Die Kristallsaengerin
er meinte es so. Die anderen winkten ihr ermutigend hinterher, als sie in den Lift stieg.
Sie dachte über eine ganze Menge nach auf der kurzen Fahrt hinunter, nur nicht über ihre Besprechung mit Lanzecki. Wie konnte sie sich in den vergangenen paar Tagen allein dadurch so verändert haben, daß sie Kristalle geschnitten hatte? Jezerey war nie besonders freundlich zu ihr gewesen, aber sie war nie feindselig gewesen. Sie ärgerte sich auch über sich selbst, weil sie Rimbol so spontan versichert hatte: »Es wäre ganz in Ordnung gewesen, wenn ich nicht den Ärger mit Moksoon gehabt hätte.« Aber wie hätte sie die Erfahrung erklären können, die sie gehärtet hatte, die sie erst richtig zu einer Kristallsängerin gemacht hatte? Vielleicht würde sie versuchen, es zu erklären, wenn sie allein mit Rimbol war, ihn zu warnen, daß nach dem seltsamen, schmerzlosen Schmerz des ersten Schnitts eine völlig bizarre Ekstase von einem Besitz ergriff, der man sich nur kurz hingeben durfte, weil sie sonst Geist, Nerven und Sinne überwältigte.
Sie seufzte, als sie jetzt vor der Tür zum Büro des Gildemeisters stand. In der Sekunde, die zwischen der Ankündigung ihrer Gegenwart und dem lauten Aufgleiten der Tür verging, mußte sie daran denken, wieviel Mühe sich Concera gegeben hatte, um einige Seiten des Kristallsingens zu erklären. Und sie erinnerte sich an den seltsam rauhen Ton in Lanzeckis Stimme, als er zu-gegeben hatte, das Gefühl des Kristalls zu kennen.
»Killashandra Ree.« Lanzeckis Stimme kam aus der Ecke seines großen Büros, und sie sah, daß er über seine von einem Spot beleuchtete Arbeitsfläche gebeugt war, stapelweise Ausdrucke vor sich. Er blickte erst von seiner Arbeit auf, als sie vor ihm stand. »Hast du auch genug gegessen?« fragte er mit mehr als der normalen Höflichkeit und musterte sie prüfend.
»Ich habe hochprotein-und glukosehaltige Flocken gegessen ...«, begann sie und merkte, daß sie schon wieder Hunger hatte, als er Essen erwähnte.
»Hmmm. Ich bin sicher, daß du dir höchstens Zeit für eine Suppe genommen hast. Du hast sechzehn Stunden geschlafen, also hast du einiges an Essen nachzuholen.«
»Ich habe in den Ketten gegessen. Wirklich«, protestierte sie, als er sie bei der Hand nahm und sie zur Verpflegungskonsole zog.
»Du hast noch Verstand genug, daß du selbst daran denkst, zu essen, aber du weißt nicht, wie ungeheuer wichtig es in dieser Phase ist, daß du deine Reserven wieder aufbaust.«
»Ich kann nicht essen.« Sie war entsetzt über die vielen verschiedenen Gerichte, die er für sie wählte.
»Du bist nicht die einzige, die Hunger hat«, erwiderte er grin-send.
»Kannst du mir auch erklären, warum ich mich unbedingt dick und rund essen muß?« Trotzdem half sie ihm, den ersten Schub aus der Verpflegungsöffnung zu nehmen und roch begeistert an der verlockenden Mischung von Düften, die ihr von den Platten entgegenströmte.
»Du wirst nie einen dicken Sänger sehen«, erklärte er. »In deinem speziellen Fall hat sich der Symbiont gerade erst in dein Zellgewebe eingefügt. Eine Milekey-Transition mag zwar für den Wirt leichter sein, trotzdem muß sich die Spore vervielfa-chen, angemessen und vom System aufgenommen werden. Hier, iß zuerst die Suppe. Das Wetter und andere Erwägungen haben mich dazu gezwungen, dich verfrüht in die Ketten zu schicken, was den Prozeß deiner Adaptation betrifft.« Er warf ihr einen zy-nischen Blick zu. »Eines Tages wirst du vielleicht dankbar sein, daß du nur zwei Tage in deinem Claim gewesen bist.«
»Eigentlich drei. Ich bin nämlich keine zwei Tage bei diesem verrückten Moksoon geblieben. Er ist total paranoid!«
»Er lebt«, erwiderte Lanzecki knapp und der Unterton in seiner Stimme machte die Bemerkung sowohl zu einer Anklage wie zu einer Beschuldigung. »Drei Tage! Normalerweise wärst du nicht eher in die Ketten gekommen, bis die anderen auch so weit waren.«
»Das sind sie aber nicht vor den Passover-Stürmen.« Killashandra war entsetzt. Wenn sie solange hätte warten müssen ...
»Genau. Du wärst dann so weit ausgebildet gewesen, daß du auf alles vorbereitet warst.«
»Aber du wolltest unbedingt schwarze Kristalle.«
»Du ja auch, mein Liebling.«
Das Verpflegungssystem summte eindringend, um sie daran zu erinnern, den Verpflegungsschlitz für den Rest der Bestellung freizumachen. Lanzecki hielt das eingetippte Programm an.
»Auch wenn du mir dabei hilfst, schaffe ich es nie, das alles aufzuessen«,
Weitere Kostenlose Bücher