Die Kristallsaengerin
Nervenzucken des Schmerzschwelletests ihr nicht mehr als ein Kichern entlocken konnte.
»Nun, Killashandra Ree«, sagte Antona und strich abwesend eine Strähne in ihren Haarkranz zurück, »Sie haben Glück.« Das Lächeln, mit dem sie Killashandra auf die Füße half, war das wärmste, das die junge Frau bisher bei einem vollen Gildemitglied gesehen hatte. »Wir werden nur sichergehen, daß es bei diesem Verlauf keine Rückschläge gibt. Kommen Sie, ich werde Ihnen Ihr Zimmer zeigen.«
»Bin ich in Ordnung? Ich dachte, ich würde Fieber bekommen.«
»Das bekommen Sie vielleicht später noch«, meinte Antona und lächelte ermutigend, als sie Killashandra einen breiten Gang hinunter führte.
Killashandra zögerte und rümpfte die Nase bei den Gerüchen, die auf sie eindrangen: feuchter Schweiß, Urin, Kot, Erbrochenes und, so deutlich wahrnehmbar wie die anderen Gerüche, der der Angst.
»Ja«, fuhr Antona fort, die ihr Zögern bemerkt hatte, »ich kann mir vorstellen, daß es eine Weile dauert, bis Sie sich an den ver-feinerten Geruchssinn gewöhnt haben. Glücklicherweise ist das keine meiner Adaptationen gewesen. Ich kann zwar immer noch riechen, was ich in meinem Beruf auch können muß, aber nicht übertrieben stark. Ich habe Sie im hinteren Teil untergebracht, abseits von den anderen, Killashandra. Sie können die Klimaanlage programmieren, damit Sie das nicht mehr riechen.«
Auch Geräusche drangen auf Killashandra ein. Trotz dik-ker, schalldämpfender Wände erkannte sie eine Stimme.
»Rimbol!« Sie wirbelte nach rechts und hatte schon eine Tür geöffnet, bevor Antona sie daran hindern konnte.
Der junge Scartine, dessen Rücken sich in einem Krampfanfall bog, wurde von zwei starken Meditechs im Bett gehalten.
Ein dritter sprühte seine Brust mit einem Spray ein. In den zwei Tagen, die sie ihn jetzt nicht gesehen hatte, hatte er Gewicht verloren, seine Haut war merkwürdig blaßgelb geworden, und sein Gesicht war verzerrt von den Krämpfen, die seinen Körper schüttelten.
»Nicht alle haben es ganz so einfach«, meinte Antona und nahm sie beim Arm.
»Ganz so leicht!« Killashandra widersetzte sich Antonas Versuch, sie aus dem Zimmer zu ziehen. »Das Fax sagte zufriedenstellend. Wird dieser Zustand vielleicht als zufriedenstellend betrachtet?«
Antona sah Killashandra an. »Ja, in einer Hinsicht ist sein Zustand zufriedenstellend — er bewahrt seine eigene Integri-tät mit dem Symbionten. Physisch geht eine enorme Veränderung vor sich: eine instinktive Abstoßung auf seiner Seite, eine Mutation auf der des Symbionten. Die Computerprognose gibt Rimbol eine ausgezeichnete Chance zu einer zufriedenstellenden Anpassung.«
»Aber ...« Killashandra konnte den Blick nicht von Rimbols zuckendem Körper abwenden. »Wird es mir auch so gehen?«
Antona zog den Kopf ein und verbarg ihren Ausdruck, eine Ausflucht, die Killashandra verärgerte.
»Ich glaube nicht, Killashandra, Sie brauchen also keine Angst zu haben. Die Ergebnisse der Untersuchung müssen zwar noch analysiert werden, aber der erste Blick weist auf eine Adaption ohne Komplikationen hin. Sollte es anders sein, werden Sie es als erste wissen. Es ist vielleicht ein schwacher Trost, aber Sie würden hier hereingestürmt kommen.«
Killashandra ignorierte den Vorwurf. »Können Sie schon sagen, wie lange er noch in diesem Zustand sein wird?«
»Noch einen Tag, dann dürfte er das Schlimmste hinter sich haben.«
»Und Jezerey?«
Antona sah Killashandra verständnislos an. »Ach ja, das Mädchen, das gestern im Hangar zusammengebrochen ist? Es geht ihr gut — nein, ich berichtige mich.« Antona lächelte versöhnlich. »Sie leidet im Augenblick an einem vorauszusehenden Anfall an Hyperthermie, den wir ihr erleichtern, soweit es im Bereich unserer Möglichkeiten steht.«
»Also zufriedenstellend?« Killashandra war verbittert über eine derart irreführende Klassifizierung, ließ sich aber von Antona aus Rimbols Zimmer führen.
»Zufriedenstellend nach unseren Maßstäben und Erfahrungen, ja. Es gibt natürlich Abstufungen, je nachdem, wie heftig der Symbiont den Wirt angreift beziehungsweise wie heftig der Wirt den Symbionten abstößt.« Antona zuckte die Achseln. »Wenn wir alle indirekten Folgen und Abweichungen kennen würden, wäre es einfach, nur die Kandidaten mit den entsprechenden Chromosomen auszuwählen. Aber so einfach ist es nicht, auch wenn wir immer weitere Fortschritte in der Definierung der exakten Parameter machen.«
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