Die Krone der Macht
Tau an der Reling fest und erhob beide Arme in den Wind. Er rief etwas in den Sturm hinein, aber die anderen konnten nicht verstehen, was er rief. Das Heulen des Sturms und das Toben des Meeres verschluckten alle anderen Laute. Doch sie sahen, dass von Jarins Händen ein seltsames Leuchten ausging. Und siehe da, der Sturm ließ langsam nach, bis nur noch ein kräftiger Wind übrig geblieben war. Doch noch immer wurde das Boot von den wilden Wogen wie ein Spielball umher geworfen.
„Ardon!“ rief Jarin. „Wir müssen ein neues Segel aufziehen. Den Wind kann ich besänftigen, aber das Meer wird nicht so schnell ruhig werden. Wir müssen das Schiff daher unbedingt wieder lenken können, sonst kentert es womöglich noch. Werdet ihr das schaffen?“
„Wir müssen es versuchen“, rief Ardon. „Ástino, hilft mir!“
Gemeinsam versuchten die beiden, das zerfetzte Segel zu bergen, während Nador sich um Sarja kümmerte. Sie hing halb ertrunken mit einem Seil gesichert an der Reling und schnappte mühsam nach Luft. Doch selbst Ardon war nicht in der Lage, das Segel zu lösen, das der Sturm am Mast verhakt hatte.
„Ástino, traust du dich in den Mast?“ rief Ardon ihm zu. „Das Segel muss losgeschnitten werden, sonst kriegen wir es nie herunter.“
Kaum hatte er das gesagt, als Ástino auch schon wie ein Affe den Mast hinaufturnte. Obwohl das Schiff wild herumtanzte, und der Mast nass und glitschig war, erreichte er die Mastspitze. Die Beine fest um den Mast geschlungen, nur mit einer Hand in der Takelage verkrallt, schnitt er mit seinen Dolch die verhedderten Segelfetzen durch, und auf einmal fiel das Segel. Ástino rutschte am Mast nach unten, während Ardon das Segel vom Mastbaum löste. Mühsam brachten die beiden ein neues Segel an und zogen es hoch. Kaum war es befestigt, als das Schiff auch wieder dem Ruder gehorchte, das Nador ergriffen hatte.
Es dauerte zwar noch Stunden, bis die See sich beruhigte, aber das ausgezeichnete Schiff erkämpfte sich tapfer seinen Weg durch die Wellen. Der Sturm lebte nicht wieder auf, und der kräftige Wind ließ sie gute Fahrt machen. Nachdem alle nacheinander trockene Kleidung angezogen hatten und ein heißes Getränk sie wieder erwärmt hatte, wechselten sich die Männer zu je zweien bei der Deckwache und am Ruder ab. Sarja hatte man in eine Koje gepackt, und trotz ihres Protests hatte Nador darauf bestanden, dass sie dort auch erst mal bliebe, bis man sicher sein konnte, dass sie völlig in Ordnung war.
Nun stand er am Ruder. Jarin lehnte neben ihm an der Reling und sah zu den Sternen auf, die am nun klaren Himmel blinken. Ruhig glitt das Boot durch die Wellen, die es nur noch sanft wiegten.
Nador brach das Schweigen: „Ich habe gemerkt, da es Euch nicht recht ist, dass Sarja und ich uns lieben. Könnt Ihr mir sagen, aus welchem Grund es Euch missfällt?“
„Eigentlich dürfte ich das nicht“, antwortete Jarin, und seine Stimme klang sehr ernst. „Aber ich will es dir anvertrauen unter der Bedingung, dass du es den anderen und insbesondere Sarja verschweigst. Denn wenn sie es wüssten, hätten sie nicht mehr den Mut, das Unternehmen zu wagen. Durch eure Liebe ist Sarja nun nicht mehr in der Lage, Doron zu vernichten. Sie kann nur noch die Krone zurückholen. Denn die zweite Bedingung des Rates war, dass das Herz des Erben der Krone nicht durch das Band der Liebe an einen Partner gebunden sein dürfe. Somit wäre ihre Mutter zur Lösung der Aufgabe besser geeignet gewesen, da Sarjas Vater ja schon lange tot ist und sie sich nicht neu vermählt hat. So könnt ihr nur versuchen, die Krone wieder zu holen. Doch die Bedrohung durch Doron wird bestehen bleiben, selbst wenn euch das gelingt. Somit wird einer von Sarjas Nachkommen erneut den Kampf zu bestehen haben, und Doron wird in dieser Zeit viel Unheil anrichten können. Zwar wird die Krone, wenn es euch gelingt, sie Doron wieder zu entreißen, euer Land auch weiterhin schützen, doch wird er das Netz um Ellowin immer enger ziehen. Darum war es mir gar nicht recht, als ich bemerkte, wie es um euch beide steht. Versprich mir nur eines, Nador: Du musst mit allen Mitteln verhindern, dass sich Sarja Doron zum Kampf stellt. Er würde sie unweigerlich vernichten! Aber sobald sie die Krone hat, ist sie vor Doron geschützt. Er selbst kann dann den Kampf mit Sarja nicht beginnen, sondern nur seine Kreaturen gegen euch einsetzen. Doch beginnt sie den Kampf mit ihm, darf er sich verteidigen, und
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