Die Kristallsaengerin
Behandlung sofort eingeleitet«, erklärte Tukolom, der dazugekommen war, ohne daß sie es bemerkt hatten. »Alles läuft richtig.« Er bedachte sie mit einem fast väterlichen Lächeln, worauf er die Gesichter vor sich aufmerksam musterte. Offensichtlich zufrieden winkte er ihnen, ihm in den Aufenthaltsraum zu folgen.
»Wenn er mich so ansieht, habe ich das Gefühl, als müßte ich auch längst krank sein«, murmelte Jezerey so leise, daß nur Killashandra und Borton es hören konnten.
»Ich wünschte verdammt noch mal, daß ich es schon wäre«, erwiderte Killashandra. Sie versuchte, nicht an Rimbol zu denken, wie er jetzt vielleicht von Fieberanfällen oder Krämpfen geschüttelt wurde.
»Das Wetter heute wird behandelt«, verkündete Tukolom unheilvoll und runzelte die Stirn, als seine Zuhörer aufstöhnten.
Killashandra verbarg ihr Gesicht und ballte die Hände zu Fäusten, bis sich ihre Nägel schmerzhaft in die Handflä-
chen bohrten. Ausgerechnet heute mußte er über das Wetter reden.
Sie nahm trotz allem einiges von dem, was er über das Thema Meteorologie auf Ballybran und seine Monde bezogen zu sagen hatte, in sich auf. Killashandra erfuhr von all den Sicherheitssystemen, Warnanlagen, visuellen Anzeichen für drohende Turbulenzen und den Sturmpflichten der Gildemitglieder — alle verfügbaren Leute wurden dazu herangezogen, die Schlitten der Sänger zu entladen, nicht nur die noch nicht eingeteilten Rekruten.
Anschließend führte Tukolom seine unterwürfigen Schü-
ler in die Met-Sektion der Gildekontrollräume, wo sie andere Leute sehen konnten, wie sich diese Satellitenphotos, Mond-relais und die Aufzeichnungen der verschiedenen sensitiven Instrumente ansahen, die Temperaturen, Schwebepartikel, Windgeschwindigkeit und -richtung vom Sensornetz auf dem Planeten aufzeichneten.
Killashandra konnte sich nur schlecht als Metarbeiter vorstellen. Die wirbelnden Wolken verwirrten sie, und sie fand es schwierig, sich zu erinnern, welche Mondansicht sie betrachten sollte. Der Computer übersetzte die Daten in Vorhersagen, die immer wieder auf den neusten Stand gebracht, verglichen und von Mensch und Maschine überprüft wurden.
Eine weitere Form der Symbiose. Eine, an der ihr für sich selbst nicht allzu viel lag.
Tukolom brachte sie dann wieder zum Hangar, wo sie ein Wartungsteam zu einer der nahegelegenen Sensoranlagen begleiteten. Sie waren gerade dabei, den Transporter zu be-steigen, als Jezerey einen Krampfanfall bekam und mit rotem Gesicht auf den Boden fiel. Sie stöhnte, als sie von einem Krampf geschüttelt wurde.
Borton war sofort auf den Knien bei ihr, aber im selben Moment tauchten zwei Fremde auf, als wären sie hertele-portiert worden, betteten sie in einen gepolsterten Kokon und trugen sie weg.
»Völlig normal solche Anzeichen für die Adaptation sind«, erklärte Tukolom und sah Borton an, der besorgt seiner Freundin nachblickte. »Aufhalten diese Techniker wir nicht länger dürfen.«
»Es ist ihnen scheißegal«, sagte Borton aufgebracht und schlug mit der Faust auf den harten Sitz neben Killashandra.
»Sie haben sie behandelt wie ein Paket. Sie sind froh, wenn sie uns krank sehen.«
»Ich würde lieber selbst krank werden als zuzusehen, wie andere es werden«, gab Killashandra zurück. Ihre Stimme war weich vor Mitgefühl über seinen Kummer. Sie selbst vermißte schon Rimbols respektlose Bemerkungen und seine aufmunternde gute Laune, und Borton war bereits während ihres langen Wartens auf Shankill mit Jezerey zusammen gewesen.
»Das schlimmste ist, daß man nicht weiß, wann es einen erwischt.«
Borton starrte hinaus auf die Hügel, die unter ihnen vor-beizogen, vertieft in seinen Kummer, und Killashandra überließ ihn ungestört seinen Gedanken.
Jezereys Zusammenbruch warf einen weiteren Schatten über den Rest der Fahrt. Shillawn, der Killashandra gegenüber auf der anderen Seite des Gangs saß, schluckte mit einer solchen rhythmischen Nervosität, daß sie nicht in seine Richtung sehen konnte. Diese Gewohnheit hatte sie immer schon gereizt: jetzt regte sie sie regelrecht auf. Also schaute sie in die andere Richtung, an Borton vorbei, auf die rasch wechselnde Szenerie.
Die Farben der Sträucher, die verkrüppelten Bäume, die blitzenden Sonnenstrahlen auf den freiliegenden Felsformationen boten einen prachtvollen Anblick. Killashandra hatte zwar immer mit wachem Interesse die Bewegung, Rhythmus und Fluß auf der Bühne in sich aufgenommen, aber kaum Gelegenheit
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