Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
sich ihr Bewusstsein ausdehnte. Wieder ließ sie etwas von ihrer Menschlichkeit zurück und näherte sich der Unsterblichkeit. Auch ihre göttliche Macht wuchs. Nun konnte sie ihre heilenden Kräfte sämtlichen Sterblichen zuteil werden lassen, die auf der Seite der Erben kämpften. Dank der wohltuenden Energie, die sie ihnen sandte, überwanden die Krieger die Erschöpfung und spürten ihre Verletzungen nicht mehr so stark. Und jene, die tödlich getroffen waren, starben mit dem Gefühl, ihr Leben für etwas Sinnvolles hingegeben zu haben.
Mittlerweile gelang es Eryne kaum mehr, ihre Macht zu lenken. Sie wirkte ganz von selbst, wie ein unsichtbarer Lichtkranz, dessen Mittelpunkt sie war. Nur mit Mühe und Not konnte sie ihre Feinde davon ausnehmen. Dennoch ließ sie unwillkürlich auch einigen Grauen Legionären, die im Sterben lagen, etwas Linderung zukommen. Wenn sie erst einmal vollendet wäre, würde sie sich nicht mehr aussuchen können, wem sie mit ihren heilenden Kräften beistand.
Als sie diese neue Stufe der Göttlichkeit erreichte, offenbarte sich ihr ein unermessliches Wissen, obschon sie keine Zeit hatte, darüber nachzudenken. Dabei blitzten Dinge in ihrem Geist auf, die die Erben bisher nur vermutet hatten. Zum Beispiel verstand sie jetzt, warum Cael den Durchgang zum Palast hatte öffnen können - und das war nur ein Bruchteil ihres neuen Verständnisses von der Welt. Im nächsten Moment verflüchtigte es sich wieder. Zurück blieb nur die Gewissheit, dass es irgendwann endgültig zurückkehren würde, falls sie diesen Alptraum überlebte.
Während ihre Gefährten und die Wallatten Agenors letzte Handlanger niederstreckten, glaubte sie kurz, sie könnten es tatsächlich schaffen. Sombre, der immer noch von der Empore auf sie herabblickte, schien zwar unbezwingbar, aber sie hatte auch erlebt, wie stark der Dämon war, der Caels Körper beherrschte. Mittlerweile war sie überzeugt, dass nur Cael der Erzfeind sein konnte, der sie alle retten würde.
Doch all ihre Hoffnungen waren mit einem Schlag zunichte, als die fünf Dämonen mitten im Saal Gestalt annahmen.
Ihre göttliche Wahrnehmung sagte Eryne, dass es sich nur um Avatare der eigentlichen Dämonen handelte, aber das machte sie nicht minder gefährlich. Während sich die fünf nacheinander vor ihren Augen materialisierten und die verbliebenen Wallatten vor Entsetzen aufschrien, blitzten ihre Namen in Erynes Geist auf: K’lur, Yoss, Soltan, Phrias und Valipond, Kinder des Karu, die Sombre zu seinen Vasallen gemacht hatte.
Sombre selbst hatte die Empore inzwischen verlassen. Eryne spürte seine Anwesenheit irgendwo in den angrenzenden Fluren. Und Zuia lieferte sich einen erbitterten Kampf mit Zejabel.
Eryne erstarrte vor Grauen. Das Zusammentreffen so vieler mächtiger Dämonen an einem einzigen Ort war ein erster Vorgeschmack auf die neue Weltordnung, die Sombre errichten wollte. Dies waren die Götter, die die Dunkle Bruderschaft den Menschen aufzwingen würde. Was konnten die Erben schon gegen Valipond ausrichten, die Riesenspinne mit den stachelbewehrten Beinen, oder gegen K’lur, der ganz aus Feuer zu bestehen schien? Wie sollten sie Voss besiegen, den Steinkoloss, oder Soltan, den Vampir mit den Albinoaugen? Und wie sollten sie Phrias entkommen, dem riesigen Satyr mit den Hörnern und Scherenhänden?
Auch ihre Gefährten hatten offenbar alle Hoffnung verloren. Amanon, Bowbaq und Grigän wichen immer weiter zurück und bemühten sich krampfhaft, eine Verteidigungslinie aufrecht zu halten. Nur Cael rührte sich nicht vom Fleck. Er blieb herausfordernd mitten im Saal stehen und zeigte mit Saats Schwert auf Soltan. Doch die schwarze Magie war wirkungslos: Der Vampir mit den stechenden Augen zuckte nicht einmal zusammen. Gegen die Kinder des Karu konnte Saats Zauber nichts ausrichten.
Wie auf Kommando gingen die Dämonen zum Angriff über. Soltan stürzte sich auf Cael, und die beiden begannen einander zu umkreisen. Als die scharfen Krallen des Vampirs auf die Schwertklinge trafen, sprühten Funken. Die anderen Dämonen machten Jagd auf die Wallatten, die schreiend die Flucht ergriffen und dabei über die Leichen ihrer gefallenen Kameraden stolperten. Binnen weniger Dezillen hallten Schmerzensschreie und Hilferufe durch den Saal. Amanon wollte einem Wallatten beispringen, doch sein Vater hielt ihn zurück. Wenn er nicht der Erzfeind war, konnte Amanon nichts gegen die Dämonen ausrichten.
So starben die letzten Aufständischen unter den
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