Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
Zejabel gelang, sie ihr zu entreißen. So hielt sich die Dämonin zunächst mit Angriffen zurück und beschränkte sich darauf, die Vorstöße ihrer ehemaligen Schülerin zu parieren. Trotzdem musste sich Zejabel davor in Acht nehmen, aufgespießt zu werden. Jetzt bereute sie zum ersten Mal, Cael Saats Schwert ausgehändigt zu haben. Auf dem Felsplateau hatte sie geglaubt, das einzig Richtige zu tun – und ob er nun von einem Dämon besessen war oder nicht, Cael hatte sie vor den Lemuren gerettet. Außerdem hatte er als Einziger nach der Waffe verlangt. Aber nun vermisste Zejabel sie schmerzlich. Zwar war ungewiss, ob ihre magischen Kräfte gegen Zuia gewirkt hätten, aber Zejabel hätte viel dafür gegeben, es auszuprobieren.
Da ihr nichts Besseres einfiel, vollführte sie ein paar harmlose Attacken, mit denen sie sich nicht in Gefahr brachte. So leicht ließ sich die Dämonin jedoch nicht aus der Reserve locken. Ihre Reflexe waren hervorragend, und sie schien immer genau zu wissen, in welche Richtung sie ausweichen musste. Doch Zejabel gab nicht auf. Während sie noch nach einer Schwachstelle suchte, wurde Zuias Grinsen plötzlich breiter, und Zejabel überlief es eiskalt.
»Sieh mal einer an«, sagte die Dämonin mit einem arglistigen Funkeln in den Augen. »Du kannst noch nichts davon wissen, dazu ist es noch zu schwach, zu klein. Ich sehe ein zweites Leben in dir.«
Im ersten Moment verstand Zejabel nicht, was sie meinte, bis sie sah, dass Zuias Blick auf ihren Bauch gerichtet war. Ein Sturm der Gefühle brach über sie herein, und sie bemühte sich krampfhaft, nicht die Fassung zu verlieren. Darauflegte es Zuia doch nur an. Die Dämonin konnte ja nicht wissen, dass sie und Nolan …
Der stechende Blick, mit dem Zuia die Strafende ihren Bauch anstierte, machte ihr Angst, zumal das Grinsen der Dämonin immer höhnischer, immer triumphierender wurde. Falls tatsächlich ein Kind in ihrem Leib heranwuchs, würde Zejabel nicht zulassen, dass die Dämonin ihm schadete oder es gar tötete.
Bei diesem Gedanken durchströmte neue Kraft ihre Glieder und verlieh ihr eine nie dagewesene Stärke. Sie kämpfte jetzt nicht mehr nur für sich selbst. Der Anblick der Dämonin, die versuchte, ihr ungeborenes Kind mit der ganzen Macht ihres unsterblichen Geists zu zerstören, erfüllte sie mit grenzenloser Abscheu, und der Hass, der in ihr aufloderte, ließ sie über sich hinauswachsen.
Sie stieß sich nur leicht mit den Zehen ab und schnellte auf die Dämonin zu wie eine Raubkatze auf ihre Beute. Wie im Traum sah sie die Lanze auf sich zukommen, erst auf ihren Hals, dann auf ihr Gesicht, genauer gesagt, auf ihr Auge. Sie wich der Spitze aus; die Klinge streifte ihre Wange und hinterließ einen tiefen Schnitt. Zejabel verwandelte den Schmerz in geballte Kraft und stieß zu.
Im nächsten Moment war es vorbei.
Zuia lag unter ihrem Knie, einen Dolch im Hals, einen zweiten zwischen den Rippen. Vielleicht wurde die Dämonin in ebendiesem Augenblick auf ihrer Insel im Körper der nächsten Kahati wiedergeboren. Vielleicht war es diesmal aber auch endgültig aus mit ihr: Zejabel wusste von keiner weiteren jungen Frau, die ihre Ausbildung beendet und Anspruch auf den Titel erhoben hatte.
Kurz legte sie sich eine Hand auf den Bauch, dann nahm sie die Lanze und blickte sich im Saal um. Fast hätte sie vor Freude gejubelt, als sie sah, wie sich Nolan und Keb von der Empore abseilten. Sie hatte beobachtet, wie die beiden den Saal verlassen hatten, und war sicher gewesen, dass sie ein Wunder vollbringen würden.
Nun mussten die Erben ihren letzten verbliebenen Feinden gegenübertreten. Der Brut des Karu.
Während ringsherum die Schlacht tobte, versuchte Eryne, das Leid ihrer Gefährten und der Wallatten mit ihrer göttlichen Kraft zu mildern, denn die Qualen der Kämpfenden wuchsen mit jeder Dezille. Zunächst konzentrierte sie sich auf die Schwerverletzten in unmittelbarer Nähe und linderte allein durch ihr Mitgefühl ihre Schmerzen. Doch bald wusste sie nicht mehr, wem sie als Erstes helfen sollte: Immer häufiger sah sie Kebs Männer sterben, ohne dass sie Zeit gehabt hätte, ihnen im Todeskampf beizustehen.
Irgendwann war das Grauen so groß, dass Eryne ihrer Vollendung ein weiteres Stück näher kam.
Es geschah innerhalb weniger Augenblicke. Gerade noch betrauerte sie die Wallatten, die für die Erben in den Tod gingen, und verzweifelte daran, ihnen das Sterben nicht erleichtern zu können, als sie plötzlich spürte, wie
Weitere Kostenlose Bücher