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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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können. Jene Brücke, die ja schließlich unsere beste Verbindung mit dem Süden ist. Oder aber wir brechen sofort wieder auf, reiten so schnell wir können zurück an die Küste, nehmen ein Schiff und kehren möglichst umgehend mit den Legionen zurück, um dem Kriegsheer der Eceni mit unserer versammelten Streitmacht gegenüberzutreten. Jede dieser Vorgehensweisen hat ihre Vorzüge, die ich wohl nicht extra auszuführen brauche. Ihr streckt jetzt alle eure rechte Hand aus. Darin hat eine Münze zu liegen. Wenn ich darum bitte, wird ein jeder seine Hand öffnen und zeigen, für welche Münze er sich entschieden hat. Die Silbermünze steht für die Entscheidung, zu bleiben und die Brücke zu verteidigen. Die kupfern glänzende Münze steht dafür, zum Schiff zurückzukehren und wieder zu unseren Legionen zu stoßen. Bestehen noch irgendwelche Unklarheiten darüber, welche Münze für welche Entscheidung steht?«
    Natürlich gab es keinerlei Unklarheiten mehr, und ein Mann, der sich in sein eigenes Schwert stürzte, hatte in jedem Fall die Chance auf einen sauberen Tod. Und alle fünfzehn Männer von Paulinus’ Reisetruppe hatten in den fast täglichen Schlachten bereits unzählige Male ein deutlich schlimmeres Ende vor Augen gehabt. Jeder von ihnen traf seine Entscheidung nun also ganz allein, eben wie ein Soldat, wie ein Offizier der Legionen, wie ein Veteran mit zwanzig Jahren Kampferfahrung, wie ein Mann, der sich vollauf bewusst war, dass sein Leben nurmehr von seinem Talent für taktisch kluge Entscheidungen abhing.
    Corvus hatte seine Entscheidung in dieser Frage bereits gefällt, noch ehe er die Späher entdeckt hatte. Die Dichte des Rauchs, der mit dem Wind über das Land schwebte, hatte bereits ausgereicht, um ihm zu verraten, wie groß das anrückende Kriegsheer wohl ungefähr sein mochte und auch, mit welcher Geschwindigkeit der Hafen an der Brücke von Vespasian zerschlagen werden würde. Bedächtig legte er nun beide Hände aufeinander, und als er sie wieder öffnete, lag in seiner rechten Handfläche die leichtere, kleinere, heller schimmernde und erst vor kurzem gepunzte Münze, so gewichtslos, als wäre sie gar nicht da.
    Langsam ließ er den Blick einmal in der Runde schweifen. Die anderen Männer saßen ebenso ruhig auf ihren Pferden, die Fäuste in Richtung ihres Gouverneurs ausgestreckt.
    Nur Gaius, der Fährtenleser, schien ein wenig verunsichert. Denn natürlich konnte auch ihm nicht die Geschichte von Suetonius Paulinus und den verurteilten Offizieren aus Parthien entgangen sein, doch im Gegensatz zu seinen Kameraden auf dieser Reise besaß er nicht die jahrelange Erfahrung im Dienst der Legionen, die ihm nun verriet, dass es nur eine richtige Antwort gab auf Paulinus’ Frage, eine Antwort, die allein der militärische Sachverstand ihm hätte nennen können. Um zu überleben, musste er seine Entscheidung aus dem Blickwinkel eines Mannes fällen, der eine ganze Legion anführte oder gar eine komplette Armee. Nur mit dieser Überlegung im Hinterkopf würde es ihm gelingen, den Respekt seines Gouverneurs zu gewinnen. Alles andere, was zwar zuerst nach Ruhm klingen mochte, was zugleich aber auch die Legionare töten könnte, war in den Augen des Gouverneurs nichts anderes als reine Speichelleckerei - Speichelleckerei oder aber der Versuch, nicht nur den Krieg verloren zu geben, sondern dafür auch noch eine Belobigung vom Senat zu erwarten.
    Gaius konnte sich nicht entscheiden. Die Männer warteten. Bläulich pochte das Blut durch das feine Aderngeflecht an seinen Schläfen, die Haut matt glänzend vor Schweiß und fast ebenso gelb wie sein Haar. Dann traf er eine Entscheidung, korrigierte sich aber wieder und hatte damit bereits sein Todesurteil gefällt, was ihm auch bewusst war. Seltsam verwässert schien die Sonne ihre Strahlen auf die Männer hinabzuschicken, und dennoch war der Tag fast unerträglich heiß. Aus dem blühenden Holunderbusch hinter ihnen ertönte das energische Keckern einer Drossel. Und auch die Späher der Eceni sahen dem Zeremoniell der Legionare gespannt zu, saßen neugierig in dem hohen Gras, durch das sie auf die Römer zugeschlichen waren.
    Erst als das Schweigen so dicht schien wie geronnene Molke, streckte auch Gaius den Arm aus und schob seine Faust in den Kreis der Hände.
    »Man zeige seine Entscheidung.«
    Corvus spürte, wie sein Arm sich förmlich von ganz allein umdrehte und er die Hand öffnete. Unmittelbar zu seiner Rechten befand sich Ursus, und Corvus

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