Die Kristallsaengerin
ihrem Bildschirm die Mitteilung erschien, sie möge sich mit dem Gildemeister in Verbindung setzten, wenn es ihr gerade paßte.
Was sie sofort tat, bevor sie überlegte, ob es ihr paßte.
Ihr Anruf wurde sofort beantwortet, und auf ihrem Bildschirm erschien der Gildemeister. Er war umgeben von Computeraus-drucken und sah müde aus.
»Hast du gut geschlafen?« wollte Lanzecki wissen. Etwas verspätet schaltete Killashandra ihren eigenen Schirm ein. »Ja, du siehst wesentlich besser aus.«
»Besser?«
Ein leichtes Lächeln bog seine Lippen. »Als nach der Anstrengung und Erschöpfung deiner dramatischen Rückkehr.«
Dann veränderte sich sein Ausdruck, und aus Lanzecki wurde der Gildemeister. »Ich möchte, daß du in mein Büro kommst. Ich muß mit dir über einen außerplanetarischen Auftrag sprechen.«
»Ich möchte«, nicht »würdest du bitte«, dachte Killashandra, feinfühlig für Schlüsselwörter.
»Ich komme, sobald ich etwas gegessen und mich angezogen habe.« Er nickte und unterbrach die Verbindung.
Während sie den letzten Rest ihrer Suppe trank, betrachtete sie sich lange in den Spiegeln im Bad. Sie war nie eitel gewesen, was ihr Aussehen betraf. Sie hatte gute, kräftige Gesichts-knochen, breite Wangen, eine hohe Stirn und dichte, wohlgeformte Augenbrauen, die sie nicht gezupft hatte, da sie für die Bühne so ausdrucksvoller gewesen waren. Ihr Kiefer war kräftig, und sie verlor die Wangenmuskeln, die sich durch das Singen ausgeprägt hatten. Sie klatschte sich gegen die Seiten ihres Kinns. Alles fest. Was immer auch den hageren Ausdruck in ihrem Gesicht bewirkte, spiegelte sich in ihrem Körper wieder. Sie bemerkte, wie sehr ihre Schlüsselbeine hervortraten.
Wenn sie jetzt besser aussah, wie Lanzecki gesagt hatte, wie mochte sie dann am Tag zuvor ausgesehen haben? Selbst so hätte sie die Raumhexe oder die Raumfahrerwitwe ohne Ge-sichtsfarbe spielen können.
Sie suchte sich etwas Loses und Duftiges, das um Nak-ken und Handgelenke zusammengebunden wurde, und zog dazu einen langen, weiten Rock an. Dann trat sie zurück und drehte sich halb herum, erstaunt über ihr ganzes Spiegelbild. Irgend etwas war anders geworden. Nur was das war, konnte sie nicht feststellen; der Gildemeister wartete auf sie.
Sie hatte fast den Liftschacht erreicht, als aus dem Gemeinschaftsraum eine Gruppe von Leuten auftauchten.
»Killashandra?«
»Rimbol?« Killashandra ahmte seine überraschte Frage mit einem leisen Lachen nach. »Du müßtest mich doch eigentlich kennen!«.
Über Rimbols Gesicht huschte ein merkwürdiges Grinsen, das sich dann zu seinem üblichen, offenen Lachen entspannte.
Bei ihm waren Jezerey, Mistra und Borton.
»Na, heute abend siehst du schon eher wieder wie du selbst aus als gestern.« Rimbol kratzte sich verwirrt am Kopf und grinste den anderen wehmütig zu. »Ich wollte Concera nicht glauben, als sie immer wieder sagte, daß einen Kristallsingen verändert, aber jetzt sehe ich, daß sie recht hat.«
»Ich glaube nicht, daß ich mich verändert habe«, erwiderte Killashandra steif, verärgert darüber, daß Rimbol und, ihren Ausdrücken nach zu urteilen, auch die anderen, etwas verstanden, das sie nicht begriff.
Rimbol lachte. »Also, vor dem Spiegel bist du ja gewesen«
- er deutete auf ihre sorgfältig ausgewählte Kleidung - »aber du hast es nicht gesehen.«
»Nein, hab‘ ich auch nicht.«
Bei ihrer scharfen Antwort verzog Rimbol entschuldigend das Gesicht.
»Sänger sind für ihre Reizbarkeit bekannt«, meinte Jezer-ney mit einem unfreundlichen Blick.
»Ach, hör schon auf, Jez«, gab Rimbol zurück. »Killa ist gerade erst aus den Ketten zurück. Ist es wirklich so schlimm, wie es immer heißt, Killa?« Er stellte die Frage ganz ruhig, »Es wäre ganz in Ordnung gewesen, wenn ich nicht den Ärger mit Moksoon gehabt hätte.«
»Oder mit dem Gildemeister«, fügte Rimbol mitfühlend hinzu.
»Ach, du hattest es mitbekommen?« Killashandra beschloß, sich zu dem Zwischenfall zu bekennen. »Er hat natürlich recht gehabt. Es war zwar eine harte Lektion, aber ich habe sie mir gemerkt. In den Ketten mußt du deinen eigenen Schlitten und deine eigene Haut retten. Bist du nachher noch da, Rimbol? Ich muß nämlich jetzt zu Lanzecki.« Sie senkte bewußt ihre Stimme, gab sich betont etwas ängstlich und suchte nach Mitleid in den Gesichtern der anderen. »Ich hätte Lust, nachher auch in den Aufenthaltsraum zu kommen, wenn du da bist.«
»Viel Glück!« rief ihr Rimbol nach, und
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