Die Krone der Macht
sich leicht vor ihr.
Sie sah ihn prüfend an, doch weder sein Gesicht noch seine Stimme ließen auf Spott schließen - er hatte in vollem Ernst gesprochen. Schon wollte Sarjas Zorn wieder aufflammen, aber dann dachte sie an Ástinos Worte.
„Nador, ich komme nicht als Königin von Ellowin zu dir“, sagte sie weich, „sondern als Sarja, als die Frau, die dich liebt. Und was ich dir zu sagen habe, sind keine Befehle, sondern Bitten. Ich möchte dich nämlich bitten, mir zu verzeihen. Ich weiß nun, wie sehr ich dich verkannt habe, denn ich habe eingesehen, dass du nur mein Glück wolltest. Lasse uns darum noch einmal von vorn beginnen, und wenn du irgendwann meinst, du müsstest mich verlassen, dann werde ich dich nicht zurückhalten. Du bist frei und brauchst dich nicht an mich gebunden zu fühlen. Aber bis dahin bitte ich dich, mir wieder deine Liebe zu schenken, wenn es dir noch möglich ist. Denn ich könnte es nur schwer ertragen, unter den jetzigen Voraussetzungen neben dir zu leben. Kannst du mir meine Bitte erfüllen?“ Damit kniete sie vor ihm nieder und schlang ihre Arme um seine Schenkel.
Nador zog sie sofort wieder hoch. „Sarja“, rief er entsetzt, „versprich mir, dass du nie wieder so vor mir kniest - nicht vor mir und auch vor niemand anderem! Versprich es mir!“
Dann riss er sie in seine Arme und küsste sie. Es kam ihm wie ein Wunder vor, dass er sie wieder in den Armen halten durfte. Es war ihm, als zöge man ihn aus einem dunklen tiefen Wasser wieder ans Sonnenlicht und er könne auf einmal wieder atmen, nachdem er in der Tiefe fast erstickt wäre.
„Alles, was du willst, verspreche ich dir, mein Liebster“, flüsterte sie zwischen zwei Küssen, „wenn du mich nur noch ein wenig liebst.“
„Ich liebe dich, Sarja“, antwortete er schlicht, „und ich werde dich nie verlassen, es sei denn, du selbst schicktest mich fort. Denn ich weiß, dass ich erst mit dir angefangen habe zu leben.“
Unten im Lager wickelte sich Ástino mit einem befriedigten Lächeln fester in seine Decken. Als Sarja aufstand, war er wach geworden. Als er nun die beiden eng umschlungen Gestalten, die sich gegen den heller werdenden Himmel abzeichneten, auf der kleinen Erhöhung sah, murmelte er:
„Sie ist ein kluges Mädchen, unsere Sarja. Ich wusste es doch!“ und schlief wieder ein.
7. David und Goliath
Drei Tage später erreichten die Reisegefährten die kleine Stadt Robant, die an der Mündung des kleinen Flusses in den Tarin lag. Die Händler hatten zwischenzeitlich beschlossen, von hier aus auf dem Fluss weiter zu reisen. Ab hier war der Tarin auch für größere Boote befahrbar. Im Oberlauf war das nur mit sehr leichten Booten möglich, da der Fluss - von den Hängen des Schneegebirges kommend - viel Geröll mit sich gebracht hatte. Es gab im oberen Flusslauf viele Strudel und Untiefen, doch hatte sich das Wasser zum Teil auch tief und reißend in sein Bett eingegraben. So gab es dort auch nur wenige Furten, von denen die meisten im Frühjahr, wenn der Fluss anschwoll, nicht zu passieren waren. Erst hier an seinem Unterlauf wurde der Tarin freundlicher und floss ruhig und breit in seinem Bett.
Die Händler wollten hier ihre Tiere verkaufen und dafür ein Schiff mieten, das sie schneller und sicherer nach Gendana bringen würde. Nador hätte sich ihnen gern angeschlossen, doch Sarja war dagegen.
Sie meinte: „Erstens wird sich keiner von uns gern von seinem Pferd trennen, und zweitens habe ich das Gefühl, dass wir zu Lande weiter reisen müssen.“
„Aber bedenke“, warf Ástino ein, „obwohl sich unsere Feinde in den drei Tagen nicht wieder gezeigt haben, heißt das wohl nicht, dass wir sie los sind. Auf dem Fluss wären wir vor ihnen sicherer, als wenn wir jetzt allein weiterreiten müssen. Wir könnten den Stein befragen. Er würde uns das Richtige weisen.“
„Nein, denn das würde er nicht“, entgegnete Sarja. „Er würde uns die Richtung zeigen, aber er sagt uns nicht, auf welche Weise wir dort hinkommen. Außerdem kann ich ihn nur noch einmal nach dem Weg fragen, und wer weiß, wann das irgendwann nötiger sein wird. Lasst uns lieber meinem Gefühl folgen. Es hat bis jetzt in dieser Beziehung noch nicht geirrt. Und außerdem haben wir den dritten Gefährten noch nicht gefunden, was auf dem Schiff wohl eher unwahrscheinlich sein dürfte.“
Nador und Ástino waren zwar nicht sehr glücklich darüber, den
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