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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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nicht an ihm gekannt hatte.
    Sie nahm seine Hände zwischen die ihren. Ganz in der Nähe gingen die Eulen auf die Jagd, und eine Spitzmaus starb mit schrillem Schrei. Ohne auch nur einen Hauch von Ironie in ihre Stimme zu legen, entgegnete Breaca: »Valerius von den Eceni, ich lege mein Leben in deine Hände.«

IV
    Valerius fing den feindlichen Kurier ab. Breaca tötete ihn.
    Riedgras strich über das Gesicht des toten Mannes, in wogende Bewegung versetzt durch den frühmorgendlichen Wind. Eine Schar wilder Gänse betrauerte ihn mit hohen, dünnen Schreien, die einem Echo der Trostlosigkeit gleich über den grauen Himmel hallten. An jener Stelle am Rande der Marsch, wo der Tote lag, war die Luft von frühlingshafter Frische und von der Hoffnung auf Freiheit erfüllt. Im Osten, wo die römischen Wachtürme schwelten, verdunkelte öliger Rauch den Horizont, und der Wind trug den Gestank verkohlter Leichen mit sich.
    Valerius zog den Leichnam vom Pferd herunter, wobei er sorgsam darauf achtete, das Siegel an dem Kuriersack nicht zu beschädigen. Der Kurier war noch ziemlich jung gewesen, und auf seinem Gesicht zeichnete sich keinerlei Furcht ab. Denn er hatte Valerius für einen Freund gehalten wegen des Offiziersfederbusches an seinem Helm und des roten Umhangs, den dieser trug, und nicht zuletzt deshalb, weil Valerius Latein mit der Mühelosigkeit und Weltgewandtheit eines Legionssoldaten sprach. Alles das hatte dem römischen Melder ein Gefühl der Sicherheit vermittelt und die Hoffnung auf eine bessere Route, vorbei an dem nassen, unwegsamen Sumpfland, das auf der einen Seite von der Marsch begrenzt wurde und auf der anderen von dichtem Wald und das ein einzelner Reiter nur auf einem offenen, ungeschützten Fußpfad durchqueren konnte.
    Der junge Kurier war zutiefst verängstigt gewesen, denn seine fünf Kameraden waren allesamt Dubornos’ Schleudersteinen und Ardacos’ Bärinnen-Speeren zum Opfer gefallen. Er war als Einziger übrig geblieben und hatte folglich das verzweifelte Bedürfnis gehabt, ein freundliches Gesicht zu sehen. Als er dann Valerius erblickt und ihm seinen Gruß und seine Erleichterung entgegengerufen hatte, konnte er unmöglich ahnen, dass auch sein Tod nahe bevorstand, bis dieser ihn schließlich jählings überwältigt hatte. Die Seele des Kuriers hatte seinen Körper rasch verlassen und sich emporgeschwungen, in die Freiheit gelockt durch die Schreie der Wildgänse.
    Hinter dieser Szenerie traten fast fünftausend Kriegerinnen und Krieger der Eceni, verstärkt durch eine kleine Anzahl anderer Stammesangehöriger von den hoch im Norden lebenden Kaledoniern bis zu den tief im Süden beheimateten Durotrigern, aus dem Wald heraus. Ihre Linie erstreckte sich von der Marsch bis hin zum fernen Horizont, eine einzige glitzernde, funkelnde Ansammlung blanker Schwertklingen, Speere und runder, bemalter Schilde, in die sich hier und dort der matte Schimmer von Kavalleriekettenpanzern oder Legionarsrüstungen mischte, welche die Krieger anderen getöteten Soldaten Roms gestohlen hatten.
    Die Krieger waren ebenso verschieden voneinander wie die Mitglieder jedes anderen Kampfverbands: Ihr Haar war entweder rötlich golden oder bronzefarben, doch es gab auch den einen oder anderen dunklen Schopf in Anlehnung an die vorherrschende Haarfarbe der Ahnen, und sie alle trugen ihr Haar an den Schläfen zu Zöpfen geflochten, jedoch ohne jeden Schmuck, zum Zeichen dafür, dass sie noch nicht im Kampf getötet hatten. Nur einige wenige unter ihnen trugen Helme; die Bodicea selbst trug keinen und hatte auch nie einen getragen, und sie alle hatten sich nun in ihrem Namen versammelt, waren ihrem Aufruf gefolgt, denn sie hielten noch immer an dem Glauben an die Unsterblichkeit der Bodicea fest, selbst als man sich die Gerüchte über die Krankheit und den nahenden Tod ihrer Anführerin zuraunte.
    Aber die Bodicea war nicht tot, keineswegs. Soeben hatte sie vor ihrer aller Augen glatt und sauber einen Mann getötet und so mit einem einzigen Schwerthieb die im Laufe der vergangenen dreizehn Tage allmählich dahinschwindende Hoffnung der Krieger quasi ins Gegenteil verkehrt. Zwar mochte es diesem Hieb an der Brillanz gefehlt haben, welche die Bodicea stets von der größeren Masse der Krieger abgehoben hatte, doch es gab nur sehr wenige unter denjenigen, die das Geschehen beobachtet hatten, welche die nötige Erfahrung besaßen, um den Unterschied zwischen dem Alltäglichen und dem wahrhaft Überragenden zu begreifen,

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