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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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ihn schon bald ein, aber er nahm sie kaum wahr. Seine Gedanken kreisten um das, was Rimmzahn gesagt hatte, mehr noch jedoch um die Reaktionen seiner Zuhörer. Die Lage war schlimmer, als er es sich vorgestellt hatte.
    Ein Krachen ließ ihn herumfahren. Keinen Meter von ihm entfernt war ein oberschenkeldicker Ast auf den Weg gefallen. Er musste von dem Baum darüber abgebrochen sein, dabei hatte es in letzter Zeit weder einen Sturm noch ein Gewitter gegeben.
    Zwei Elfen, einer mit Hörnern wie eine Kuh und der andere mit grüner Schuppenhaut, blieben stehen. »Das hätte ins Auge gehen können«, sagte der Gehörnte.
    Cedric nickte. Wäre er etwas langsamer gegangen, hätte der Ast ihn am Kopf getroffen. Er ging darauf zu und betrachtete die Bruchstelle. Sie sah frisch aus, nicht so, als hätte der Ast eine Weile halb abgerissen im Baum gehangen und wäre durch einen Zufall gerade in diesem Moment nach unten gestürzt.
    »Das sind diese verdammten Kinder«, sagte der andere Elf. »Ständig klettern sie in den Bäumen herum. Da muss so etwas ja passieren. Ist fast ein Wunder, dass noch niemand ums Leben gekommen ist.«
    »Ja«, sagte Cedric, während er bereits seinen Weg fortsetzte. »Die verdammten Kinder.«

    Um diese Zeit war es im Gemeinschaftsraum der Iolair schon recht leer. Jack saß allein an einem der großen Holztische und trank das, was im Lager als Tee durchging, mit einem gewissen Widerwillen. Das Gebräu aus getrocknetem Obst und Kräutern schmeckte fruchtig und süß, aber es machte ihn nicht wach.
    Kaffee, dachte er. Wenn ich je in unsere Welt zurückkehre, werde ich als Erstes eine Tasse Kaffee trinken. Oder zwei.
    Es stimmte, was die Auswanderer sagten, die er bei seinem Job als Sky Marshal kennengelernt hatte. Man vermisste die kleinen Dinge am meisten.
    Oder die großen, fügte eine zynische kleine Stimme in seinem Kopf hinzu, wie nicht in ein paar Wochen sterben zu müssen. Jack seufzte und schob Becher und Teller zur Seite. Er hatte auf einmal keinen Appetit mehr.
    »Sitzt hier bereits jemand?«, fragte jemand hinter ihm. Jack drehte den Kopf und sah Simon, einen der Sucher, der sich auf der Reise als britischer Programmierer ausgegeben hatte. Er hielt ebenfalls einen Holzbecher in der Hand und eine in ein Blatt eingewickelte Teigrolle, die von den Iolair Ramrol genannt wurde.
    Jack zeigte auf den Platz ihm gegenüber. »Keiner hier außer mir.«
    Simon setzte sich und packte mit sichtlicher Vorfreude seine Ramrol aus. »Man sagt, nach einer wolle man mehr, nach der zweiten fühle man sich glücklich, und nach der dritten ...«
    »... müsste man kotzen«, beendete Jack den Satz für ihn. »Ich kenne die Geschichte.«
    »Mein Rekord steht bei fünf.« Simon biss in die Rolle und kaute mit geschlossenen Augen. Der süße, schwere Geruch, ein bisschen wie das Innere eines Blumengeschäfts, drang bis zu Jack vor.
    »Ein Frühstück für wahre Krieger«, murmelte er.
    Simon spülte den Bissen mit einem Schluck Tee hinunter. »Ich muss keine Patrouillen auf Drachen fliegen oder ein Schwert schwingen können. Meine Fähigkeiten liegen zum Glück auf einem Gebiet, das durch die Wahl meines Frühstücks nicht beeinträchtigt wird.«
    Jack sah sich kurz um. Die meisten Tische waren leer. Nur auf der anderen Seite des in den Fels geschlagenen Saals saß Luca mit seinen Elfenfreunden. Sie setzten sich immer abseits, anscheinend, weil seine Freunde bei den anderen Elfen Außenseiter waren.
    »Was genau sind deine Fähigkeiten?«, fragte er, als er sich sicher sein konnte, dass ihnen niemand zuhörte.
    Simon kaute und schluckte. »Dies und das.«
    »Zum Beispiel?«
    »Was die meisten Elfen können, wirklich nichts Besonderes.«
    Jack hob die Augenbrauen. »Das ist keine Antwort. Ich kenne Elfen, die zu großen Zaubern in der Lage sind, und andere, die mit Magie nicht einmal eine Kerze anzünden können. In welche Kategorie soll ich dich einordnen?«
    »Irgendwo in der Mitte.« Simon aß den letzten Bissen seiner Ramrol und faltete das Blatt zusammen.
    »Du willst es mir nicht sagen, oder?«
    Simons Mundwinkel zuckten, als versuche er, ein Lächeln zu unterdrücken. »Das wäre ein Spoiler. So was wird nicht gern gesehen.«
    Jack stützte die Ellenbogen auf den Tisch und seufzte. »Okay, dann verrate mir wenigstens, was du und die anderen Sucher jetzt machen wollt. Ihr habt den Schattenlord theoretisch gefunden, aber keine Möglichkeit, eurem Auftraggeber Bescheid zu sagen.«
    »Uns fällt schon was ein.«

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