Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
verarbeitet hatte, kam ein schmaler Gang zum Vorschein. Dem Wallatten klebte mittlerweile das schweißnasse Haar auf der Stirn. Endlich war die Öffnung groß genug, um sich hindurchzuzwängen. Als Kebs Hemd an einer der zersplitterten Leisten hängen blieb, stieß er einen Fluch aus. Verärgert riss er an dem Stoff und zog sich das zerfetzte Hemd dann kurzerhand vom Leib, während Nolan ihm durch die Öffnung folgte.
Nolans Herz klopfte zum Zerspringen. Ihre Feinde mussten sie längst gehört haben – wahrscheinlich erwarteten sie sie gar mit gezogenen Waffen. Und was tat er? Er stolperte hinter dem wallattischen Prinzen, der einfach drauflos stürmte, durch die Dunkelheit. Nolan wäre es lieber gewesen, wenn sie sich langsam vorangetastet und ihre Feinde erst einmal ausgespäht hätten. Außerdem hätten sie eine der Laternen aus den Fluren des Palasts mitnehmen sollen, statt sich ohne Licht in den stockfinsteren Gang zu wagen. Vielleicht tappten sie geradewegs in eine Falle, eine Grube voller spitzer Pfähle oder eine andere Überraschung, die Agenor für ungebetene Gäste bereithielt …
Als die Hand, mit der er sich an der Wand abgestützt hatte, ins Nichts griff, fuhr Nolan zusammen. Er unterdrückte einen Schrei und atmete erleichtert auf, als er feststellte, dass es sich nur um eine Abzweigung handelte. Also gab es hier nicht nur einen Geheimgang. Vielleicht war der Palast sogar von einem ganzen Netz durchzogen.
Allerdings würde das auch bedeuten, dass ihre Feinde auf anderem Weg fliehen konnten. Dann fiel ihm ein, wie stechend Sombres Blick und wie muskulös Zui’as neuer Körper waren, und er wünschte sich beinahe, sie nicht mehr auf der Empore anzutreffen.
Nachdem sie eine ganz Weile durch die Finsternis gestolpert und an zwei weiteren Seitengängen vorbeigekommen waren, bedeutete ihm Keb, stehen zu bleiben. Wieder hielt Nolan den Atem an. Welche neue Gefahr lauerte in der Dunkelheit auf sie?
Während er reglos dastand, drangen aus der Ferne gedämpfte Schreie an sein Ohr. Nolan beschloss, das als gutes Zeichen aufzufassen. Der Kampf war also noch nicht vorbei, seine Freunde lebten noch!
Keb ging leicht in die Knie. Sie schlichen nun auf einen schmalen Lichtstreifen zu. Nolan war sicher, dass es sich um die Tür zur Empore handelte, die einen Spalt offen stand. Dort am Ende des Gangs erwarteten sie ihre Todfeinde.
Und Kebree stieß die Tür einfach so auf!
Mit einem wallattischen Kriegsschrei stürzte er in eine Art Vorzimmer. Geblendet von der plötzlichen Helligkeit konnte Nolan nicht genau erkennen, was sich in dem Raum abspielte. Er meinte zu sehen, wie eine Gestalt Keb von hinten ansprang. Blitzschnell zog er seinen Degen und hechtete vor. Seine Klinge bohrte sich in den Leib des Angreifers, und in diesem Moment erkannte Nolan den Mann: Es war der Alte, der neben Agenor auf der Empore gestanden hatte. Der Anführer der Dunklen Bruderschaft sackte mit verzerrtem Gesicht auf die Knie. Keb hob den Dolch auf, mit dem der Greis ihn hatte erstechen wollen, und rammte ihm die Klinge bis zum Heft in den Hals.
Mit einem letzten Zucken fiel der Mann vornüber, und auf dem Boden des mit Samt und Seide verkleideten Gemachs breitete sich eine Blutlache aus.
Nolan überwand seinen Ekel und zog den Stockdegen aus der Leiche, bevor er Keb hinaus auf die Empore folgte. Der Sieg über den Dämonisten war ihm eine große Genugtuung, auch wenn er sich für das Gefühl schämte. So nahmen die Erben wenigstens einen ihrer Feinde mit in den Tod.
Zu seiner Verblüffung sah er weder Sombre noch Zuia, als er auf den Mauervorsprung trat. Offenbar war ein Großteil der Empore abgebrochen und in den Saal hinuntergekracht. Das also hatte den Lärm verursacht, den sie vor der Wand mit der Geheimtür gehört hatten. Allein Agenor stand noch auf dem schmalen Sims. Nolan erkannte die Schwester des einstigen Königs Bondrian kaum wieder. Er hatte sie als vornehme Witwe in Erinnerung, doch nun hatte er eine alte Hexe vor sich, behängt mit Schmuck, in den dämonische Symbole eingraviert waren. In einer Hand hielt sie die traditionelle Waffe des lorelischen Adels, ein schweres, unhandliches Schwert. Es sah aus, als könne sie es kaum anheben.
»Ihr werdet es nicht wagen, die lorelische Königin anzugreifen«, sagte sie verächtlich.
»Und ob«, blaffte Keb zurück.
Mit einer fast beiläufigen Bewegung schlug er Agenor das Schwert aus der Hand. Mit einem Mal wirkte die Königin verunsichert, und sie blickte den Barbaren
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