Die Krieger 4 - Das Geheimnis der Pforte
Fell, das ihn zu erdrücken drohte, zu widerwärtig der Atem aus ihrem aufgerissenen Maul. Der Lemur wollte schon seine tödlichen Krallen in ihn bohren, als es Cael im letzten Moment gelang, seine Arme zu packen und eisern festzuhalten.
Dann bäumte er sich mit aller Macht auf und schleuderte seinen Gegner von sich. Kaum hatte er sich aufgerappelt, donnerte der Lemur seine Pranke auf die Stelle, wo er soeben noch gelegen hatte! Blitzschnell rammte Cael zwei Finger in Richtung seiner Augen.
Der Lemur wehrte den Stoß ab und stürzte sich wieder auf ihn, doch diesmal gelang es ihm nicht, ihn umzuwerfen. Der Dämon im Körper des Jungen bebte vor Wut und Empörung. Er hatte nicht erwartet, dass man ihm derart viel Widerstand leisten würde. War ihm der Lemur etwa ebenbürtig? Unmöglich!
Als er die Kreatur zurückstieß und sich drohend vor ihr aufbaute, sah er im Hintergrund weitere Zweikämpfe auf der Hochebene toben. In maßlosem Wahn versuchten zwei Lemuren, sich gegenseitig zu zerfleischen … Zwei weitere rannten gegen die Sterblichen an, die sie umringt hatten … Die Göttin, die als Einzige tatenlos zusah, schrie einen Namen, den Namen seiner inneren Stimme … Und der Ewige Wächter kam unaufhaltsam näher.
Der Junge spürte keine Angst, nur einen Anflug von Verzagtheit, was der unbezwingbare Eroberer, für den er sich hielt, keinesfalls zulassen durfte. Er hatte sich schon viel zu lange mit dieser unwürdigen Kreatur aufgehalten! Nach einigen Finten und Ausweichmanövern entfesselte er all seine Kraft, packte die Bestie an ihrem widerlichen Fell und schleifte sie zu dem Abgrund, der sich am Rand der Hochebene auftat.
Der Lemur quiekte in Todesangst und schlug wild um sich, doch er schaffte es nicht mehr, sich Caels Griff zu entwinden. Mit grausamer Genugtuung trat Cael zur Kante und schleuderte das zappelnde Wesen in die Tiefe.
Trotz
der Dunkelheit, die sich über das Gebirge senkte, hatten seine Dämonenaugen keine Mühe, dem langen Sturz seines Opfers bis zum Aufprall auf einem spitzen Felsen zu folgen. Genüsslich beobachtete er, wie der halb zerfetzte Körper über einen steinigen Abhang weiterkullerte und schließlich an einem Vorsprung hängen blieb.
Als er aufsah, erkannte er in der Ferne die Heilige Stadt, in der unzählige Feuer loderten. Wilde Freude wallte in ihm auf. So leitete die Verwüstung der großen Tempel also den Beginn seiner Herrschaft ein.
Mit einem breiten Grinsen wandte er sich zu den Sterblichen um, die die Angriffe der Lemuren mehr schlecht, als recht abwehrten. Entschlossen marschierte er auf sie zu. Er würde alle seine Feinde hinwegfegen, bevor der Wächter eintraf.
Sein Zerstörungswerk in dieser berauschenden Nacht des Mordens hatte gerade erst begonnen.
Als Cael unter der Pforte der Etheker auftauchte, keimte Freude in Eryne auf – trotz ihrer ausweglosen Lage. Im ersten Augenblick gingen ihr zahllose Fragen durch den Kopf:
Wie hat er uns hier gefunden? Wo hat er die ganze Zeit gesteckt?
Doch das Glück, ihn wiederzusehen, überwog alles andere. Hauptsache, ihre kleine Gemeinschaft war wieder vollzählig, auch wenn sie kaum eine Chance hatten, den Lemuren lebend zu entkommen.
Erst dann wunderte sie sich über das Verhalten des Jungen. Die fast beiläufige Art, mit der er den ersten Mann erdolchte, die kalte Grausamkeit, mit der er einem zweiten den Arm auskugelte … Da begriff sie, dass Cael noch immer von seiner inneren Stimme besessen war und der schwarze Geist, den sie im Zustand der Entsinnung hatte kommen spüren, sein Dämon gewesen sein musste.
Die Zuversicht, die sein Anblick in ihr geweckt hatte, schmolz dahin wie Schnee in der Sonne. Anstelle eines treuen Gefährten war eine Bestie zu ihnen gestoßen, die mit der gleichen hasserfüllten Besessenheit kämpfte wie die Lemuren. In Ith hätte Cael beinahe Niss umgebracht. Vielleicht war er ihnen bis hierher gefolgt, um seine Mordlust endgültig zu stillen!
Obwohl sie Todesängste ausstand, war Eryne fest entschlossen, ein solches Drama zu verhindern. Sie zitterte am ganzen Körper, als sie den Dolch umschloss, den Zejabel ihr in die Hand gedrückt hatte, und sich zu der besinnungslosen Niss vortastete. Mit Grauen dachte sie daran, dass Niss wieder im Tiefen Traum gefangen sein könnte, aber noch weigerte sie sich, an diese Möglichkeit zu glauben. Nein, das Mädchen war einfach nur vor Schreck ohnmächtig geworden, das war alles. Beinahe beneidete sie Niss darum, dass sie den Angriff der Lemuren nicht mehr
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