Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
legte dem Wallatten eine Hand auf die Schulter und schüttelte entschieden den Kopf. Aus dem Augenwinkel bemerkte Cael, dass sich Nolan und Zejabel einen verstohlenen Blick zuwarfen. Er rechnete schon damit, dass die beiden ein Geständnis ablegen würden, als Nol der Seltsame aus dem Regenvorhang trat, der sie umgab.
Erstaunt stellte Cael fest, dass der Unsterbliche als Einziger nicht nass geworden war. Andererseits würden wohl auch die Kleider der Erben gemäß den sonderbaren Gesetzen, die im Jal herrschten, bald wieder so trocken sein wie zuvor.
»Was ist geschehen?«, fragte Corenn und übernahm damit die Initiative. »Kommen solche Gewitter im Dara öfter vor?«
Der Hüter betrachtete mit gerunzelter Stirn die Inschriften auf der Pforte, bevor er antwortete. »Es gab einmal eine Zeit, da traten sie regelmäßig auf«, sagte er gedankenverloren. »Aber ich habe schon sehr lange keines mehr erlebt.«
»Aber was ist los?«, beharrte Grigän. »Ist das nur eine Laune des Wetters, oder bahnt sich neues Unheil an?«
Der Unsterbliche ließ den Blick über die Erben schweifen, dann sah er dem Krieger in die Augen. »Letzteres, fürchte ich. Ein Gewitter zieht im Dara nur dann auf, wenn in Eurer Welt eine neue Pforte ins Jal vollendet ist. Und das ist soeben geschehen.«
Nolan glaubte zunächst, sich verhört zu haben. Nach allem, was er in den letzten Dekanten erlebt hatte, war das nicht abwegig, denn er war noch immer mit den Gedanken woanders. Doch als er die fassungslosen Gesichter der anderen sah, wurde ihm klar, dass seine Ohren ihn nicht getäuscht hatten, so unglaublich Nols Worte auch klingen mochten.
»Aber … Wie … Wie …«, stammelte er, ohne einen vollständigen Satz über die Lippen zu bringen.
Ihm schossen die wildesten Vermutungen durch den Kopf. Ein ethekischer Stamm könnte fernab der Zivilisation überlebt haben und plötzlich auf die Idee gekommen sein, die Religion seiner Vorfahren Wiederaufleben zu lassen und eine Pforte zu errichten. Oder eine Kette unglaublicher Zufälle hatte dazu geführt, dass sich ein Baumeister unwissentlich die Architektur der Etheker zum Vorbild genommen hatte. Oder noch schlimmer, die Dunkle Bruderschaft hatte ihre Finger im Spiel. Nolan hätte wohl noch mehr solcher Mutmaßungen aufgestellt, wenn Nol ihnen nicht gleich darauf eine Erklärung geliefert hätte.
»Das ist Sombres Werk«, verriet er seinen entsetzten Besuchern.
»Wie könnt Ihr Euch da plötzlich so sicher sein?«, fragte Reyan ungehalten. »Das Gewitter habt Ihr schließlich auch nicht kommen sehen. Hat Euch etwa der Blitz der Erkenntnis getroffen?«
»Der Dämon enthüllt uns nur das, was er enthüllen will«, erklärte Nol. »Wie alle Götter und Dämonen kann er seine Gedanken vor mir verschließen, wenn er ein Geheimnis hüten will.«
»Dann hat er die Vollendung der Pforte sozusagen … offiziell verkündet?«, fragte Amanon. »Um die Alten Götter herauszufordern?«
»Das war nicht nötig. Wir alle haben gespürt, wie sich sein Wesen verändert hat. Jetzt ist er nicht mehr nur der Letztgeborene aus dem Jal. Er ist auch der Ewige Wächter dieser neuen Pforte.«
Die Erben wechselten verständnislose Blicke. Was hatte das zu bedeuten?
»Welchen Vorteil verspricht er sich davon?«, fragte Corenn schließlich. »Hat er an Macht gewonnen?«
»Nein«, antwortete Nol. »Seine Fähigkeiten werden sich nicht mehr ändern. Er wird für immer so bleiben, wie er dem Sinn der Menschen entsprungen ist. Aber er kontrolliert nun gewissermaßen den Zugang zum Jal. Er kann Verbündete aus dem Karu zu sich holen, wann immer er will, und die Götterkinder daran hindern, das Dara auf diesem Weg zu verlassen – zumindest solange er sich in der Nähe der Pforte aufhält. Gezwungen ist er dazu nicht, er kann weiter nach Gutdünken durch die Welt ziehen.«
»Großartig«, sagte Keb bitter. »Das hat uns gerade noch gefehlt.«
»Wie furchtbar«, murmelte Lana.
Nolan wandte sich zu seiner Mutter um, der offenbar ein ähnlicher Gedanke gekommen war wie ihm.
»Deswegen also tötet er die anderen Wächter«, sagte sie. »Er will, dass das Jal nur durch seine Pforte und damit mit seiner Zustimmung betreten oder verlassen werden kann!«
»Das würde ihn zum Herrscher über beide Welten machen«, stimmte Nol zu. »Und das hat er seit jeher angestrebt, so liegt es in seiner Natur.«
»Und Ihr könnt ihn wirklich nicht daran hindern?«, mischte sich Eryne ein. »Immerhin seid Ihr selbst der älteste aller
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