Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
Anbetracht der Lage sollten wir vielleicht zum nächsten Dorf weitergehen«, sagte Corenn. »Die Tuzeener würden sich die Gelegenheit, Kebree gefangen zu nehmen, sicher nicht entgehen lassen. Und ob man uns einen freundlichen Empfang bereitet, wenn wir ohne den Prinzen ins Dorf kommen, ist fraglich.«
»Auf keinen Fall«, knurrte Keb. »Ich will wissen, was hier los ist. Ich gehe nirgendwo anders hin.«
»Aber deine Landsleute scheinen nicht in Gefahr zu sein«, wandte Nolan ein. »Es wäre vielleicht klüger, uns nicht blicken zu lassen.«
»Mein Entschluss steht fest«, beharrte der Wallatte. »Ich muss dort nach dem Rechten sehen. Ihr könnt hier auf mich warten. Macht, was ihr wollt.«
»Das fängt ja gut an«, murrte Grigän.
Die Erben wechselten zweifelnde Blicke. Sie konnten Keb nicht zur Vernunft zwingen, ihn aber auch nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Schließlich sollte er ihnen Saats Schwert beschaffen. Daher versuchten sie erst gar nicht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.
»Wir sollten so tun, als wüssten wir von nichts«, schlug Yan vor. »Wir gehen wie vorgesehen ins Dorf und besorgen uns unauffällig ein paar Pferde.«
»Wenn ich einem Tuzeener über den Weg laufe, ist ein Kampf nicht zu vermeiden«, schnaubte Keb. »Wallatten und Tuzeener waren sich schon immer spinnefeind.«
»Es wird also spannend«, spottete Rey.
»Kannst du uns sagen, wie viele es sind?«, fragte Nolan.
Eryne nickte und schloss kurz die Augen, um in sich hineinzuhorchen. Es war fast erschreckend, wie leicht es ihr inzwischen fiel, sich in den Zustand der Entsinnung zu versetzen. Binnen einer Dezille hatte sie den Geist jedes Sterblichen ergründet, der sich in der Nähe befand – abgesehen von jenen, die durch ein Gwelom geschützt waren.
»Es sind neunzehn«, sagte sie langsam. »Alles Männer. Krieger.«
»Wir sind zu vierzehnt«, überlegte Bowbaq. »Da überlegen sie es sich doch bestimmt zweimal, bevor sie uns angreifen, oder?«
»Wir wissen nicht, wie sie reagieren werden«, gab Amanon zu bedenken. »Wir wissen noch nicht einmal, welchen Empfang die Wallatten ihrem eigenen Prinzen bereiten werden. Bist du sicher, dass du das Wagnis eingehen willst, Keb?«
Keb nickte grimmig. Er hatte die Kiefer aufeinander gepresst und umklammerte den Griff seiner Lowa, als wollte er sie dem erstbesten Tuzeener auf den Schädel schmettern. Für ihn waren diese Erwägungen nur Zeitverschwendung: Wäre er allein gewesen, wäre er längst losgestürmt.
»Na dann«, sagte Amanon widerwillig. »Gebt euch nach außen hin gelassen, aber haltet euch zum Kampf bereit.«
Die Erben setzten sich in Bewegung und formierten sich unwillkürlich so, dass die Schwächeren in Deckung blieben. Eryne wurde von ihrem Vater, Zejabel, Grigän und Bowbaq in die Mitte genommen. Trotzdem konnte sie ein Zittern nicht unterdrücken, als ihr einfiel, dass sie die Einzige war, der die Schwerter der Tuzeener nichts anhaben konnten.
Als die ersten Holzhäuser in Sicht kamen, spürte Cael, wie seine Hände feucht wurden. Dabei fürchtete er sich gar nicht besonders vor den tuzeenischen Kriegern. Schlimm fand er nur die Aussicht, in einen Kampf zu geraten und wieder zu einer mörderischen Bestie zu werden. Seit er das Jal verlassen hatte, konnte er jederzeit einen Anfall bekommen, und da seine Eltern bei ihm waren, machte ihm die Angst vor einem Gewaltausbruch noch mehr zu schaffen. Nicht auszudenken, was geschehen würde, wenn sie ihn festzuhalten versuchten! Als Niss ihm in Ith helfen wollte, hätte er sie beinahe erwürgt …
Cael atmete tief durch und begann seine Schritte zu zählen, um sich abzulenken. Doch er konnte sich der grausamen Bilder, die vor seinem geistigen Auge aufblitzten, nicht erwehren: Er sah schon vor sich, wie er Kebs Feinde in Stücke riss. Seine Kampflust wuchs und wuchs und würde sich in einen wahren Blutrausch verwandeln, sobald seine innere Stimme endgültig erwachte.
Dass er sein Rapier nicht mehr trug, empfand er nicht nur als Erleichterung: Irgendwie wurmte es ihn auch, die Degenscheide nicht mehr an seinem Oberschenkel zu spüren, denn sie hatte ihm immer ein beruhigendes Gefühl gegeben. Aber da er wusste, wie gefährlich er seinen Gefährten werden konnte, wenn er bei einem seiner Anfälle eine Waffe trug, hatte er das Rapier Leti anvertraut, die schließlich auch seine rechtmäßige Besitzerin war. Obwohl seine Mutter ihn nicht gern wehrlos sah, hatten ihre Augen aufgeblitzt, als sie den Griff ihrer
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