglich von der Dunklen Bruderschaft oder sogar von Sombre beschattet.«
»Wir können nur hoffen, dass Phrias’ Anhänger uns nicht bis ins
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