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Die Krone der Macht

Die Krone der Macht

Titel: Die Krone der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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Moment lang umfing ihn Dunkelheit. Dann war er auch schon beim Abstieg. Wie er hinunter gelangte, wurde ihm nicht bewusst. Doch dann kniete er neben der leblosen Gestalt. Immer wieder rief er ihren Namen. Er hob das Mädchen auf, das wie ein toter Vogel in seinen Armen lag. Auf ihrer bleichen Stirn war eine große Wunde, und das Blut lief über die zarte Wange. Nadors Augen waren blind vor Tränen. Er trug den leblosen Körper Sarjas zu den Pferden, wo er sie behutsam auf den Boden legte. Er riss die Decken vom Sattel des Packpferdes und breitete sie auf einer kleinen Grasstelle aus, die ihr kümmerliches Dasein zwischen den Geröllbrocken fristete.
    Zärtliche, törichte Worte flüsternd bettete er das Mädchen auf die Decken. Er kniete neben ihr nieder und untersuchte ihren Körper. Bis auf die Wunde an der Stirn und etliche Abschürfungen konnte er keine Verletzungen feststellen. Sie schien auch nichts gebrochen zu haben, was ihm nach dem harten Sturz wie ein Wunder schien. Aber sie rührte sich nicht und schien auch nicht zu atmen. Er legte den Kopf auf ihre Brust und lauschte. Doch vergeblich! Er konnte ke inen Herzschlag wahrnehmen.
    Da brach er zusammen. Er, der von frühester Jugend gewöhnt war, nie eine Träne zu vergießen, da man ihn dafür stets ausgelacht hatte, warf sich über die leblose Sarja und weinte wie ein Kind. Dann hob er den Kopf und schrie seinen Schmerz gegen die Felsen:
     
    „Grausames Schicksal, das mir bis heute jedes Glück missgönnt hat! Musstest du schenken, um gleich wieder zu nehmen? Musstest du mich den Himmel kosten lassen, um mir die Hölle noch schrecklicher zu machen? Was bin ich noch ohne sie, die mir mehr bedeutete als mein Leben? Warum erschlugst du nicht mich, dessen Leben bis jetzt nichts wert war? Nicht nur mich hast du beraubt - ein ganzes Volk stürzt du ins Verderben! Sie war die Letzte aus königlichem Geblüt, die einzige Hoffnung ihres Volkes, das nun nie mehr in Frieden und Freiheit leben wird. Nun wird Doron bald herrschen, und die Völker werden stöhnen unter seiner Geißel. Denn nun wird er auch den Stein erringen, da es niemanden mehr gibt, der berechtigt wäre, ihn zu tragen. Und damit ist Dorons Macht keine Grenze mehr gesetzt. Wollt ihr das, ihr Götter? Wie könnt ihr das zulassen?“
     
    Dumpfe Trauer überkam Nador. Er hielt Sarjas  kalte Hand und war wie in Trance versunken. Wie lange er so gesessen hatte, wusste er nicht. Es dunkelte schon, als er sich schwerfällig erhob. Was sollte er nun tun? Sein Innerstes war wie leergebrannt, und alles kam ihm so sinnlos vor. Er konnte genauso gut hier sitzen bleiben und darauf warten, dass Dorons Bestien seinem Leben ein Ende setzten. Mochte die ganze Welt versinken, was lag ihm noch daran? All sein Glück, seine Liebe lag leblos zu seinen Füßen, das bleiche Antlitz in den letzten Strahlen der Abendsonne überirdisch schön. Wieder war es ihm, als drehe man ein glühendes Eisen in seinem Herzen, aber seine Augen blieben trocken. Er hatte keine Tränen mehr.
     
    Die Sonne war schon fast ganz verschwunden, und die Felsen warfen lange Schatten, als einer der letzten roten Strahlen plötzlich ein helles Licht neben Sarjas Schulter aufblitzen ließ. Der Strahl hatte sich in dem Edelstein gefangen, der bei dem Sturz aus Sarjas Ausschnitt gefallen war und nun an seiner Kette, die sie immer noch um den Hals trug, neben ihr lag. Wie gebannt starrte Nador auf den Stein, und ein Gedanke fuhr ihm durch den Kopf - ein winziger Funken Hoffnung!
    Schon kniete er wieder neben Sarja und versuchte mit fliegenden Fingern, ihr das Kettenhemd vom Körper zu ziehen. Als er es endlich geschafft hatte, riss er ungeduldig die Verschnürung ihres Lederhemdes auf und legte den Stein auf die bloße Haut ihrer Brust.
    Kaum hatte der Stein ihre Haut berührt, als er in einem roten Licht zu pulsieren begann. Atemlos sah Nador auf das auf- und abschwellende Leuchten. Immer schneller pulsierte der Stein, aber nichts geschah. Nador presste die Nägel so heftig in seine Handflächen, dass das Blut hervortrat. Immer heller wurde das Pulsieren, bis der Stein auf einmal grell aufblitzte und dann mit einem Schlag erlosch.
    Nadors Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Und da! Ein tiefer, stöhnender Atemzug dehnte Sarjas Brust und dann schlug sie die Augen auf.
     
    „Nador, mein Liebster“, flüsterte sie, „mein Kopf tut so weh. Warum habe ich bloß nicht auf dich gehört?“
     
    „Sarja!“ jubelte Nador, „Sarja, mein Liebling,

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