Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen
Niss zu Cael. Dabei konnte er selbst kaum glauben, was er gerade gehört hatte.
»Das stimmt, sein Vater ist ja auch Erjak«, murmelte Bowbaq nachdenklich. »Er könnte die Gabe geerbt haben … Aber ich bin nicht sicher, ob das eine gute Idee ist.«
»Nein, das ist es nicht«, sagte Amanon. »Zumindest nicht jetzt.«
Diese beiden Bemerkungen genügten, um Scham und Empörung in Cael aufwallen zu lassen. Er wusste selbst, dass etwas Gefährliches in ihm schlummerte, aber wenn er die anderen so reden hörte, wollte er ihnen unbedingt das Gegenteil beweisen. Außerdem hatte er ja ohnehin beschlossen, mehr über sein zweites Ich herauszufinden. Er würde alles ausprobieren, was ihm Aufschluss über seinen inneren Dämon geben konnte, so gefährlich es auch sein mochte!
»Sag mir, was ich tun soll«, sagte er zu Niss.
Er hatte mit solchem Nachdruck gesprochen, dass niemand Einspruch zu erheben wagte, doch er spürte genau, wie die Anspannung seiner Freunde wuchs.
»Eigentlich probiert man es zuerst bei einem kleinen Tier aus«, erklärte Niss. »Bei einem Hund, der einem vertraut ist, oder einem Kaninchen. Am besten, du fragst Großvater um Rat.«
Cael sah zu Bowbaq, der sich sichtlich verlegen am Bart kratzte und den Blicken der anderen auswich, bevor er sich schließlich einen Ruck gab.
»Ich weiß nicht so recht, was ich dir sagen soll«, sagte er seufzend. »Üblicherweise dauert es ungefähr zwei Jahre, bis ein Erjak lernt, mit seiner Kraft umzugehen. Andererseits hat dein Vater es innerhalb von wenigen Tagen gelernt, warum solltest du es dann nicht auch schaffen? Beim ersten Mal wird es sicher nicht gleich klappen, aber es ist einen Versuch wert.«
»Also, was soll ich machen?«, wiederholte Cael.
Jetzt, da die Entscheidung getroffen war, wollte er keine Zeit mehr verlieren. Die ständigen Hinweise auf die Begabung seines Vaters begannen ihn allmählich zu nerven. Ein so bedeutender Magier wie Yan aus Eza würde er wohl niemals werden, aber er wollte es wenigstens versuchen.
»Also … Zu Anfang solltest du dich vor allem auf dich selbst konzentrieren. Auch wenn es schwerfällt, musst du versuchen zu vergessen, was einen Menschen und was ein Tier ausmacht. Als gäbe es keinen Unterschied zwischen uns.«
Keb stieß einen halb bewundernden, halb spöttischen Pfiff aus. Cael ging es ähnlich: Wie konnte man etwas so Wesentliches einfach ausblenden?
»Und dann?«, fragte er trotzdem weiter.
»Wenn du das schaffst, hast du schon viel erreicht«, meinte Bowbaq. »Als Nächstes musst du dich darauf konzentrieren, mit diesem Pferd zu sprechen, als würdest du mit einem Menschen plaudern, nur dass du es rein in Gedanken tust.«
»Und weiter?«
»Genauer kann ich es auch nicht beschreiben«, sagte Bowbaq entschuldigend. »Wer die Gabe hat, dem gelingt auch der letzte Schritt: das Eindringen in den Geist des Tieres. Es lässt sich nicht erklären. Ich sehe dabei so eine Art Nebel, aber dein Vater sprach von einem viel komplizierteren Gebilde, einer Skulptur in einer Kugel … Richtig verstanden habe ich es nicht.«
Cael dankte ihm mit einem Nicken, obwohl er nicht das Gefühl hatte, schlauer zu sein als vorher. Hätte Niss ihn nicht mit einem Lächeln ermutigt, hätte er sich wohl kaum neben sie an die Reling gestellt, als wäre er bereits ein Erjak.
»Du nimmst am besten das dritte Pferd«, raunte ihm Niss zu. »Großvater und ich konzentrieren uns auf die vorderen beiden. Schick ihm einfach eine kurze Botschaft wie ›Gefahr‹ oder ›Hunger‹.«
»›Hunger‹?«, wiederholte Cael verdutzt.
»Für ein Tier ist das die schlimmste Bedrohung überhaupt. Das müsste reichen, um es scheu zu machen.«
Daraufhin starrten alle drei zum Ufer hinüber und begannen zu warten. Auf der Gabiere trat Totenstille ein, während die Pferde ihrer Verfolger plötzlich doppelt so laut durch die Nacht zu traben schienen. Obwohl er es für zwecklos hielt, ging Cael innerlich noch einmal Bowbaqs Anweisungen durch.
Menschen und Tiere sind einander ebenbürtig. Alle können miteinander sprechen.
Doch sooft er sich diese Sätze auch vorsagte, er betrachtete die Pferde immer noch als niedere Wesen.
»Da vorne ist es ziemlich hell«, sagte Zejabel, die flussabwärts spähte.
»Bereit?«, fragte Bowbaq. »Gebt Acht, dass ihr euren Geist nicht überanstrengt!«
Die Ermahnung war natürlich vor allem an Niss gerichtet, aber Cael wurde trotzdem von Erregung gepackt. Je näher sie dem hellen Schein kamen, der aus den Fenstern
Weitere Kostenlose Bücher