Die Krone von Camelot
etwas anderes.«
»Komm und trink etwas Wein mit mir«, bot er an. »Du bist müde, und es wird besser sein, wenn du dich einen Augenblick ausruhst.«
Ich ging mit ihm zu seinem Haus, und er schenkte mir einen
Becher Wein ein und fügte eine gleiche Menge Wasser hinzu. Sein Haus lag auf der Westseite der Festhalle, in der Nähe meines Hauses. Da er der Feldherr war, hatte er alle drei Räume für sich. Das Gebäude war meinem Haus sehr ähnlich, aber einfacher. Das paßte mehr zu seinem Geschmack. Der einzige Schmuck war ein Regal mit Büchern beim Schreibpult, an welchem ich saß, während ich den Wein trank. Er saß beim Feuer und schaute mich an.
»Danke«, sagte ich und schaffte es, meine Stimme wieder zu beherrschen. »Es war etwas ganz Dummes. Ich hätte es nie zulassen sollen, mich davon quälen zu lassen.« Ich hatte vor, nichts weiter zu sagen, sondern die Unterhaltung auf die Bücher oder auf die Politik zu bringen. Aber unter seinen ruhigen, besorgten Augen stellte ich plötzlich fest, wie ich sagte: »O Bedwyr, ich wünschte, ich könnte Kinder haben!«
Er sprang auf, wollte auf mich zukommen, blieb dann stehen und schaute mich an. Ich preßte die Hände vors Gesicht, zog sie über die Augen, um den Druck dort zu erleichtern. »Ich bin nur müde«, sagte ich. »Man fühlt es manchmal. All die Kriege, all die Beratungen und Parteien. Und manchmal wünschte ich mir, ich wäre eine ganz gewöhnliche Frau - ach, ich weiß, ohne Zweifel würde ich solch ein Leben hassen. Nur... wenn ich ein Kind hätte, wenn Artus einen Sohn hätte... er hätte Medraut niemals vertraut, wenn er von mir einen Sohn gehabt hätte, und wir hätten eine Zukunft, wenn es jemanden gäbe, der das Reich erbt, wenn wir gegangen sind. Und ich hätte so gern ein Baby, mein eigenes Kind.«
»Still«, sagte er, und dann kam er durch das Zimmer zu mir herüber, beugte sich linkisch über mich und tätschelte mir verlegen mit dem Stumpf seines Schildarms den Rücken. Ich brach in Tränen aus, und er legte die Arme um mich, während ich mich an seine Schulter lehnte und schluchzte. Die ganze Zeit schämte ich mich bitterlich dabei.
Nach einer Weile zog ich mich von Bedwyr zurück und trocknete meine Augen. Er lehnte sich gegen das Schreibpult, und sein Arm lag noch um meine Schulter, und er betrachtete mich noch mit Sorge. Ich griff nach dem Weinglas, nahm noch einen Schluck Wein und schaffte es zu lächeln. »Verzeih mir«, sagte ich. »Das war sehr schwach und dumm von mir.«
»My Lady!« protestierte Bedwyr. »Weiß Gott, du trägst das Gewicht von Camlann. Ist es da seltsam, daß du manchmal müde wirst? Ich bin geehrt, daß du mich gewählt hast, um dich auszusprechen.« Ich lachte ein bißchen, wischte mir wieder die Augen. »Wirklich, ich bin geehrt!« sagte er mit einiger Heftigkeit. »Gib dir nicht selbst die Schuld, edle Dame. Es gibt niemanden von uns, der nicht manchmal von seinen Sorgen niedergedrückt wird, und es gibt nur wenige, die so viele Sorgen haben wie du.«
»Aber nicht alle von uns imitieren deswegen einen Springbrunnen«, erwiderte ich.
»Richtig. Die meisten Krieger, von denen man fordern würde, das zu ertragen, was du erträgst, würden einen ihrer Kameraden wegen eines beiläufigen Wortes oder wegen eines Witzes mit dem Schwert anfallen. Springbrunnen sind da harmloser.«
Ich lachte und wischte mir noch mal das Gesicht. Ich rieb mir die Hände an meinem Kleid trocken. »Für deinen Umhang aber nicht, edler Herr. Ich kann sehen, daß ich den Mantel genauso gut durchweicht habe wie ein Gewittersturm.«
Er warf einen Blick auf den feuchten Fleck an seiner Schulter und lächelte dann. Das Lächeln erleuchtete sein Gesicht von innen. Ich erwiderte das Lächeln und erhob mich dann zittrig.
»Ich muß jetzt gehen, Herr«, sagte ich ihm. »Heute nachmittag soll ich den Tribut des nächsten Jahres mit dem Botschafter aus Elmet besprechen, und vorher muß ich mir noch ein paar Bittsteller anhören. So müssen wir also eine Weile weinen und uns dann trennen wie Liebespaare in einer Ballade. Ich danke dir für den Wein und dafür, daß ich deine Schulter benutzen durfte.«
»Ich bin dein Diener, my Lady«, gab er ernst zurück. Er öffnete die Tür für mich. Als ich draußen stehenblieb, um mich zu verabschieden, fügte er hinzu: »My Lady, du solltest weniger von dir verlangen und weniger hart arbeiten.«
»Leichter gesagt als getan, Bedwyr. Merkwürdig, daß dieses Sprichwort auf so viele von deinen guten
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