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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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als Männer, und allesamt waren sie unbewaffnet; das heißt, wenn man die Messer, mit denen sie ihre Mahlzeiten zu sich nahmen, einmal nicht mitzählte. Doch solcherlei Besteck würden ohnehin nur ein ausgesprochener Optimist oder ein Mann am Rande der Verzweiflung als Waffe bezeichnen. Wie eine Herde Schafe, zusammengetrieben von einem unsichtbaren Schäfer, drängten sie in immer größer werdender Zahl über die Brücke. Mächtig erhob diese sich über den Strom, breit genug, dass ein Wagen und ein Pferd Seite an Seite darübergelangen konnten, und hoch genug, dass selbst ein seetüchtiges Schiff noch darunter hindurchpasste. Zudem war die Brücke von überraschend ansprechender Bauart, ein Zeugnis für das Geschick der Ingenieure der Legionen, für die Schönheit und Zweckmäßigkeit keine unvereinbaren Gegensätze waren. Fast schon hätte man weinen mögen, so ergreifend war der Anblick der Brücke. Und dennoch war ihr baldiger Verlust unvermeidlich.
    Corvus, den die Betrachtung des Bauwerks und der sich daran anschließenden Siedlung eher ermüdete als den Rest seiner Kameraden, beobachtete stattdessen einen blassen Rauchschleier, der über den östlichen Horizont glitt, und war damit auch der Erste, der die Späher der Eceni entdeckte.
    »Feinde«, flüsterte er. »In östlicher Richtung und nördlich der buschigen Eiche mit der ambossförmigen Wolke dahinter. Ich sehe fünfzehn von ihnen, doch ich möchte wetten, dass da zumindest noch ein weiterer ist. Jugendliche, die zu Fuß unterwegs sind. Tragen nur Messer bei sich. Kriegerfedern in ihren Zöpfen. Genauso viele wie wir, offenbar die meisten von ihnen Frauen. Das ist sicher kein Zufall.«
    Paulinus’ Männer waren ausnahmslos kampfgestählte Legionare, und jeder von ihnen hatte bereits seine Zeit im Westen abgeleistet, wo für jeden Feind, den man sehen konnte, noch mindestens ein Dutzend weitere sich hinter den Felsen oder in den Ritzen und Spalten der Gebirgszüge versteckten. Folglich rissen Corvus’ Kameraden nun keineswegs hastig ihre Pferde herum, und sie schrien auch nicht erstaunt auf, geschweige denn dass sie nun plötzlich alle in die beschriebene Richtung gestarrt hätten, sondern sie fuhren scheinbar unbeirrt und vollkommen entspannt in ihrer Unterhaltung fort, scherzten miteinander. Irgendwann schließlich erlaubten sie ihren vor Langeweile schon regelrecht mürrischen Tieren, sich ein wenig zu bewegen und den einen oder anderen Schritt zur Seite zu machen. Dann wurden, wie zur Übung, gelassen die Waffen gezogen, und schließlich, als wäre dies von keinerlei größerer Bedeutung und zweifellos reiner Zufall, hatten die Männer ihre Tiere allesamt ein Stückchen weiter nach Osten herumgezogen, sodass man, ohne sich dies anmerken zu lassen, einmal aufmerksam jene Stelle beobachten konnte, die Corvus beschrieben hatte.
    In genau diesem Moment erhoben die Späher sich einer nach dem anderen aus ihrer Deckung. Halb nackt warteten sie zwischen den in voller Blüte stehenden Disteln und dem strauchartigen Holunder. Breitbeinig starrten sie die Legionare an. Sie waren sechzehn an der Zahl, acht von ihnen Frauen.
    Früher hatten die Gouverneure jene Männer, die behaupteten, in den Armeen der Wilden kämpften nicht nur Männer sondern auch Frauen, auspeitschen lassen - als Strafe für deren Lügen. Nun jedoch erklärte Suetonius Paulinus, der fünfte Gouverneur von Britannien: »Sie haben uns die Blüte ihrer Jugend gesandt.«
    »Ja, sie haben sie gesandt, um ein Auge auf die Brücke von Vespasian zu haben und um uns anzuzeigen, dass der Angriff bei Tagesanbruch erfolgen wird«, fügte Corvus hinzu. »Die Krieger glauben, dass ihre Götter ihnen nur dann im Kampfe beistehen, wenn sie ihre Feinde vor einer Schlacht angemessen vorgewarnt haben.«
    »Aber fürchten sie denn nicht, dass die Beamten und die Siedler bei ihrem Anblick womöglich zur Gegenwehr aufrufen könnten?«
    »Seht Ihr denn etwa irgendwo Anzeichen dafür, dass die Menschen hier so etwas wie eine Gegenwehr formieren?«
    Nein, keiner von ihnen konnte derlei Vorbereitungen entdecken. Dafür aber kannten Paulinus’ Männer, deren Leben fast nur aus Kämpfen bestand, die typischen Geräusche der Panik. Und genau diese Art Lärm hallte ihnen nun vom Hafen an der Brücke von Vespasian entgegen. Wo zuvor noch heilloses Durcheinander geherrscht hatte, wütete nun blinde Panik.
    Der Engpass, der die ganze Zeit schon auf der Brücke geherrscht hatte, verwandelte sich in einen durch nichts

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