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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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bis auch der letzte Zenturio der letzten Kohorte es gehört hatte und auch wirklich jeder der erschöpften Männer wusste, dass der wohlverdienten Rast nun nichts mehr im Wege stand.
    Valerius, der in seiner Rolle als Pionier bereits den anstrengendsten Teil der Lagerplanung übernommen hatte und seinen Kameraden damit mehrere Stunden lästiger Arbeiten ersparte, hob sein Häutemesser und begrüßte die Ankommenden mit ausgesucht höhnischen Bemerkungen. Er rief seine scherzhaften Beleidigungen auf Lateinisch, Batavisch, Thrakisch und sogar in einem der Dialekte der Eingeborenen, der jedoch sämtlichen Männern der Neunten Legion unbekannt war. Fröhlich erwiderten sie seine Unflätigkeiten und ließen sich auch ihrerseits nicht lumpen, was den Einfallsreichtum einiger wohlmeinender Obszönitäten anbelangte.
    Doch auch aus dem nahen Wald ertönte ein Signal. Es ging jedoch fast völlig unter im Lärm der Marschtruppen, dem Geklapper der Tornister, die erleichtert zu Boden geworfen wurden, und dem lauten Plätschern, mit dem die Soldaten sich das aus den Tonröhren strömende Wasser über die Köpfe rieseln ließen. Es war der Schrei einer Eule. Dreimal rief das Tier, und das, obwohl die Nacht noch lange nicht angebrochen war.

IX
    Ganz allein saß Bellos, der Blinde, im Großen Versammlungshaus auf Mona. Er war neben die leere Feuerstelle gerückt und hielt Wache, lauschte, tastete nach Anzeichen dafür, dass die Legionen Roms im Anmarsch waren.
    Die Kälte schärfte seine Sinne, bewahrte ihn davor einzunicken. Selbst die nur allzu vertrauten Gerüche der erloschenen Herdfeuer, von Torf und Reet und die Erinnerungen an den ereignisreichen Aufbruch der Krieger und Träumer vermochten ihn angesichts der harschen Kühle in dem alten Rundhaus nicht mehr einzulullen. So viele Männer und Frauen hatten einst hier in diesem Haus und in der unmittelbar daran angrenzenden Siedlung gelebt. So viele Kinder waren hier geboren worden, so viele der Alten und auch Jüngeren waren gestorben - genau hier, wo Bellos nun saß. Und jeder von ihnen hatte ein kleines Zeichen in die Dachbalken des Hauses geritzt, jeder hatte damit eine kleine Erinnerung an seine ganz persönlichen Gedanken und Erlebnisse zurückgelassen. Und es waren keineswegs böse Gedanken gewesen oder traurige Erlebnisse, und dennoch erschwerten sie es Bellos, seine Aufmerksamkeit voll und ganz auf seine Aufgabe als Wächter des Großen Versammlungshauses zu konzentrieren.
    Drei lange Jahre hatte er sich allein auf diese Verantwortung vorbereitet. Und wenngleich es ihm als Blindem natürlich schwer fiel, den Wachdienst zu versehen, so war es doch keineswegs unmöglich. Blicklos hatte er die Augen auf jene Stelle gerichtet, wo einst das Feuer geprasselt hatte, während er angestrengt versuchte, seine Wahrnehmung über die Grenzen der Siedlung hinaus auszudehnen. Er versuchte, allein mit Hilfe seiner Intuition die Ufer der Insel der Götter zu erspüren und sogar noch weiter hinauszulangen, über das trügerische Wasser der Meerenge hinweg. Bis er im Geiste schließlich das Festland und die Mauer aus Eisen und Schweiß und zermarterten Pferden erreichte, die Gedankenwälle jener gelangweilten, verängstigten, und zugleich doch von Hoffnung beflügelten und zornig entschlossenen Männer, die es gewagt hatten, in den Bergen am entgegengesetzten Ufer ihre Zelte aufzuschlagen, und die nun schliefen.
    Die Last der Verantwortung verlieh Bellos eine innere Sicherheit, die ihm normalerweise nicht zu eigen war. In den ersten Tagen, nachdem er erblindet war, also vor etwa drei Jahren, hatte er noch tagtäglich zu jedem ihm bekannten Gott gebetet und darum gefleht, endlich wieder sehen zu dürfen. Egal, ob er auf seiner Lagerstatt geruht oder aber einige vorsichtige Schritte gewagt hatte oder ob er unter den aufmerksamen Blicken Luain mac Calmas, dem Vorsitzenden des Ältestenrats von Mona, mit hohen Sprüngen und voller Angst vor einem weiteren Sturz versucht hatte zu rennen, so hatte er doch immer geglaubt, dass er eines Tages wieder geheilt würde. Denn mac Calmas heilerische Fähigkeiten waren geradezu legendär, und der Schlag auf den Kopf, der Bellos seine Sehkraft geraubt hatte, war im Grunde auch nur ein leichter gewesen, kaum genug, um einen ordentlichen Brummschädel zu verursachen. Es schien also nur wenig Anlass zu der Sorge zu bestehen, dass er sein Augenlicht womöglich für immer verloren haben könnte.
    Erst später, als er sich diese Zeit wieder ins Gedächtnis

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