Die Kriegerin der Kelten
Bärinnenkrieger haben ihr Herz in einem heiligen Eid allein der Bärin vermacht, was bereits eine bemerkenswerte Opfergabe ist und darum in sich auch schon vollkommen genügt. Es kommt der Moment, in dem Cunomar lernen wird, diese Tatsache anzunehmen und sie sogar zu würdigen. Und das wiederum wird ihm zu noch mehr innerer Stärke verhelfen.«
In diesem Bewusstsein lag eine solche Ruhe, dass Breacas eigentlich erst halb gefestigte Entscheidung mit einem Mal zur Gewissheit wurde. Sie probierte den Ring auf verschiedenen Fingern, doch er passte nirgends, bis auf den Daumen. Und wenngleich er selbst da noch ein wenig zu groß war, behielt sie ihn dort. Wie ein warmer, honigfarbener Funke schimmerte er in dem Zwielicht der Grabkammer, während Breaca verwirrt darüber nachgrübelte, warum es auf einmal so schwer geworden war zu sprechen.
Sie wartete darauf, dass Airmid das Schweigen endlich brechen würde, ein Schweigen, das sich schier endlos auszudehnen schien.
Nach einer Weile, als das Warten noch unerträglicher wurde als das Sprechen, fuhr Breaca fort: »Dann also Valerius. Im Grunde ist er ja schon immer der Anführer gewesen, nach dem ich gesucht habe. Er begann seinen Lebensweg als Krieger, mittlerweile aber ist der Träumer in ihm nicht weniger mächtig, womöglich sogar noch stärker als der Krieger. Ich habe es sofort erkannt, gleich in dem Augenblick, als er zu uns zurückkehrte. Nur dass ich bislang einfach keinen Weg gefunden habe, wie ich es über mich bringen soll, Cunomar derart zu enttäuschen...«
Ein unterdrücktes Hüsteln ertönte, oder vielleicht war es auch ein Lachen oder ein beginnender Weinkrampf. Unklar hallten die Laute über den Boden und stiegen schließlich in Breacas Ohren empor.
Sie hob den Blick von ihrem Ring. Heftig blinzelnd schaute Airmid sie an, und über ihr Gesicht schien eine ganze Woge von Gefühlen hinwegzubranden. Überraschung, Lachen und Verzweiflung - alles zusammen. Die Träumerin legte ihre Fingerspitzen aneinander, sodass eine Art Zelt entstand, und schaffte es mit einiger Selbstbeherrschung schließlich, sich wieder zu beruhigen.
»Breaca, ich habe deinen Bruder geliebt, damals, als er noch Bán war. Er war ein ganz besonderes Kind. Und ich habe getrauert, als er von uns ging, und noch mehr getrauert, als ich erfuhr, dass er noch am Leben war, aber seine Seele an die Legionen verloren hatte. Nun, da er zwar Valerius heißt, aber wieder auf unserer Seite kämpft, könnte ich ihn wieder lieben und ihn wieder verehren. Und dennoch solltest du eines nicht vergessen: Dein Bruder ist ein Träumer, ist es seit dem Tag seiner Geburt. Hätte er also Bán bleiben dürfen und wäre er nicht entführt worden, hätte man ihn mit Sicherheit irgendwann zum Vorsitzenden des Ältestenrats von Mona berufen - nach dem Tod seines Vaters, meine ich. Und genau dafür war er empfangen worden, im Hinblick auf genau diese Aufgabe ist er erzogen worden, und solange er noch ein Kind war, hatte es den Anschein, als ob dieser kleine Junge seine Aufgabe eines Tages mit Bravour erfüllen würde.«
»Aber nun ist er ein Krieger«, ergriff Breaca das Wort. »Du hast selbst gesehen, wie er kämpft. Im Kampf erstrahlt er, wie auch einst Caradoc erstrahlte. Ihn umgibt dann dasselbe Licht, das auch Cygfa umgibt. Womöglich erstrahlt er sogar noch heller als sie beide.«
»Valerius lebt in demselben Glanze, in dem auch du lebst. Und genau aus diesem Grund müssen wir den Göttern danken, dass ihre Pläne ganz offenbar klüger angelegt sind als die Pläne der Mitglieder des Ältestenrats. Bán wäre zu einem Träumer herangewachsen, der seinesgleichen suchte. Und dennoch hätte er die Pfade des Schicksals nicht derart klar entziffern können, dass sein Wissen ausgereicht hätte, um die Neunte Legion zu vernichten. Seine Weitsicht hätte uns noch nicht einmal verraten können, wie man am besten die Überbleibsel von Paulinus’ Legionen vernichtete. Die Götter haben Valerius nach den Erfordernissen unserer Zeit geformt. Und nur sehr wenige Männer hätten die Stärke besessen, die gleiche Last und die gleichen Bürden auf sich zu nehmen, wie Valerius sie getragen hat, um dennoch mit heilem Herzen und intaktem Geist wieder aus diesem Albtraum hervorzugehen. Valerius ist ein bewundernswerter Mann, und im Kampfe ist er auch ein bewundernswerter Krieger. Und dennoch ist er in erster Linie ein Träumer und erst an zweiter Stelle ein Krieger. Und er wird es niemals schaffen, die Mehrheit der Eceni
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