Die Krieger von Gordolon (German Edition)
muskulöse Gestalt war, eindrucksvoll und stark, bereit alles zu zerschmettern, was ihm zu nahe kam, erfuhr über seine Art zu kämpfen, lernte seine Kampftechniken und Taktiken, indem er einfach nur in die Augen des Mannes sah. Plötzlich fühlte er sich ihnen sonderbar nah und verbunden, bemerkte jede einzelne Farbschattierung auf seiner Regenbogenhaut, jede kleinste Nuance an Veränderung, und das berauschte ihn. Aber da war noch etwas, was sich ihm mit brutaler Macht entgegenschlug, die teuflische Stimme wurde lauter, wurde zu einem monotonen Grollen, als würde jemand in einer fremden Sprache sich immer wieder wiederholen, gleich den Schlägen von Trommeln. Das flammenumrandete, lidlose Auge rückte näher, in einer gewaltigen Sturmfaust bäumte es sich auf und fuhr über ihn hinweg in einem gigantischen, schwarzen Schatten, und er vernahm einen lauten, grotesken Schrei, der in seinem tiefsten Inneren wiederzuhallen schien, und ihn schüttelte...
Er schlug die Augen auf. Licht verdrängte Schatten, und das Raßen seines Herzens und das Geräusch seines gehetzten Atems jagte wild in seinen Ohren. Es war, als hätte er nur geschlafen...
Übelkeit, welche die ganze Zeit in ihm gesteckt gewütet hatte, kam nun zum Ausbruch, und er übergab sich, spuckte die Galle mit einem gurgelnden Geräusch aus. Wasser floss aus Augen, Mund und Nase, troff an seinem tauben, toten Körper entlang. Etwas schlimmes musste mit ihm passiert sein, es ging ihm schlechter als jemals zuvor in seinem Leben, Halluzinationen hatten seinen Geist durchdrungen, und alles war nur noch verschwommen und von eigenartigen Farben gesprenkelt. Es schaukelte um ihn herum und gedämpftes Gespräch kam von überall, aber so leise, dass er nur Fetzen verstehen konnte. Jetzt wurde ihm klar, dass er auf einer Bare aus langen, ledrigen Blättern ruhte, und die Gestalten um ihn herum seine Freunde waren. Und dann sah er noch jemanden, den er nicht erwartet hätte. Rechts von ihm auf einer kleineren Trage kauerte der Gnom. Ächzend und stöhnend, immer noch völlig benommen wand er sich in den geflochtenen Seilen, mit denen man ihn gefesselt hatte.
„Hast dir wohl eine ordentliche Schlägerei mit dem Grünen geliefert, hä?“ Der Ton in Kellens Stimme verwirrte ihn etwas. Er war es, der am Kopfende trug, vorne befand sich eine dunklere Gestalt. Plötzlich glaubte er, dass diese zu ihm hinschielte, dann sich ganz offen zu ihm wandte und hämisch angrinste. Er sah die unverkennbaren, gemeinen Züge Darios, so, wie er ausgesehen hatte, kurz bevor er zusammen mit Rykorn verschwunden war. Doch die Bewegung war unendlich langsam und die Umrisse nicht scharf gezeichnet, und auch das Lachen schien unecht.
Als unzähmbare Angst in ihm aufkam, schrie er, und versuchte seinen tauben Leib von der Bare zu reißen. Mit aller Kraft ruckte er herum, stemmte sich in die Höhe und warf sich über die Seite. Er fiel in weiche, dunkle Blätter, die ihn rascheln auffingen. Auf Händen und knien krabbelte er einen seichten Hang hinab, während der Schwindel und die Verwirrung in ihm tobte. Sofort wurden Ausrufe des Entsetzens laut und viele Hände griffen nach ihm, auch Dario streckte seine langen Finger aus, die jetzt plötzlich nicht mehr aus normaler Haut, Gewebe und Knochen bestanden, sondern aus schwarzem Chitin und langen Dornen, die sich in sein Fleisch graben wollten. Er lachte aus voller Kehle und Rocan trat nach ihm, wehrte sich, riss einen langen Elfendolch aus einem der Gürtel der toten Gestalten, die um ihn herum hetzten und stach nach ihrem Anführer. Er zerfetzte das schwarze Gewand des Dunklen und schob die brennende Klinge dann tiefer in dessen Fleisch hinein. Er tobte, brüllte und kratzte in wilder Panik, während alles wie von dichtem, pechschwarzen Rauch eingehüllt und verschwommen war, Figuren waren zu Schemen geworden und der Wald zu etwas Riesigem, Bedrohlichem.
„Nein, Rocan!“, schrie Eszentir auf und wollte noch dem kleinen Elfen fassen, wurde aber Thronn beiseite gestoßen, der immer noch das zwei Zoll lange Jagdmesser Irmins in der Wade hatte. Schweißtropfen standen auf seiner Stirn und der finstere Qualenstrom in seinem Bein brüllte, eine roteiserne Bestie, die nicht zu bändigen war. Dennoch ließ er die Klinge dort wo sie war und beugte sich weit über den Jungen, der im Fiebertrauma kämpfte, erduldete die Qualen, um seinen Neffen - der in Wirklichkeit sein Vetter war - zur Rehsong zu bringen. Er ging in die Hocke und streckte den
Weitere Kostenlose Bücher