Die Krieger von Gordolon (German Edition)
ihn vor sich selbst zurückweichen ließ. Er wollte antworten, die Faust mit dem Stein erheben, um die Magie auf den Bösen zu schießen, aber er konnte es nicht. Es war, als ob er sich dafür schämen würde. In seinem Gesicht zeigte sich Angst und Ramhad lächelte, verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, einer gemeinen Fratze und begutachtete den jungen Elfen vor sich erneut mit abschätzenden Blicken.
„Warum bist du gekommen?“, wiederholte der Dunkel und seine Stimme war so abstoßend und verhasst, dass in Rocan die Wut hochstieg. Aber er konnte nichts tun. Der Wandler schien ihn mit seinen bloßen Blicken zu bändigen. „Warum bist du hier?“, fragte er schlicht. Die Flamme in der Laterne zuckte kein einziges Mal. „Um mich zu töten?“ Die ausgemergelte Gestalt mit dem verhärmten Antlitz zog ungläubig die Brauen hoch und starrte ihn in direkter Linie an.
Rocan nickte zögernd, erst langsam, und dann kräftig. Aber die Angst in seinem Gesicht wich nicht, und so wirkte seine Geste affektiv und leer, ohne erkennbar wahre Bedeutung. Er hatte nicht die Konstitution von Timotheus, um sich mit ihm in Sturheit zu messen. Sein Charakter war eher ruhig und feinfühlig, nicht aufdringlich und unerschütterlich wie der des Hexenmeisters. Er dachte daran, wie dieser schlaff zu Boden gesunken war, als sie alles in Rovanion besprachen. Es schmerzte ihn plötzlich. Dann trat er einen Schritt zurück, schüttelte den Kopf und schürzte die Lippen, sodass sein Gesicht entschlossen wirkte, aber eben nur wirkte... „Nein! Du machst mir keine Angst!“
„Tue ich nicht?“ Mit gespielter Verständnislosigkeit drehte sich der Wandler ganz zu ihm um, erhob sich vollkommen und trat einige lockere Schritte auf ihn zu, während die Laterne locker an seiner Seite baumelte. Er ging voran, wie als hätte er einen Weg zu gehen, der zufällig da endete, wo Rocan stand. „Das hatte ich auch gar nicht vor.“
Rocan wich hastig einige Schritte zurück und der große Mann blieb genau dort stehen, wo er einige Sekunden zuvor noch gestanden hatte.
Ramhad setzte zu einem weiteren Schritt an. „Ich...“
„Keinen Schritt weiter!“, brüllte der Elf plötzlich und hatte, ohne dass er sich versehen konnte seinen Dolch gezogen und fuchtelte dem Riesen damit vor der Nase herum. Sein Gesicht nahm einen gehetzten Ausdruck an und nun loderte die Angst wirklich in seinem Gesicht auf.
Ramhad grinste abfällig und wirkte noch ekelhafter und abstoßender als zuvor. Ohne sich von der Drohung des anderen abbringen zu lassen, trat er einen entsetzlich langsamen Schritt vor und wartete, wie Rocan darauf reagierte. Forsch blickte er ihn von oben herab an. „Weißt du, ich habe viel Zeit mit dem Töten verbracht.“ Ein tat einen weiteren Schritt. „Und das hat nicht immer sauber geendet...“ Er sprach jetzt wie ein kleines Schulmädchen von einer sich ergebenden Traurigkeit in einer Geschichte.
Erschrocken zuckte Rocan zusammen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Wandler so weit gehen würde. Ein so abschätzendes Wesen hatte er noch nie erblickt. Auch jetzt noch hatte der kantige Mann seine Augen kalt und tot auf ihn gerichtet, versuchte ihn mit den Netzen seiner Magie zu umfangen. „Nein! Bleib...“
„...wo du bist?“, führte Ramhad den Satz gefällig zuende. „Was hast du da?“ Tatsächlich klang sein Ton interessiert, seine Augen waren nur noch zwei Schlitze, die etwas erkundeten, was außerhalb seiner Reichweite lag. Und er wollte es fangen, es bergen, es für sich gewinnen, es ausbeuten! Aber dafür musste er seinen letzte Trumpf ausspielen. Er wusste, dass die Meisten Angst vor seinem ungepflegten Äußeren hatten, doch das war keine Entschuldigung dafür, dass sie ihn gleich angriffen. Als er das dachte, lachte er innerlich. Er hatte bereist so gut wie gewonnen. Reumütig wie ein geprügelter Hund würde der Elf das Feld verlassen. Ihn interessierte nur der Stein, den der Kleine da in Händen hielt. Seine Blicke irrten herum, bis sie auf die geschlossene Faust fiel, von der etwas für ihn unheimliches ausging. Er spürte es. Eine Nuance von Macht, die frei im Raum hing, eine Energie, die beschworen werden musste, um zu wirken. Als Rocan keine Antwort gab, blickte Ramhad ihn erneut an, und der Elf starrte ihm in die unendlich tiefen Augen, in denen das Universum gefangen zu sein schien; sie waren schwarz, ohne Farbe, und ohne Glanz, Augen, die alles gesehen hatten, alles, bis auf den eigenen Tot. „Was hast du dort?“,
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