Die Krieger der Königin: Schattenmacht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
gewesen. Sie hatten eine friedliche Art der Koexistenz entwickelt, bei der Ril tat, worum sie ihn bat, und beide versuchten, sich nicht in die Quere zu kommen.
Dieser Waffenstillstand hatte in dem Moment ein Ende gehabt, in dem sie herausgefunden hatte, dass er mit ihrer Tochter schlief.
Betha hatte keine Kontrolle über ihn; sie war nicht sein Meister, wie es Lizzy oder Leon waren, und sie konnte ihm keine Befehle geben. Kriegssylphen waren Frauen gegenüber relativ unterwürfig, aber auch in diesem Punkt war Ril anders als die anderen. Um Lizzy zu retten, hatte er in Meridal viele Frauen getötet. Betha allerdings würde er nicht verletzen. Sie war keine Bedrohung für Lizzy. Nur für ihn.
»Ich habe in Lizzys Zimmer geschaut«, sagte Betha zu ihm, während sie neben dem Tisch stand und mit den Händen eine Stuhllehne umklammerte. »Sie ist nicht da.«
Ril sah gleichmütig zu ihr auf. Er war vielleicht nicht bereit, ihr weh zu tun, aber das bedeutete nicht, dass er kampflos aufgab. »Es geht ihr gut.«
Sie presste die Lippen noch fester aufeinander. »Wo ist sie? In deinem Zimmer?«
Ril nickte, und seine Anspannung stieg, bis er sich selbst beruhigen musste, um nicht seinen Meister zu wecken. Er fühlte den plötzlichen Drang, mit seinem Hass auszuschlagen, und unterdrückte ihn ebenfalls.
»Sie schläft«, erklärte er Betha.
»Sicher tut sie das. Hast du eine Ahnung, was du ihr angetan hast?«
Er sagte nicht: Ich habe sie davor bewahrt, von Dutzenden Kriegern vergewaltigt zu werden. Hätte er Lizzy nicht bereits vorher zu seiner Meisterin gemacht, hätte sie es in dem Harem in Meridal um einiges schwerer gehabt. Sie hatten alle zusammen beschlossen, ihrer Mutter nichts davon zu erzählen.
»Was denkst du, dass ich getan habe?«
Betha riss den Stuhl unter dem Tisch heraus, um sich hinzusetzen. Dann legte sie ihre Hände ausgebreitet auf den Tisch. »Sie wird jetzt nicht mehr heiraten können«, erklärte sie. »Sie wird nie Kinder haben. Oder Enkel. Diese Möglichkeit hast du ihr genommen, nicht wahr?«
Ril starrte sie böse an und zwang sich dazu, trotz seiner Wut ruhig zu denken. Er war ein Kriegssylph, und Lizzy war seine Meisterin. Er kannte ihre Gefühle, genauso wie er die der Frau kannte, die ihm gegenübersaß.
»Ihr genommen oder dir genommen?« Er schnaubte. »Lizzy will keine Kinder. Wollte sie nie. Du willst Enkel. Also, die können dir auch die anderen Mädchen schenken, wenn sie es wollen.«
»Wie kannst du es wagen!«
»Ich werde mich nicht entschuldigen!«, schrie er. »Ich liebe sie!« Plötzlich hielt er inne. »Leon wacht auf.«
Das brachte sie beide zum Schweigen. Sie starrten sich gegenseitig an, während sie gleichzeitig hofften, dass der Mann weiterschlief. Ril fühlte, wie sein Meister in den Halbschlaf auftauchte, sich umdrehte und dann wieder tief einschlief.
»Er schläft wieder«, sagte er.
»Ist es nicht schon schlimm genug, dass ich meinen Ehemann mit dir teilen muss?«, zischte sie. »Jetzt nimmst du mir auch noch meine Tochter?«
»Ich habe dir Leon nie weggenommen«, erklärte er kalt, »und Lizzy habe ich dir auch nicht gestohlen. Zumindest weißt du, dass ich sie nie verlassen oder betrügen werde oder sie an einem stinkenden Hafenkai zurücklasse, damit sie entführt wird.«
Betha wandte den Blick ab. Ril stand auf und beugte sich für einen kurzen Moment über den Tisch. »Ich mag vielleicht nicht fähig sein, deiner Tochter Kinder von deinem Blut zu schenken, aber eines kann ich dir versprechen: Alles andere wird sie von mir bekommen.«
Damit drehte er sich um und verließ den Raum, weil er einfach nicht mehr in Bethas Nähe sein wollte. Entweder sie hasste ihn von jetzt an, oder sie kam darüber hinweg. Es gab nicht viel, was er tun konnte. Er war, was er war, und konnte daran nichts ändern. Und er wollte es auch nicht.
Er trat durch die Vordertür in die Dunkelheit, immer noch zu unruhig, um in sein Zimmer zurückzugehen. Außerdem war er hungrig, doch ihm stand der Sinn mehr nach Leons schwerer, warmer Energie als nach Lizzys leichter, prickelnder Variante. Aber jetzt in sein Schlafzimmer zu gehen würde dafür sorgen, dass die Hölle losbrach. Eigentlich musste er auch noch keine Nahrung aufnehmen. Es war nur Teil der Unruhe, die er empfand.
Für den Moment ließ er einfach die Energie der Nacht über sich hinweggleiten, während er versuchte, sich zu entspannen. Der Wind strich kühl über seine nackte Haut, und der klare Himmel über ihm war fast
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