Die Kristallsaengerin
ihre Getränke holten.
»Mit Ihnen sind es dreißig«, begann Rimbol, als er sie zu einem Platz auf dem einzigen noch freien Sofa führte. »Shillawn und Carigana machen zweiunddreißig, und dann soll noch jemand heute die Vorprüfung machen. Wenn er es auch schafft, heißt das, daß wir morgen alle runter nach Ballybran kommen.«
»Das heißt, wenn es nach der berühmten Aufklärung niemand mit der Angst zu tun bekommt«, warf ein Mädchen ein, das sich jetzt zu ihnen geselle. »Ich bin übrigens Jezerey von Salonika in der Antaresgruppe.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie das Ganze noch ab-blasen würden, wenn sie uns erst mal aufgeklärt haben.«
»Vielleicht haben Sie recht, aber ich weiß mit Sicherheit, daß dreißig die kleinste Gruppe ist, die sie ausbilden«, fuhr Jezerey fort und machte es sich mit einem ausgiebigen Seufzer auf der Couch bequem. »Ich habe sieben Wochen Standardzeit warten müssen.« Sie klang entrüstet. »Aber Borton« — sie deutete auf die Kartenspieler — »ist schon neun hier. Er ist ganz knapp für den vorigen Kurs zu spät gekommen. Nichts könnte ihn dazu bringen, es sich anders zu überlegen. Bei ein oder zwei von den anderen bin ich mir da nicht so sicher - und wir brauchen eigentlich jeden. Rimbol meint, daß Carigana auf jeden Fall bei ihrem Entschluß bleibt. Wenn ich mir überlege, was für ein Gesicht sie gemacht hat, als der alte Buckel sie hereinbrachte, bin ich richtig froh, daß sie uns offensichtlich auch nicht mag und in ihrem Zimmer geblieben ist. Raumarbeiter sind schon ein komischer Haufen, aber sie — sie ist ...«
»Sie steht einfach unter Spannung«, beendete Rimbol den Satz, als Jezerey nichts mehr einfiel. »Ich glaube, daß sie Raumstationen genauso wenig traut wie Raumschiffen. Sie war den ganzen Flug hierher mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt. Shillawn« - dabei bedachte Rimbol Killashandra mit einem spöttischen Ausdruck - »war völlig mit den Nerven runter, also habe ich mich an seinem Privatleben vergriffen und ihm ein Beruhigungsmittel in sein Bier geschüttet. Er schläft jetzt.«
»Aus welchem Grund sollte jemand wie er Kristallsänger werden wollen?« fragte Killashandra.
»Warum wollen wir es werden?» erwiderte Rimbol amüsiert.
»Also, schießen Sie los!« konterte Killashandra blitzschnell.
»Weil ich als Instrumentalist nicht weitermachen durfte. Es gab da, wo ich herkomme, nicht genug Möglichkeiten für einen Streicher. Kristallsingen ist die nächstbeste Alternative.«
Killashandra nickte und blickte zu Jezerey hinüber.
»Merkwürdig«, meinte diese mit einem nachdenklichen Ausdruck, »auch ich war in meinem Beruf überflüssig. Ich war Prothesen-Therapeutin. Und der Himmel weiß, daß genug Unfälle auf Salonika passieren.« Sie rümpfte die Nase und bemerkte dann den verwirrten Ausdruck auf den Gesichtern von Rimbol und Killashandra. »Es ist ein Bergbauplanet, mit Asteroidengürteln um uns und den nächsten Planeten. Neben dem Bergbau waren Prothesen unser größter Industriezweig, könnte man sagen.«
»Raumarbeiter werden doch eigentlich auch immer gebraucht«, stellte Killashandra mit einem Blick auf Rimbol fest.
»Das war auch nicht der Grund bei Carigana. Sie bekam einen Schock, als ihre Sicherheitsleine zerriß - ich glaube, sie muß eine ganze Zeit im Raum getrieben sein, bevor man sie endlich fand.
Sie hat es zwar nicht gesagt« - Rimbol legte besonderen Nachdruck auf das letzte Wort - »aber sie ist wahrscheinlich zu labil für einen solchen Beruf.«
Jezerey nickte mitfühlend.
»Und Shillawn?«
»Er hat mir erzählt, er sei Chemotechniker gewesen«, antwortete Rimbol. »Nachdem sein Projekt beendet war, bekam er eine Aufgabe, die ihm nicht gefiel. Unter der Erde. Der Junge leidet an Klaustrophobie. Ich glaube, deshalb ist er auch so nervös.«
»Und wir alle haben das absolute Gehör«, sagte Killashandra mehr zu sich als zu den anderen, denn sie mußte gerade an die Bemerkungen denken, die Maestro Valdi Carrik anklagend ent-gegengeschleudert hatte, vor allem an die über eine »Silikatspinne«. Sie schüttelte das spitzfindige Mißtrauen als unbegründet ab.
In diesem Augenblick stieß einer der Kartenspieler einen heftigen Fluch aus, und seine inständige Bitte an alle im Raum, als Schiedsrichter einzutreten, unterbrach ihr Gespräch.
Obwohl sich Killashandra an der leidenschaftlichen Diskussion, die folgte, nicht beteiligte, hielt sie es für angebracht, noch etwas bei dieser Gruppe zu bleiben,
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