Die Krone von Camelot
Gerechtigkeit für eingebildete Verbrechen, Bruder. Und natürlich ist dein Sohn in der Lage, sich selbst zu verteidigen. Darin gleicht er dir - wie auch in anderen Dingen.« Er blickte wieder auf, und seine blassen Augen glänzten bösartig.
»In welchen anderen Dingen?« wollte Gwyn wissen.
Medraut lächelte grausam. »Nun, ihr habt beide eure Heimat und eure Sippe verlassen - ihr habt beide eure Mutter angefeindet, als ob sie eine Fremde gewesen wäre, und ihr habt sie beide allein sterben lassen.«
Gwyns Hand schloß sich um das Schwert. Er wollte aufspringen. Medraut fügte sofort hinzu: »Aber natürlich habe ich davon keine
Ahnung. Und das Gesetz erlaubt es mir nicht, mit meinen Sippengenossen zu streiten oder Zweikämpfe mit meinen eigenen Blutsverwandten auszufechten. Ihr Herren, my Lady, unverständlicherweise werde ich plötzlich müde. Ich hoffe, ihr wollt mir die groben Worte verzeihen, die ich vielleicht gesprochen habe, und mich für den Rest des Festes entschuldigen. Gute Nacht.«
Er stand auf und verließ die Halle. Während er ging, erhob sich auch eine Anzahl anderer Krieger. Die Männer schauten verwirrt und überrascht drein und eilten hinter Medraut hinaus. Cei, der noch immer die Harfe hielt, spuckte über ihren Rückzug verächtlich aus. »Ist ihm tatsächlich doch einmal die Geduld gerissen«, bemerkte er. »Na, jetzt sind wir sie gut los.« Er schlug ein rauhes Marschlied an. Gwyn saß da und schaute hinter Medraut her. Er umkrampfte mehrmals das Heft seines Schwertes. Dann wandte er den Kopf ab. Gawain betrachtete ihn schweigend und mit Besorgnis.
Als das Fest vorüber war, stimmte ich nicht mit Ceis Ansicht überein, daß Medraut einfach in Wut geraten war, als er einem Zweikampf mit Gwyn so nah gewesen war. Sicher, er haßte den Jungen und konnte seinen Haß nicht verbergen. Aber Medraut sagte oder tat selten etwas, das nicht von seiner persönlichen Politik diktiert wurde. Ich konnte das alles nicht ganz glauben. Ich hatte nie das Gesicht hinter der goldenen Maske gesehen, und ich glaubte auch nicht, daß ich es jetzt gesehen hätte. Wenn Artus dagewesen wäre, dann hätten wir stundenlang über das gesprochen, was passiert war. Irgendwie freute ich mich darüber, daß er abwesend war und daß ich nicht mit ihm darüber sprechen mußte. Aber die reine Gewohnheit, die mit diesen Unterhaltungen verbunden war, ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Das Haus schien mir sehr kalt und leer ohne meinen Mann, der am Schreibtisch saß und darauf wartete, daß ich hereinkam. Durch die angespannte Stimmung und die viele zusätzliche Arbeit hatte ich in den letzten Tagen nicht viel Zeit hier verbracht, und so war das Haus sauber geputzt und ohne jeden Charakter wie eine Gästeunterkunft. Ich setzte mich auf das Bett, löste mein Haar und kämmte es aus. Dann fand ich, daß ich zu angespannt war und Artus zu sehr vermißte, um mich hinzulegen und auszuruhen. Ich ging ins Besprechungszimmer und schaute mir ein paar Papiere auf dem Schreibtisch an. Aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Ich saß da und starrte die Lampe an, bis alles um das Blau ihrer Flamme herum schwarz war, und ich dachte über die Szene nach, die gerade vergangen war, und über andere Szenen, und ich konnte keine Schlüsse daraus ziehen. Ich löschte die Lampe und ging dann zur Tür. Draußen ragte die Halle schwarz und hoch neben dem Haus auf und verdeckte den Mond. Hinter ihrem Schatten lagen klar und offen die Wiese, die Pfade, die rundlichen Formen der Häuser. Sie wirkten im schwachen Mondlicht wie farblos gebleicht. Aber aus Bedwyrs Haus drang ein wärmerer Glanz. Das Butterblumengelb einer Lampe. Bedwyrs Diener schlief jetzt in seinem eigenen Haus, und niemand sonst war da. Ich blieb einen Augenblick stehen und schaute hin. Dann ging ich hinaus und schloß die Tür hinter mir.
Bedwyr saß auf der Schwelle seines Hauses, starrte den Mond an und sang sehr leise:
Sie ist mein Herz und mein Geheimnis, duftende Blüte des Apfelbaums.
Er sah mich und hörte auf zu singen. Er erhob sich, trat aus dem Lampenlicht hinaus in den Mondschein, und der Mond machte ihn so bleich wie den Tod. »Ich habe mich schon gefragt, ob du kommen würdest«, sagte er. »Schön, daß du da bist.«
Der Mond hatte eine Kälte auf mein Herz gelegt, und ich zog ihn aus dem kalten Licht ins Haus. Er schloß die Tür. Das Feuer brannte hell auf dem Herd, und die Lampe warf einen sanften dämmrigen Schein durch das einfache Zimmer, über das Regal mit
Weitere Kostenlose Bücher