Die Kriegerin der Kelten
Gefecht blind aufeinander verlassen konnten.
Wie die spartanischen Helden, die in der Schlacht um die Thermopylen gekämpft oder sich zu dem Heiligen Bund von Theben zusammengeschlossen hatten, so waren auch die römischen Veteranen Männer, die sich mit Leib und Seele dem Krieg verschrieben hatten und sich niemals gehen ließen. Mehrere Tage lang hatte Cunomar auf dem grasbewachsenen Abhang oberhalb von Camulodunum gelegen und beobachtet, wie eine komplette Zenturie von Veteranen ihre täglichen Übungsmanöver und Truppenübungen abgehalten hatte.
Als dann seine trinovantische Informantin zu ihm gekommen war und gemeldet hatte, dass eine bestimmte Gruppe sich allnächtlich in einem geheimen Schrein im hinteren Teil des Tempels träfe, hatte Cunomar ganz zweifelsfrei gewusst, wer diese Männer waren und wie viele Mitglieder ihre Gruppe umfasste. Das Einzige, was er von der Trinovanterin noch hatte erfahren müssen, war die genaue Lage des Ortes und in welchem Umfang die Veteranen dort schon im Voraus Waffen und Rüstungen gehortet hatten.
Die ausführliche Antwort der Frau hatte folgendermaßen gelautet: »Sie werden alles bekommen, was sie sich wünschen oder benötigen könnten. Ich mache den Raum für sie sauber, und jeder Teil davon ist vollgehängt mit Regalen voller Waffen und Rüstungen bis auf die eine Längswand der Kammer, die von einer Reihe von Grabsteinen gesäumt ist. In die Steine sind die Namen der Verstorbenen gemeißelt, die sie wie Heilige verehren.«
Die Veteranen kamen in Keilformation aus dem Tempel gestürmt und zielten genau auf die Mitte von Cunomars Linie. Noch bevor die Tür von der Gartenmauer abgeprallt war und wieder zurückschwingen konnte, hatten sie bereits drei der jüngeren Eceni getötet. Ein teilweise kahl rasierter Kopf fiel und rollte über den Boden, sauber vom Rumpf abgetrennt aufgrund der ungeheuren Schnelligkeit, mit der die Männer angriffen, und der Wildheit, mit welcher der Anführer des Trupps seine Klinge schwang. Ein Dutzend anderer, ebenfalls noch ziemlich unerfahrener junger Krieger wich unter dem Sturmangriff angstvoll zurück, während ihr eben noch so triumphierendes Kampfgeheul zu einem erschrockenen Krächzen verblasste.
Für die echten Bärinnenkrieger war diese feindliche Angriffstaktik allerdings nichts Neues; sie hatten sich bereits bei dem Brandanschlag auf den Wachturm einer römischen Keilformation gegenübergesehen und wussten mittlerweile, wie sie damit umzugehen hatten. Das wiederum hatten sie Valerius zu verdanken, der sie den ganzen Winter hindurch in der entsprechenden Kampfstrategie geschult hatte und sie die richtige Technik und Verhaltensweise hatte einüben lassen. Und so fanden diejenigen, die von Valerius ausgebildet worden waren, nun trotz des Chaos zueinander, schlossen sich zu Paaren, Dreier- oder auch Fünfergruppen zusammen und pressten dicht an dicht ihre Schultern aneinander, sodass sie wie ein Mann kämpfen und agieren konnten.
Sie bewegten sich seitwärts, fort von dem Schwung und der Stoßrichtung des feindlichen Angriffskeils, und schleuderten zuerst Speere und dann Brocken des zertrümmerten Marmors nach den Beinen der Männer an der Spitze des Keils. Eine Handvoll der Veteranen kam unter dem Geschosshagel ins Stolpern und büßte ihr Leben ein, als ihre Schilde zu Boden fielen. Einer der Männer rannte geradewegs in Cunomars Speer hinein, den dieser horizontal geschwungen hatte, ähnlich wie einen Knüppel, sodass der Schlag mit dem Heft des Speeres dem Mann das Genick brach.
Die Römer waren eine Zenturie gewesen, also eine volle einhundert Mann umfassende Heeresabteilung. Bei jenem ersten Angriff wurde ihre Truppe um weniger als ein Dutzend Männer reduziert. Die Übrigen ließen die Gefallenen kurzerhand liegen und teilten sich ebenso prompt und problemlos in ihre alten Zeltgruppen auf, als ob sie noch immer jede Nacht in einem Feldlager schliefen und nicht in ihren mit vergoldeten Dächern geschmückten Villen.
Rasch und routiniert formierten sie sich zu Karrees, wobei je zwei Mann eine Seite des Vierecks bildeten, den Rücken der Innenseite zugewandt und die Schilde dicht an dicht wie undurchdringliche Barrieren vor sich, sodass sie gerade noch mit ihren Schwertern durch die Lücken hindurchstoßen konnten. Im Gegensatz zu den Soldaten der Neunten Legion standen sie jedoch nicht still, um den Feind zum Angreifen zu verlocken, sondern gingen selbst zum Angriff über. Mit unglaublicher Wendigkeit fielen sie sogleich
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