Die Krone von Lytar
verengten sich, dann schüttelte er sich wie ein nasser Hund. »Du hast große Ohren, Garret. Er ist am Tod meiner Leute schuld.«
»Das ist nicht wahr. Er warnte Euch sogar.«
Der Hauptmann wirbelte herum und warf mit aller Wucht seine Tasse gegen die Zeltplane. »Ja, er warnte uns«, presste er zwischen den Zähnen hindurch. »Aber er sagte nur, wir würden es bereuen! Hätte er mehr gesagt …« Seine Fäuste waren geballt und die Adern an seinem Hals geschwollen. »Pass nur auf, dass du dich nicht zu sehr einmischst! Du wagst es, in unser Lager zu kommen und …« Der Hauptmann brach ab und starrte sein Gegenüber an.
Als Garret in Hendriks’ Augen sah, dachte er, dass er einen solchen Blick voller Schmerz und Hass in der letzten Zeit viel zu oft gesehen hatte. Und dass es vielleicht nicht gut war, den Mann mit seinen Einwänden weiter zu reizen. Aber dann musste er wieder daran denken, wie sein Großvater ihm einst erklärt hatte, dass es niemals falsch sei, für die Wahrheit einzutreten.
»Er war Euer Gefangener«, sagte Garret rasch, bevor ihn noch der Mut verlassen würde. »Was hättet Ihr an seiner Stelle gesagt?«
»Bist du lebensmüde oder einfach nur stur?«, knurrte der Hauptmann. »Weißt du nicht, wann es besser ist, zu schweigen?«
Garret dachte, dass er wohl beides war. Aber wenn der Gefangene einen Weg in den Turm wusste, dann waren sie auf ihn angewiesen.
»Er tat Euch nichts«, sagte er dann und bereute es schon im gleichen Moment, denn der Blick des Hauptmanns war furchterregend. Für einen Moment glaubte Garret, der Mann würde sein Schwert ziehen und ihn auf der Stelle erschlagen, doch dann seufzte der Hauptmann, und die ganze Anspannung schien von ihm abzufallen. Er ließ sich in einen Leinenstuhl fallen, der bedrohlich unter seinem Gewicht knirschte, und stützte den Kopf schwer in seine Hände.
»Wenn er mir einen Weg zeigt, wie ich meine Leute bergen kann, werde ich ihn freilassen«, sagte er dann langsam. »Aber das hätte ich auch ohne deine Fürsprache getan.« Er hob den Kopf aus seinen Händen und sah Garret an. »Meine Tochter ist unter den Toten.«
Garret nickte wissend, und der Hauptmann blickte ihn an, um dann ebenfalls zu nicken. »Du hast verflucht große Ohren …« Er holte tief Luft und straffte sich.
»Aber das soll nicht deine Angelegenheit sein«, sagte er schließlich. »Helge wird dich zurück zu deinen Freunden begleiten.« Er sah Garrets überraschten Blick, und für einen Moment schien es, als ob er lächeln würde. »Wir wissen schon lange, wo ihr lagert. Es musste schließlich irgendwo in der Nähe sein, nicht wahr? Helge ist einer meiner Vertrauten und Offizier meiner Truppe. Er wird mit den Leuten in eurem Dorf verhandeln. Wenn euer Angebot aufrichtig war … Nun, warten wir es ab. Jedenfalls sollte Helge ebenso freies Geleit bekommen wie du jetzt.«
»Wenn Ihr Belior nicht mehr dient, befinden wir uns auch nicht mehr im Krieg«, bemerkte Garret vorsichtig.
»Verrat gibt es nicht nur im Krieg«, antwortete der Hauptmann und gab Garret mit einer Handbewegung zu verstehen, dass er jetzt gehen möge.
»Nur eines noch«, ergänzte Garret nervös, denn es war ihm sehr bewusst, dass die Gastfreundschaft in diesem Lager schon lange aufgebraucht war. »Wir müssen ebenfalls in den Turm … Werden wir einander in die Quere kommen?«
Der Hauptmann schüttelte nur den Kopf, dann erschien Helge, der Heiler der Kompanie, im Zelteingang und legte Garret leicht die Hand auf die Schulter. »Es wird Zeit zu gehen«, meinte er dann.
»Freunde«, verkündete Astrak. »Die Idee kommt mir auf einmal gar nicht mehr so gut vor.«
Er musterte den hochgewachsenen Heiler, dessen Augen jedes Detail des Lagers und der Freunde abzutasten schienen. Dass Garret mit einem der Söldner zu ihrem Lager zurückkehrte, hatte sie alle überrascht. Richtig bedrohlich wirkte der Mann allerdings nicht, er war lediglich mit einem Dolch bewaffnet und schien damit zufrieden, still am Rand ihres Lagers verharren und sich alles in Ruhe ansehen zu können.
»Sein Name ist Helge. Soweit ich verstanden habe, besitzt er die Befugnis, mit den Ältesten einen Handel zu schließen«, erklärte Garret und ließ sich neben Vanessa auf einem moosüberwachsenen Baumstumpf nieder. »Es scheint, als wäre ein einzelnes Goldstück nicht genug gewesen, um den Hauptmann zu überzeugen.«
»Das wundert mich nicht«, räumte Argor ein, während er den Heiler argwöhnisch musterte. »Aber wer sagt uns,
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