Die Kristallhexe
Tages die Worte für dich spreche oder nicht. Geh jetzt.«
»Ja, Herr.« Marcus’ Augenlid zuckte, dann drehte er sich um und verließ das Zimmer.
Alberich lächelte Angela an. »Ich schlage vor, dass wir die Massage an einem etwas bequemeren Ort fortsetzen.«
Sie erwiderte sein Lächeln und warf sich auf das Bett.
25
Der Turm
S ie versteckten sich hinter einigen Sträuchern. Der Turm ragte vor ihnen empor, weniger als eine Viertelstunde Fußweg entfernt. Das Gelände war leicht abschüssig, sodass Laura die geschlossene Eingangstür sehen konnte und die Schatten, die um den Turm wirbelten.
»Was sind das für Schemen?«, fragte sie.
Spyridon hob die Schultern. Auch die anderen beiden Elfen schienen die Antwort nicht zu kennen. Laura zwang sich dazu, den Turm weiter zu beobachten, selbst wenn sein Anblick ihr unangenehm war. Er schien das Sonnenlicht zu schlucken und unter einem ewigen Nebel zu liegen. Es war ein Ort, der zu Alberich passte.
Er ist hier, dachte sie. Ich bin mir sicher.
»Da kommt jemand«, sagte Yevgenji.
Laura kniff die Augen zusammen. Die Eingangstür hatte sich geöffnet. Ein großer, in eine römische Rüstung gekleideter Mann stand davor und hob den Kopf. Nur kurze Zeit später schwebten drei der Schemen zu ihm herab und verwandelten sich in Männer. Zwei von ihnen trugen indianischen Schmuck und hatten Bögen über die Schulter geschlungen. Der dritte schien aus dem Ersten Weltkrieg zu stammen und trug ein rostiges Gewehr; am Gürtel baumelten ein Bajonett und eine Gasmaske. Seine Uniform war so zerschlissen, dass Laura seine Nationalität nicht zu sagen vermochte. Aber was sie sehen konnte, erinnerte sie an die Bilder, die sie während ihres Studiums im Proseminar Front Letters from World War One Front as Art by Accident gesehen hatte.
»Diese Geisterkrieger bewachen den Turm«, sagte Naburo. »Wir werden gegen sie kämpfen müssen.«
»Vielleicht gibt es ja eine andere Möglichkeit.« Laura betrachtete die Schatten mit einem flauen Gefühl im Magen. Es sind so viele.
Yevgenji nickte in Richtung des Turms. »Die vier Krieger kommen auf uns zu.«
Laura sah, dass er recht hatte. Die Männer bildeten eine Reihe und gingen mit aufmerksamem Blick den Weg hinauf, der sie an den Sträuchern vorbeiführen würde. Sie hielten zwar keine Waffen in der Hand, aber ihre Körperhaltung verriet, dass sie nicht auf einem Spaziergang waren.
»Das ist eine Patrouille«, sagte Spyridon. »Wollen wir sie abfangen?«
»Ja.« Naburo hob bereits den Kopf und sah sich um. »Wir ziehen uns zwischen die Felsen dahinten zurück. Die sind vom Turm aus nicht einzusehen.«
Auf den Knien zog er sich geduckt zurück, die anderen, auch Laura, folgten ihm. Sie hörte Felix hinter sich keuchen. Seit sie aus dem Portal gekommen waren, hatten sie keine Pause gemacht. Er war bereits erschöpft.
Er wird doch zu der Last, die alle befürchtet haben, dachte Laura. Sie drehte sich kurz zu ihm um, aber Felix bemerkte ihren Blick sofort und lächelte gezwungen.
»Keine Sorge«, sagte er leise. »Ich werde euch nicht aufhalten. Das verspreche ich.«
Sie fragte sich, ob er dieses Versprechen halten konnte.
Die Felsen standen nahe dem Weg; sie bildeten die letzten Ausläufer des Olymp. Als Laura sich an einen lehnte, bemerkte sie, dass der Boden an einer Stelle dunkler aussah und härter, so als habe man ihn festgeklopft.
»Sieht wie ein Grab aus«, sagte Yevgenji, dem das ebenfalls aufgefallen war. »Ist ein seltsamer Ort.«
»Und wie.« Laura sah durch eine Felsspalte zum Weg. Die Patrouille näherte sich ihnen immer noch, aber mittlerweile gingen die Männer langsamer und wirkten unaufmerksamer. Der Römer, den sie für den Anführer hielt, weil alle ihn ansahen, wenn er etwas sagte, warf immer wieder einen Blick zurück zum Turm.
»Wir sollten umkehren, Marcus«, sagte einer der Indianer. »Auf dem Weg gibt es keine Spuren außer denen unseres Königs und seiner Gespielin.«
Laura drehte sich rasch um zu Felix. Seine Augen leuchteten, als er die Worte des Mannes hörte. Das war das erste Lebenszeichen von Angela, das sie seit Langem erhalten hatten. Sogar das Wort »Gespielin« störte da nicht. Wer wusste schließlich, was Angela tun musste, um zu überleben?
»Lass uns noch ein wenig warten«, antwortete der Römer, der als Marcus angesprochen worden war. »Ich war schon lange nicht mehr so weit vom Turm weg. Hier draußen kann man sich fast frei fühlen.«
Der Weltkriegssoldat nahm seinen Helm
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